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Über die Natur © Stellungnahme der Bahá'í zur Unterstützung der Zielsetzung des
WWF vom Okt. 1987•
© Erklärung der Bahá'í ©International Community, Okt. 87

Im September 1986 rief der World Wide Fund for Nature (WWF) seinen
internationalen Verband von
Umweltschutz und Religion ins Leben und führte damit in Assisi, Italien, ein
Zusammentreffen von
führenden Vertretern der Buddhisten, Christen, Hindus, Juden und Moslems
einerseits und des Umwelschutzgedankens andererseits herbei. Jede dort
vertretenden fünf Religionen gab eine Erklärung ab.
Mit Oktober 1987 schloss sich dann die Bahá'í-Religion als sechste Weltreligion
diesem neuen Bündnis an und legte die folgende Stellungnahme zur Unterstützung
der Zielsetzungen des Verbandes vor.

"Die Natur ist in ihrem Wesen die Verkörperung Meines Namens, der Gestalter, der
Schöpfer. Ihre Offenbarungen sind verschiedenartig durch verschiedene Ursachen,
und in dieser Verschiedenartigkeit sind Zeichen für urteilsfähige Menschen. Die
Natur ist Gottes Wille, dessen Ausdruck in der bedingten Welt und durch diese.
Sie ist Teil des Waltens der Vorsehung, verordnet von dem Verordner, dem
Allweisen." (aus den Bahá'í-Schriften)

Mit diesen Worten umschreibt Bahá'u'lláh, der Gründer des Bahá'í-Glaubens, die
wesentliche Beziehung zwischen Mensch und Umwelt, dass die Natur in ihrer
Großartigkeit und Mannigfaltigkeit sinnreiches Spiegelbild der Majestät und
Gnade Gottes ist. Für die Bahá'í ergibt sich daraus die davon untrennbare
Einsicht, dass die Natur als ein unserer Verantwortung übertragenes Pfand
geachtet und geschätzt werden muss.

Selbstverständlich findet sich solch eine Betrachtungsweise nicht nur in der
Bahá'í-Religion. Alle großen Weltreligionen stellen diese fundamentale Beziehung
zwischen dem Schöpfer und Seiner Schöpfung her. Wie könnte es auch anders sein?
Alle großen, unabhängigen Religionen basieren auf Offenbarungen eines Gottes,
eines Gottes, der Seine Boten nacheinander zur Erde sandte, auf dass die
Menschheit über seine Wege und Seinen Willen unterrichtet werde. Das ist die
Kernaussage des Bahá'í-Glaubens.

Allerdings haben die Bahá'í-Lehren als jüngste der Offenbarungen Gottes eine
besondere Relevanz für die heutigen Lebensumstände, da die Natur als Ganzes
durch vom Menschen heraufbeschworene Gefahren, von der Massenvernichtung der
Regen­wälder bis hin zum Alptraum der nuklearen Auslöschung, bedroht ist.

Vor einem Jahrhundert verkündete Bahá'u'lláh den Eintritt der Menschheit in ein
neues Zeitalter. Diese neue Epoche, verheißen von allen religiösen Boten der
Vergangenheit, wird der Menschheit endlich Frieden und Erleuchtung bringen. Um
jedoch diesen Zustand zu erreichen, muss die Menschheit zuerst ihre grundlegende
Einheit anerkennen und ebenso die Einheit Gottes und der Religion. Solange es
nicht zu einer allgemeinen Erkenntnis dieser Ganzheit und wechselseitigen
Abhängigkeit kommt, werden sich die Menschheitsprobleme nur verschlimmern.

"Das Wohl der Menschheit, ihr Friede und ihre Sicherheit sind solange
unerreichbar, bis nicht ihre Einheit fest begründet ist", schrieb Bahá'u'lláh.
"Die Erde ist nur ein Land und die Menschen ihre Bürger."

Die groß Aufgaben, denen sich die Umweltschutzbewegung heute gegenübersieht,
drehen sich um diesen Punkt. Probleme wie die Verseuchung der Meere, die
Ausrottung der Arten, saurer Regen und die Rodung der Wälder - ganz zu schweigen
von der Geißel eines nuklearen Krieges - machen vor Staatsgrenzen nicht halt.
Deren Lösung bedarf eines Länderübergreifenden Handelns.

Während alle religiösen Traditionen auf diese Art von Zusammenarbeit und
Harmonie hinweisen, die in der Tat notwendig sein wird, um diese Bedrohungen in
Grenzen zu halten, enthalten die religiösen Schriften der Bahá'í-Religion auch
eine ausführliche Anleitung für die Art einer neuen weltpolitischen Ordnung, die
die einzige langfristige Lösung für die Bewältigung solcher Probleme bietet.

"Was Gott als unumschränktes Heilmittel und mächtigstes Werkzeug für die
Gesundung der Welt bestimmt hat, ist die Vereinigung aller Menschen unter einer
allumfassenden Sache.." schrieb Bahá'u'lláh.

Aufgebaut auf der Idee eines Weltstaatenbundes mit einem Weltparlament und einer
Exekutive, um dessen Beschlüsse auszuführen, muss eine solche politische Ordnung
gemäß den Bahá'í-Lehren auch auf den Prinzipien der wirtschaftlichen
Gerechtigkeit, Gleichheit zwischen den Rassen, gleichen Rechten für Frauen und
Männer und umfassender Erziehung aufbauen.

Alle diese Punkte kommen bei jedem Versuch, die Umwelt zu retten, unmittelbar
zum Tragen. Die Frage wirtschaftlicher Gerechtigkeit ist ein Beispiel dafür. So
liegt etwa in vielen Teilen der Welt der Grund für die Zerstörung der
Regenwälder und die Gefährdung der darin lebenden Arten darin, dass die Armen,
die rechtmäßig danach trachten, einen gerechten Anteil am Reichtum dieser Welt
zu erhalten, Wälder abholzten, um landwirtschaftliche Flächen zu schaffen. Sie
sind sich nicht bewusst, dass sie, auf lange Sicht gesehen und als Glieder einer
Weltgemeinde, von der sie wenig wissen, wohl eher unwiderruflichen Schaden
anrichten als dass sie die Chancen ihrer Kinder auf ein besseres Leben erhöhen.
Jeder Versuch, die Natur zu schützen, muss sich daher auch mit der grundlegenden
Ungerechtigkeit zwischen den Reichen und Armen dieser Welt befassen.

Desgleichen kann auch der Aufschwung der Frauen zu voller Gleichberechtigung mit
den Männern der Sache der Umwelt nützen, indem eine neue von weiblichen Werten
geprägte Gesinnung, in den Prozess der Entscheidung über die natürlichen
Hilfsquellen einfließt. In den Schriften des Bahá'í-Glaubens heißt es dazu:
"…der Mann herrschte aufgrund seiner stärkeren und mehr zum Angriff neigenden
körperlichen und verstandesmäßigen Eigenschaften über die Frau. Aber schon neigt
sich die Waage, die Gewalt verliert ihr Gewicht, und geistigen Eigenschaften
über die Frau. Aber schon neigt sich die Waage, die Gewalt verliert ihr Gewicht,
und geistige Wachsamkeit, Intuition und die geistigen Eigenschaften der Liebe
und des Dienens, in welchen die Frau stark ist, gewinnen zunehmenden Einfluss.
Folglich wird das neue Zeitalter weniger männlich und mehr von weiblichen
Leitbildern durchdrungen sein..."

Erziehung, und dabei vor allem eine Erziehung, die auf die Bahá'í-Prinzipien der
gegenseitigen Abhängigkeit der Menschen Gewicht legt, ist eine weitere
Vorbedingung für die Schaffung eines globalen Umweltbewusstseins. Die
Glaubenslehren von Einheit und gegenseitiger Abhängigkeit treffen vor allem auf
den Naturschutz zu. Dazu ein Auszug aus den Bahá'í-Schriften:

"Unter 'Natur' sind die besonderen Eigenheiten und die zwangsläufigen
Beziehungen zu verstehen, die aus den Wirklichkeiten der Dinge herrühren. Diese
Wirklichkeiten der Dinge sind eng miteinander verknüpft, obwohl sie höchst
mannigfaltig sind... Vergleiche die Welt des Daseins mit dem Körper des
Menschen. Alle Organe des menschlichen Körpers unterstützen einander; deshalb
kann Leben weiter bestehen... Gleichermaßen gibt es unter den Teilen des
bestehenden Lebens eine wundervolle Beziehung und einen Austausch an Kräften,
was die Ursache für Leben auf dieser Welt und den Fortbestand dieser unzähligen
Erscheinungen ist."

Dass solche Prinzipien gerade durch die Religion autorisiert und nicht rein
menschlichen Ursprungs sein sollten, ist ein weiterer Aspekt der ganzheitlichen
Lösung für unsere Umweltprobleme. Die Kraft der in Assisi abgegebenen
Erklärungen ist Zeuge dieser Überlegungen.

Es gibt wahrscheinlich für soziale Veränderungen keinen stärkeren Antrieb als
Religion. Bahá'u'lláh sagte: "Religion ist das wichtigste Mittel zur Begründung
von Ordnung in der Welt und zur Befriedung aller, die darin wohnen. "In dem
Versuch, eine neue ökologische Ethik zu schaffen, können die Lehren aller
religiösen Traditionen ein Leitfaden für die Inspiration ihrer Gläubigen sein.

Bahá'u'lláh spricht zum Beispiel ganz klar den Schutz der Tiere an. "Schau nicht
auf die Geschöpfe Gottes, es sei denn mit dem Auge der Güte und der
Barmherzigkeit. Denn Unsere liebevolle Vorsehung hat alle erschaffenen Dinge
druchdrungen, und Unsere Gunst umfasst Himmel und Erde."

Er selbst hat eine tiefe Liebe und Wertschätzung für die Natur zum Ausdruck
gebracht und damit die Verbindung zwischen Umwelt und geistiger Welt in der
Bahá'í-Lehre gestärkt. "Das Land ist die Welt der Seele, die Stadt die Welt des
Körpers", sagte Bahá'u'lláh.

Dieses Auseinanderklaffen von Geistigkeit und Materialismus ist der Schüssel zum
Verständnis der Notlage, in der sich die Menschheit befindet. Vom Bahá'í-
Standpunkt aus sind die größten Bedrohungen unserer Umwelt, wie zum Beispiel die
nuklearer Auslöschung, deutliche Zeichen eines weltweiten Fehlverhaltens des
menschlichen Geistes, einer Krankheit, die gekennzeichnet ist von einer
Überbewertung der materiellen Dinge und einer Egozentrik, die uns in unserer
Fähigkeit beeinträchtigt, als globale Gemeinschaft zusammenzuarbeiten. Der
Bahá'í-Glaube trachtet vor allem den menschlichen Geist wiederzubeleben und die
Schranken niederzureißen, die eine fruchtbare und harmonische Zusammenarbeit von
Männern und Frauen, ungeachtet ihrer nationalen, rassischen oder religiösen
Herkunft, verhindern.

Für die Bahá'í ist es das Ziel des Lebens, eine ständig fortschreitende
Zivilisation voran zu tragen. Solch eine Zivilisation kann nur auf dem Boden
einer gesunden Welt errichtet werden. Die Verpflichtung der Bahá'í gegenüber
der Umwelt stellt eine Grundlage unseres Glaubens dar.

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