Lesen: 1994 Sep 1, Organspende


Organspende für Baha'i erlaubt?

Der Körper des Verstorbenen muß respektvoll behandelt werden

In einem Brief der Forschungsabteilung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit vom
1. September 1994 erhielt ein deutscher Bahá’í Antwort auf seine Frage, inwieweit es für
Bahá’í statthaft ist, vorsorglich zu bestimmen, daß Organe unmittelbar nach dem Tode
entnommen werden dürfen. Diese Frage ist in Deutschland besonders aktuell. Es gibt
Vorstöße in Richtung einer Gesetzes, das die automatische Organspende im Fall des
Ablebens vorsieht, es sei denn, der Verstorbene hat sich vorab schriftlich ausdrücklich
dagegen verwehrt. Unter verschiedenen Vorbehalten gibt es jenen, daß die körperlichen
Überreste des Organspenders nicht mit dem nötigen Respekt behandelt werden sowie
die Sorge, daß Organe durch skrupellose Geschäftspraktiken nicht ihrer eigentlichen
Bestimmung zukommen.

Das Universale Haus der Gerechtigkeit bezieht sich in seinem Schreiben auf die ihm
einzige bekannte Quelle, die englischsprachige "Compilation of Compilations". Hier wird
klar gesagt, daß ein Bahá’í darüber entscheiden kann, seinen Körper nach dem Ableben
zu Forschungszwecken zur Verfügung zu stellen und dies in seinem Testament
festzulegen, vorausgesetzt, er fordert, daß seine körperlichen Überreste - das heißt der
Körper nach Entnahme der Organe - nicht feuerbestattet oder mehr als eine Stunde
Weges vom Sterbeort entfernt werden.

Die Aussage des Báb, "der tote Körper sollte mit größter Ehrfurcht und Respekt
behandelt werden" (keine Quellenangabe, Anm.d.Ü.), sollte gemeinsam mit den anderen
Aussagen der Heiligen Schriften betrachtet werden, die auf den Unterschied zwischen
Seele und Körper hinweisen und darauf, daß "die Seele nach dem Hinscheiden keine
Verbindung mehr zum Körper hat" (Brief im Auftrag Shoghi Effendis, veröffentlicht unter
1093 in "Compilation of Compilations"). Bahá’u’lláh sagt, daß sogar im lebenden
Zustand "die Seele selbst unbeeinflußt von körperlichen Leiden bleibt" (Ährenlese).
‘Abdu’l-Bahá erklärt die Beziehung zwischen Geist und Körper mit der Verbindung
zwischen "Sonne und Spiegel" (Beantwortete Fragen, S.223). Er erklärt weiter, "der
menschliche Geist ist in einheitlichem Zustand; er wird weder durch die Krankheit des
Körpers krank noch durch dessen Gesundheit geheilt; er wird weder verdorben noch
schwach oder elend, weder mager noch leicht oder klein. Das heißt, er wird durch die
Schwächen des Körpers nicht beeinträchtigt und zeigt keinerlei Wirkung, auch wenn der
Körper schwach wird oder Gehör und Sicht verliert, oder gar Hände und Füße und
Zunge abgenommen werden." (Beantwortete Fragen, S. 223)

Aussagen wie diese mögen die Bahá’í-Freunde darin versichern, daß die Entfernung
von Organen aus einem leblosen Körper keine nachteilige Wirkung auf den Fortschritt
der Seele dieses Menschen ausübt. Wird aus freiem Willen und Großherzigkeit
gespendet, kann dies sogar einen positiven Effekt haben, berücksichtigt man die
Erwähnung der Organspende eines Bahá’í in einem Brief im Auftrag Shoghi Effendis als
"edle Tat".

(Aus Bahá’í-Nachrichten November 1994)

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