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MEMORANDUM
Datum: 15. März 1992

An: Universales Haus der Gerechtigkeit

Von: Research Department


Straßenlehrarbeit / Das Verteilen von Pamphleten

Die Anfrage vom 07. Dezember 1991, die ... dem Universalen Haus der Gerechtigkeit im Auftrag
von ... überbracht hat, haben wir erhalten. Während ... letzter Reise hat ... Kopien der
Stellungnahmen des Hüters und Botschaften des Universalen Hauses der Gerechtigkeit bezüg-
lich der angemessenen Art und Weise, in der Pamphlete und Lehr-Broschüren bei Tür-zu-Tür-
und Straßenlehrarbeit verteilt werden sollen, angefordert.
Das der Angemessenheit des Verteilens von Pamphleten und der Beteiligung an anderen
Aktivitäten im Zusammenhang mit Straßenlehrarbeit ist heikel und vielschichtig. Die vom Hüter
und dem Universalen Haus der Gerechtigkeit angebotene Führung umfaßt eine grobe
Bandbreite von Überlegungen, einschließlich des kulturellen Hintergrundes, vor dem die
Aktivitäten stattfinden, dem historischen Moment und den Entscheidungen der gewählten
Institutionen des Glaubens bezüglich der besonderen Situation. Beim Nachdenken über die
Angemessenheit des Gebrauches solcher Lehrmethoden wäre es für ... zweifellos nützlich, die
unten umrissenen Prinzipien in dem Bewußtsein zu studieren, daß über und hinter diesen
Prinzipien das lebendige Beispiel des Meisters selbst in Seinen eigenen Lehraktivitäten steht.
Shoghi Effendi beschreibt `Abdu'l-Bahás Art zu Lehren so:

Labt uns das Beispiel im Geiste behalten, daß unser geliebter Meister uns klar vor Augen stellt.
Weise und taktvoll in Seiner Vorgehensweise, wach und aufmerksam vom Beginn des Kontaktes
an, weitläufig und liberal in all Seinen öffentlichen Äußerungen, behutsam und stufenweise die
wesentlichen Wahrheiten der Sache entfaltend, leidenschaftlich in Seinem Aufruf und doch
sachlich argumentierend, sicher im Tonfall, unbeirrbar in Seiner Überzeugung, würdevoll im
Auftreten - solcherart waren die herausragenden Merkmale der edlen Darstellung der Sache
Bahá'u'lláhs durch unseren Geliebten.

Klar ausgedrückt ist es, bei allem Nachdenken über eine bestimmte Lehrmethode, erhellend,
das vom Meister gesetzte Maß im Sinn zu behalten, der in Seiner hochsensiblen und
anpassungsfähigen Art auf die unterschiedlichen Bedürfnisse Seiner verschiedenartigen Zuhörer
antwortete.
Würde beim Darstellen der Lehren

Gemäß der verfügbaren Führung betrifft eine der erstrangigen Überlegungen bei der Darstellung
des Glaubens die Würde. In einem am 20. Oktober 1956 in seinem Auftrag an einen einzelnen
Gläubigen geschriebenen Brief weist Shoghi Effendi auf folgendes hin:

Er meint, daß das Tür-zu-Tür-Verteilen von Bahá'í-Pamphleten, wie es vom ... Rat
vorgeschlagen wurde, unwürdig ist und einen schlechten Eindruck von der Sache vermitteln
könnte. Zweifellos sind es der Eifer und die Hingabe der Freunde, die sie zu diesem Vorschlag
geführt haben, aber er glaubt nicht, daß den besten Interessen des Glaubens mit einer solchen
Methode gedient wäre. Bitte teilen sie ihnen dies auf liebevolle Art mit.

Und in einem am 05. Mai 1982 in seinem Auftrag an einen einzelnen Gläubigen geschriebenen
Brief legt das Universale Haus der Gerechtigkeit genau dar, wie wichtig es ist, die Würde des
Glaubens zu wahren. Im Bezug auf Bekehrungen schreibt es:

Es ist wahr, daß Bahá'u'lláh jedem Gläubigen die Pflicht auferlegt hat, den Glauben zu lehren.
Gleichzeitig ist es uns indessen untersagt zu bekehren, und so ist es für alle Gläubigen wichtig,
den Unterschied zwischen Lehren und Bekehren zu verstehen. Bekehrung impliziert die
Ausübung von unzulässigem Druck auf jemanden, damit er seinen Glauben wechselt. Es wird
auch für gewöhnlich so verstanden, daß damit Drohungen oder das Angebot von materiellen
Vorteilen als Beweggrund zur Konvertierung verbunden sind ...

...

Die Verantwortung der Bahá'í den Glauben zu lehren ist sehr grob. ... Sie sollten mit
Begeisterung, Überzeugung, Weisheit und Höflichkeit lehren, aber ohne Druck auf den Zuhörer
auszuüben, und mit den Worten Bahá'u'lláhs im Herzen: »Hütet euch, mit jemandem zu streiten,
strebt vielmehr danach, ihn freundlich auf die Wahrheit aufmerksam zu machen und ihn
überzeugend zu ermahnen. Ist euer Hörer empfänglich, so ist er es zu seinem eigenen
Frommen; wenn nicht, wendet euch von ihm ab und richtet euer Angesicht auf Gottes
geheiligten Hof, den Sitz strahlender Herrlichkeit«

In einem am 20 Dezember 1983 in seinem Auftrag an einen Nationalen Geistigen Rat
geschriebenen Brief betttet das Universale Haus der Gerechtigkeit die Frage der Würde bei der
Darstellung des Glaubens in einen kulturellen Zusammenhang ein:

Würde bei der Darstellung des Glaubens ist die ausschlaggebende Überlegung. Kulturen
unterscheiden sich jedoch und was an einem Ort als würdig betrachtet wird, mag anderswo nicht
so angesehen werden.

Schließlich faßt das Universale Haus der Gerechtigkeit in einem in seinem Auftrag an einen
Nationalen Geistigen Rat geschriebenen Brief die Frage der Wahrung der Würde des Glaubens
in Betrachtung dieses Themas wie folgt zusammen:

Insgesamt meint das Haus der Gerechtigkeit, daß es grundsätzlich keine Einwände gegen das
Versenden und Verteilen von Sachen wie Einladungen zu Treffen, einführenden Rundschreiben
oder kurzen Informationsschriften gäbe. Jeder zu diesem Zweck benutzte Handzettel sollte so
gestaltet sein, daß er das Interesse des Lesers weckt, so daß er nach weiteren Informationen
sucht. Es sollte nicht beabsichtigt werden, den Leser in diesem Stadium zu überzeugen oder zu
bekehren. ...
Historische und kulturelle Überlegungen

Wie die folgende Anleitung zeigt, hängt die Angemessenheit des Gebrauches solcher
Lehrmethoden wie dem Verteilen von Pamphleten auch vom kulturellen Umfeld, und, noch
wesentlicher, von den historischen Umständen ab, unter denen eine solche Strategie des
Lehrens angewandt wird. Während die ausgedehnte Verteilung von Pamphleten und anderen
Materialien in einigen Kulturen angemessen sein mag, könnte sie in anderen unpassend sein. In
einem am 30 Juni 1952 in seinem Auftrag an einen Nationalen Geistigen Rat geschriebenen
Brief sagt Shoghi Effendi folgendes:

Er meint, daß besonders zur Zeit in Lateinamerika diese intime, liebende und freundliche
Methode mehr als alles andere dazu beitragen wird, die Sache voranzutreiben. Tatsächlich
würde er so weit ihrem Rat zu empfehlen, es zu vermeiden, die Freunde mit Rundbriefen und
anderen unnötigen Bekanntmachungen zu überschwemmen. Sie müssen immer den echten
Unterschied zwischen den Völkern des Südens und des Nordens im Sinn behalten; dieselben
Verfahren zu gebrauchen, wie sie in den Vereinigten Staaten eingeführt wurden, wäre
verhängnisvoll, denn die Mentalität und der Lebenshintergrund sind doch recht unterschiedlich.
...

Darüber hinaus sind es bestimmte historische Momente, zu denen Lehrmethoden wie das
Verteilen von Pamphleten nicht nur annehmbar, sondern besonders wirksam sind, um die
Massen zu erreichen. Wie das Universale Haus der Gerechtigkeit in einem am 13. Mai 1990 in
seinem Auftrag an einen einzelnen Gläubigen geschriebenen Brief erkennen läbt, mub die
Angemessenheit solcher Methoden anhand der besonderen Bedingungen und Umstände
ermessen werden:

Ein wesentliches Prinzip, das beim Lehren beachtet werden muß, ist die Wahrung der Würde
des Glaubens. Wie dies zu tun ist, hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab. Als zum Beispiel
die Menschen aus der DDR begannen, nach West-Berlin zu strömen, war es besonders
wünschenswert für die Bahá'í da zu sein, um sie willkommen zu heißen, ihre Fragen zu
beantworten und sie den Glauben zu lehren. Sie waren so begierig, darüber zu hören, daß sie
mancherorts Schlangen bildeten, um Bahá'u'lláh Schriften entgegenzunehmen. Auf der Messe in
Murmansk gab es einige Monate vorher eine ernsthafte Knappheit an Bahá'í-Literatur, deren
Auslieferung an einer Grenze aufgehalten wurde. Einige aus der Menge der Besucher des
Bahá'í-Standes weinten, weil sie keine bekommen konnten, während andere sich an Ort und
Stelle niedersetzten, um sie in Schreibschrift zu kopieren. Dies sind völlig andere Umstände als
die in, sagen wir, einer westlichen Stadt, wo es für einen Bahá'í höchst unwürdig und nicht
annehmbar wäre, auf der Straße zu stehen und den Vorübergehenden Pamphlete anzubieten.

Die Rolle der Nationalen und Lokalen Geistigen Räte

Eine abschließende wichtige Überlegung, die sowohl vom Hüter, als auch vom Universalen Haus
der Gerechtigkeit vorgebracht wurde ist die entscheidende Rolle der Lokalen und Nationalen
Geistigen Räte beim Beschluß über die Angemessenheit von Lehrmethoden wie dem Verteilen
von Pamphleten in einer gegebenen Situation. Wie der Hüter in einem am 20 Juli 1946 in
seinem Auftrag an einen einzelnen Gläubigen geschriebenen Brief aufzeigt, sind das Lehren
betreffende Richtlinien ein Gegenstand, der ständiger Überprüfung durch die gewählten Insti-
tutionen des Glaubens bedarf:

Was Ihre Frage über das Lehren des Glaubens in ... angeht: Solche Dinge sollten immer wieder
im Lichte der sich verändernden Umstände durch ihren Rat überprüft werden. Jede frühere
Richtlinie kann zurückgenommen oder verändert, und eine neue, an die derzeitige Situation
besser angepaßte, eingeführt werden. ...

Weiterhin wird in einem am 26. Dezember 1928 im Auftrag Shoghi Effendis an einen einzelnen
Gläubigen geschriebenen Brief ein anderer Punkt betont:

Was die Anzeigen angeht, die Sie Shoghi Effendi zu beurteilen bitten: Es ist seine grundsätzliche
Vorgehensweise, solche Detailfragen den Geistigen Räten, Lokalen wie Nationalen, zu
überlassen. Also bittet er Sie, die Angelegenheit dorthin zu verweisen, in dem Bewußtsein, daß
Gehorsam gegenüber den Räten und Einigkeit unter den Freunden alle anderen Überlegungen
bei weiten aufwiegen. ...

In einer Anleitung jüngeren Datums hat das Universale Haus der Gerechtigkeit auch die
Wichtigkeit unterstrichen, Angelegenheiten des Lehrens mit dem Rat zu beraten, insbesondere
im Hinblick auf die würdige Darstellung des Glaubens. In demselben oben erwähnten Brief vom
20 Dezember 1983 sagt es:

Der Rat sollte daher beweglich sein, und es vermeiden, den Gläubigen unnötige
Beschränkungen bei ihrer Lehrarbeit aufzuerlegen. Die Entscheidung, wo besondere
Lehrmethoden in würdiger Weise gebraucht werden dürfen und ob das gleiche Verfahren im
ganzen Land, oder nur in bestimmten Gebieten benutzt werden sollen, liegt beim Nationalen Rat.

Schließlich betont das Universale Haus der Gerechtigkeit in dem oben zitierten Brief vom 13. Mai
1990, daß die Freunde im Angelegenheiten des Lehrens Führung bei ihren Räten suchen sollen:

Wann immer sie in solchen Angelegenheiten im Zweifel sind, sollten sich die Freunde an ihren
Nationalen Geistigen Rat um Führung wenden.

Schlußfolgerung

Hoffentlich sind die oben erwähnten Leitlinien hilfreich für ...
Zweifellos hat er auch Kenntnis von den verfügbaren Zusammenstellungen und anderer Bücher
über das Lehren des Bahá'í-Glaubens, z.B. 'A Special Measure of Love: The Importance and
Nature of the Teaching Work among the Masses', zusammengestellt vom Research Department
des Universalen Hauses der Gerechtigkeit (Wilmette: Bahá'í-Publishing Trust, 1974) und 'The
Individual and Teaching: Raising the devine call', zusammengestellt vom Research Department
des Universalen Hauses der Gerechtigkeit (Wilmette: Bahá'í-Publishing Trust, 1977).
Sorgfältiges Studium dieser Zusammenstellungen und anderer Bücher über das Lehren mögen
auch wertvoll beim Schaffen einer breiten und umfassenden Basis sein, auf der die Frage der
Angemessenheit von Lehrmethoden wie dem Verteilen von Pamphleten untersucht werden
kann.


(Die gesamte Übersetzung, insbesondere die Zitate des Hüters und des Universalen Hauses der
Gerechtigkeit, ist nicht überprüft!
Der Übersetzer. Hanno Lenk)

Bahá'í-Administration: Selected Messages 1922-1932,
Wilmette: Bahá'í-Publishing Trust, 1980, pp. 69-70

Ährenlese 128

Veröffentlicht in 'A Special Measure of Love'







MEMORANDUM des Research Department vom 15.3.92 übers. Hanno Lenk (R. Zimmel)



Hamburg, den 12.6.2003 (strasse.doc) Seite: 1

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