Lesen: 2000 Jul 18, Demokaritsierung


Das Universale Haus der Gerechtigkeit

Sekretariatsabteilung


Bahá’íOrdnung und Demokratie

18. Juli 2000

Lieber Bahá’íFreund,

das Universale Haus der Gerechtigkeit hat Ihr Schreiben vom 31. Mai 2000 erhalten und uns gebeten, Ihnen die folgende Antwort zu schicken.

Auf Ihre Frage »Wie muss ich die Förderung einer Bahá’í-Demokratisierung verstehen?« gibt es sowohl eine einfache als auch eine komplexere Antwort, und das Haus der Gerechtigkeit ist der Meinung, dass es wünschenswert ist, die Angelegenheit von beiden Blickpunkten aus zu betrachten.

Zunächst einmal verstehen Sie als Bahá’í, der über viele Jahrzehnte hinweg einen herausragenden Dienst in seiner Gemeinde geleistet hat, dass die Bahá’í-Verwaltungsordnung ein integraler Bestandteil der Offenbarung Bahá'u'lláh ist. Es ist ein göttlich entworfenes System, das, wie der Hüter in Die Sendung Bahá'u'lláhs erklärt, »in seiner Struktur gewisse Elemente vereinigt, die in jeder der drei anerkannten Arten weltlicher Herrschaftsform zu finden sind, ohne doch in irgendeiner Hinsicht eine bloße Wiederholung einer von ihnen zu sein und ohne in ihren Mechanismus irgendwelche der zu beanstandenden Kennzeichen einzuführen, die jenen angestammtermaßen eigen sind. Sie verschmilzt und bringt, wie keine von sterblicher Hand geformte Herrschaft es jemals vollbracht hat, die zweifellos in jedem dieser Systeme enthaltenen gesunden Bestandteile miteinander in Einklang, ohne die Reinheit jener gottgegebenen Wahrheiten, auf die sie sich letzten Endes gründet, zu verfälschen.«

(Weltordnung Bahá'u'lláhs, S. 219)

Es ist die ständige Aufgabe der Bahá’í, ihr Verständnis der Prinzipien zu steigern, auf denen die Verwaltungsordnung aufbaut, und die Glaubenskraft, mit der sie diese Prinzipien in ihren Handlungen umsetzen, zu stärken. Im jetzigen Abschnitt in der Entwicklung des Glaubens ist die Bildung nationaler und lokaler Bahá’íInstitutionen von besonderer Dringlichkeit. Sollte daher mit der »Förderung der Bahá’í-Demokratisierung« eine Ausweitung der zunehmend verantwortungsvollen Beteiligung der einzelnen Mitglieder in der Gemeindearbeit gemeint sein, so wäre dies höchst lobenswert und sollte eine anhaltende Bemühung der Bahá’í-Institutionen sein.

Diese ist die einfache Antwort. Aber wenn es darum geht, die Bahá’í-Verwaltungsordnung zu verändern, um den gegenwärtigen Konzepten politischer Demokratie näher zu kommen, so wird dadurch eine Reihe komplexerer Themen aufgeworfen. In Die Sendung Bahá'u'lláhs führt Shoghi Effendi den Nachweis eines »nichtautokratischen Charakters der Bahá’í-Verwaltungsordnung und ihrer Neigung zu demokratischen Methoden in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten«, aber das rechtfertigt nicht die Forderung, das System zu ändern, das in den Schriften Bahá'u'lláhs und 'Abdu'l-Bahás und in den Erläuterungen Shoghi Effendis festgelegt ist. Ein solcher Versuch, egal ob als »Förderung der Bahá’í-Demokratisierung« bezeichnet oder nicht, würde den klaren Lehren des Glaubens widersprechen. Das Einbeziehen der in Ihrem Brief enthaltenen spezifischen Fragen wird zur Klarstellung dieses Unterschieds beitragen.

Im zweiten Absatz Ihres Schreibens sagen Sie, dass Ihrem Verständnis nach die Bahá’í-Weltordnung »mindestens zu 80 Prozent eine theokratischaristokratische Ordnung« sei. Da die Ordnung Bahá'u'lláhs ein integraler Bestandteil der göttlichen Offenbarung ist, die Er als eine Manifestation Gottes uns gegeben hat, könnte man sagen, dass diese Ordnung im Wesentlichen theokratisch ist, aber weil ihr jede Form von Klerus und Priestertum fehlt, ist sie keineswegs eine »Theokratie« in dem Sinne, wie dieser Begriff allgemein verwendet und verstanden wird.

In ähnlicher Weise steht das Charakteristikum der Aristokratie (Herrschaft der Besten), wie sie im Glauben vorkommt, in scharfem Gegensatz zum allgemeinen Verständnis dieses Begriffs. Unbeeinflusst von Wahlpropaganda oder externem Druck, wie er durch wirtschaftliche Macht oder Manipulation durch die Presse entsteht, versuchen die Gläubigen, jene Personen in ihre Institutionen zu wählen, die sie als am Qualifiziertesten für ein solches Amt einschätzen. Die gewählten Mitglieder sind dann Gott und ihrem Gewissen verantwortlich und nicht jenen, die sie gewählt haben. Sie sind zweifellos mit den Worten Shoghi Effendis in Bahá’í-Administration über das Verhalten und die Verantwortung der Mitglieder von Räten vertraut:

Die Pflichten derer, die die Freunde frei und gewissenhaft als ihre Vertreter gewählt haben, sind nicht weniger lebenswichtig und bindend als die Pflichten jener, die sie gewählt haben. Es ist nicht ihre Aufgabe zu befehlen, sondern zu beraten, und nicht nur untereinander zu beraten, sondern soviel wie möglich auch mit den Freunden, die sie vertreten. Sie selbst sollten sich in keinem anderen Licht sehen denn als erwählte Werkzeuge für die noch wirksamere, noch würdigere Vertretung der Sache Gottes. Niemals sollten sie sich zu der irrigen Meinung verleiten lassen, sie seien die Schmuckstücke im Mittelpunkt der Sache Gottes, den anderen wesenhaft überlegen an Fähigkeiten und Verdienst, die alleinigen Förderer göttlicher Lehren und Prinzipien. Mit tiefster Demut sollten sie an ihre Aufgabe herangehen und bestrebt sein, durch ihre Aufgeschlossenheit, ihren hohen Sinn für Gerechtigkeit und Pflichtbewusstsein, ihre Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, völlige Hingabe an die Wohlfahrt und die Interessen der Freunde, an die Sache Gottes und die Menschheit, nicht nur das Vertrauen, die wirksame Unterstützung und den Respekt derer, die sie vertreten, zu gewinnen, sondern auch ihre Wertschätzung und echte Zuneigung. Zu allen Zeiten müssen sie den Geist der Abgeschlossenheit und den Geruch der Geheimniskrämerei vermeiden, müssen sich von anmaßendem Benehmen freimachen und jede Art von Vorurteil und Leidenschaft aus ihren Handlungen verbannen. Innerhalb der Grenzen weiser Zurückhaltung sollten sie die Freunde ins Vertrauen ziehen, sie mit ihren Plänen vertraut machen, ihre Probleme und Sorgen mit ihnen teilen und ihren Rat und ihre Unterstützung suchen. Und wenn sie zu einem bestimmten Entschluss kommen müssen, sollten sie sich nach leidenschaftsloser, bedachter und aufrichtiger Beratung Gott im Gebet zuwenden; sie sollten mit Ernst, Überzeugung und Mut ihre Stimme abgeben und sich an die Stimme der Mehrheit halten, die wie unser Meister gesagt hat – die Stimme der Wahrheit ist, die niemals angezweifelt werden darf und die immer vorbehaltlos durchgesetzt werden muss. Dieser Stimme der Wahrheit müssen die Freunde aufrichtig folgen und sie als das einzige Mittel betrachten, um den Schutz und den Fortschritt der Sache Gottes zu sichern.

(Geistige Räte  Häuser der Gerechtigkeit, S. 25 und S. 20)

Wie bereits oben angemerkt, ist die Art und Weise, in der Gläubige Mitglieder der gewählten Institutionen werden, demokratisch. Sie ist sogar weit demokratischer als jene Methoden, nach denen die Mitglieder der meisten Parlamente gewählt werden. Das Bahá’íWahlsystem ist von der Macht und dem Handel der Parteien und Fraktionen und der Manipulation durch Interessengruppen vollkommen frei. Jedem Wähler und jeder Wählerin steht es frei, seine oder ihre Stimme jenen zu geben, die er oder sie aussucht.

Heutzutage ist selbst in den besten Demokratien der treibende Beweggrund bei Wahlen der Wunsch eines jeden Politikers, an die Macht zu kommen, um jenes Programm, das er besonders bevorzugt, in die Tat umsetzen zu können  die Wahl wird zu einem Wettkampf, den die sich selbst zur Schau stellenden Kandidaten entweder gewinnen oder verlieren. Die Wählerschaft wird als eine Masse angesehen, die durch Rhetorik und verschiedene Formen der Beeinflussung dazu gebracht werden soll, den einen oder anderen Kandidaten zu unterstützen. Im Bahá’í-System jedoch sind die Wähler die aktive Kraft, und ihre Motivation besteht darin, jene zu wählen, die zum Dienst in der Institution am besten geeignet sind. Die gewählten Personen sind im Wahlprozess passiv (außer in ihrer Rolle als Wähler) und nehmen die Wahl als eine Pflicht zum Dienst an der Gemeinschaft und in Antwort auf den Wunsch der Wählerschaft an. Anders ausgedrückt unterscheiden sich die Systeme grundlegend in ihrem Geist: beim einen ist es ein Machtstreben, beim anderen eine Übernahme der Verantwortung zum Dienst.

Sie erwähnen verschiedene Dinge, die Sie als besonders kennzeichnend für demokratische Prinzipien und Werte beschreiben. Dazu gehören Transparenz, Rechenschaft, Pressefreiheit und der kritische Dialog. Ebenso wie sich der zugrunde liegende Geist des Bahá’íSystems von jenem unterscheidet, der die meisten gängigen demokratischen Systeme antreibt, unterscheiden sich auch die Methoden bei der Anwendung dieser Prinzipien und die Haltung der Betroffenen.

Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass moderne Demokratien als das Ergebnis des Versuchs entstanden sind, die Macht absoluter Monarchien, Diktaturen oder bestimmter herrschender Schichten einzuschränken. Das kann schrittweise über Jahrhunderte hinweg oder umbruchartig durch Revolutionen entstanden sein. Dennoch bleiben auch nach dem Aufbau demokratischer Verfassungen und Strukturen ein Misstrauen gegenüber der Autorität als solcher und eine Spannung zwischen dem Maß an Freiheit, das dem einzelnen Bürger gewährt wird, und der Auferlegung zureichender öffentlicher Normen zum Schutz der Schwachen gegen die selbstischen Ziele der Starken in der Gesellschaft. Die Anwendung von Transparenz, Rechenschaft, Pressefreiheit und des kritischen Dialogs ist somit von einem Geist der Parteilichkeit getragen, was leicht in ein gnadenloses Eindringen in die Privatsphäre, die Verbreitung von Verleumdung, übertriebenes Misstrauen und in den Missbrauch der Nachrichtenmedien durch besondere Interessengruppen verfällt. Die Reaktion jener, die sich gegen solche Auswüchse des Systems zur Wehr setzen, führt zu Geheimnistuerei, Verdeckung unbequemer Tatsachen und entsprechend auch zu einem Missbrauch der Medien zusammengefasst zu einer andauernden Disharmonie im Geflecht der Gesellschaft.

Im Gegensatz zu diesen Mustern, die aus dem traditionellen Antagonismus1 erwachsen, beruht das Bahá’íSystem auf den Idealen von Einheit, Harmonie, Gerechtigkeit, Vielfalt und Nachsicht beim Aufbau einer göttlich geplanten administrativen Struktur durch einen Prozess des gegenseitigen Lernens und Entdeckens. Wie bereits erwähnt, fehlt das Element des Machtstrebens völlig. Von allen Mitgliedern einer Bahá’íGemeinde wird erwartet unabhängig von ihrer momentanen Stellung in der administrativen Struktur  sich selbst in einem Lernprozess wahrzunehmen, bei dem sie danach streben, die Gesetze und Prinzipien des Glaubens zu verstehen und anzuwenden. Als Teil dieses Prozesses werden die Räte ermutigt, ihre Hoffnungen und Bemühungen sowie neue Entwicklungen den Gemeindemitgliedern ständig mitzuteilen und ihre Ansicht und Unterstützung zu suchen. Es gibt natürlich Themen wie die persönlichen Probleme eines Gläubigen, die er (oder sie) bei der Suche nach Hilfe an seinen Rat heranträgt, oder die Höhe der Spenden einzelner Gläubiger an die Fonds und so weiter, über die der Rat absolute Vertraulichkeit wahren muss. Wie in jedem gerechten Regierungssystem muss das richtige Gleichgewicht zwischen den Extremen gesucht und gefunden werden. In diesem Zusammenhang werden Sie sich an diese Aussage Shoghi Effendis in Bahá’í-Administration erinnern:

Lasst uns auch immer eingedenk sein, dass der Grundton der Sache Gottes nicht diktatorische Gewalt, sondern demütige Gemeinschaft ist, nicht willkürliche Macht, sondern der Geist freier und liebevoller Beratung. Nichts außer dem Geist eines wahren Bahá’í kann je hoffen, die Prinzipien der Gnade und Gerechtigkeit, der Freiheit und des Gehorsams, der Heiligkeit persönlicher Rechte und der Selbsthingabe, der Wachsamkeit, Verschwiegenheit und Vorsicht einerseits und der Freundschaft, der Offenheit und des Mutes andererseits zu versöhnen.

(Geistige Räte  Häuser der Gerechtigkeit, S.25)

Wo auch immer etwas nicht richtig funktioniert in der Bahá'í-Gemeinde, kann das auf ein Versagen bei der Anwendung der Gesetze, Prinzipien und Methoden, die in den Schriften niedergelegt sind, zurückgeführt werden. Das Überwinden solcher Unzulänglichkeiten ist Teil des Lernprozesses, an dem alle Bahá’í beteiligt sind. Das bleibende Ziel der Institutionen der Bahá’íGemeinde besteht darin egal ob durch Ferienkurse und Trainingsinstitute, durch die Weiterentwicklung der 19-Tagefeste und der Nationaltagungen oder durch den tagtäglichen Austausch mit den Freunden, die einzelnen Gläubigen zu befähigen, ihr Leben mit zunehmendem Wissen, Weisheit, Einheit und Erfolg in Einklang mit den Lehren Bahá'u'lláhs zu leben.

Darüber hinaus gibt es in der Bahá’íVerwaltungsordnung außer den Geistigen Räten die Institutionen der Kontinentalen Beraterämter und ihrer Hilfsämter. Ihr Bestreben bei den Einzelnen, der Gemeinde und den Institutionen ist darauf gerichtet, den wahren Geist des Glaubens zu erhalten, die leitenden Institutionen zu beraten und ihnen zu helfen, die ihnen durch Bahá'u'lláh und den Meister hohen Ideale zu erreichen. Wie das Haus der Gerechtigkeit in einem Brief vom 24. April 1972 schrieb:

Die Existenz von Institutionen solch erhabenen Ranges, zusammengesetzt aus Personen, denen eine solche lebenswichtige Aufgabe gegeben ist, die trotzdem weder gesetzgebende, administrative noch rechtliche Autorität besitzen und die vollkommen frei sind von priesterlichen Funktionen oder dem Recht, autoritative Auslegungen zu geben, ist eine Eigenschaft der Bahá’íVerwaltung, die keine Parallele in den Religionen der Vergangenheit findet.
(Botschaften, Bd. II, S. 134)

Das Haus der Gerechtigkeit kommentierte weiter, dass nur durch das Wachstum der Bahá’í-Gemeinden und die steigende Fähigkeit der Gläubigen, unbeeinflusst von Konzepten vergangener Zeitalter über die administrativen Strukturen nachzusinnen, die lebenswichtige gegenseitige Abhängigkeit dieser zwei Arme der Administration richtig verstanden und der Wert ihrer Zusammenarbeit vollständig erkannt werden wird.

Zwei andere von Ihnen angeschnittene Themen verdienen ebenfalls Aufmerksamkeit. Die direkte Wahl der Hauptinstitutionen einer Gesellschaft kann schwerlich als ein bedeutendes demokratisches Prinzip angesehen werden. Zum Beispiel wird in den Vereinigten Staaten von Amerika der Präsident durch ein Wahlmännergremium gewählt, dessen Mitglieder in den einzelnen Staaten durch das Volk gewählt werden. In einigen anderen Ländern wird der Präsident durch das Parlament und nicht durch das Volk gewählt. Jedoch kann die direkte Wahl, egal ob sie ein demokratisches Prinzip ist oder nicht, in der Bahá’í-Religion nicht angewandt werden, denn es ist in den Heiligen Schriften niedergelegt, dass das Universale Haus der Gerechtigkeit in einer dreistufigen Wahl zu wählen ist und Nationale Geistige Räte das Ergebnis einer zweistufigen Wahl sein müssen.

Zuletzt bleibt die Frage, warum die Mitgliedschaft im Universalen Haus der Gerechtigkeit auf Männer beschränkt ist. Auch das ist eine Vorgabe der Heiligen Schriften, die sowohl von 'Abdu'l-Bahá als auch vom Hüter klar dargestellt wurde. Es muss im Licht des oben erwähnten Prinzips betrachtet werden, dass die Wahl in eine Institution der Bahá’íAdministration als ein Ruf zum Dienst und nicht als ein Aufstieg zur Macht gesehen wird. Das Universale Haus der Gerechtigkeit selbst schreibt, die Tatsache, dass seine Mitgliedschaft auf Männer beschränkt ist, könne nicht als Hinweis darauf benutzt werden, dass Männer den Frauen überlegen seien oder dass das Bahá’í-Prinzip der Gleichwertigkeit der Geschlechter ungültig sei. Wie Sie wissen, ist es ein Auftrag des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, die Verwirklichung der Gleichwertigkeit von Männern und Frauen sicherzustellen, und Sie sind sich zweifellos des Nachdrucks bewusst, mit dem Bahá’í das in die Tat umsetzen. Dieses Thema wurde ausgiebig in einem Brief vom 31. Mai 1988 an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá’í von Neuseeland behandelt, der zu Ihrer Information in Kopie beigefügt ist.

Das Haus der Gerechtigkeit hofft, dass diese Anmerkungen Ihnen helfen werden, die Verwirrung aufzulösen, die Sie, wie Sie schreiben, beschäftigt.

Mit liebevollen Bahá'íGrüßen
Sekretariatsabteilung

1 Antagonismus (lateinisch: Gegensatz, Widerstreit), in der Sozialphilosophie Immanuel Kants der Widerspruch zwischen den gleichermaßen zum menschlichen Wesen gehörenden Impulsen zur Geselligkeit und zur Vereinzelung. Der Begriff Antagonismus steht bei Kant mithin für die ungesellige Geselligkeit des Menschen.
In der marxistischen Terminologie bezeichnet Antagonismus den in kapitalistischen Gesellschaften herrschenden Klassengegensatz. Im Kapitalismus stehen sich zwei Klassen gegenüber: auf der einen Seite die Besitzer der Produktionsmittel (Kapital, Boden, Maschinen usw.) und auf der anderen diejenigen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Da nur die Arbeitskraft wertschöpfend ist – auch Maschinen sind nichts anderes als geronnene Arbeitskraft –, der Lohn aber immer niedriger ist als der erarbeitete Wert, konzentriert sich immer mehr Kapital in den Händen der Produktionsmitteleigner (Kapitalisten). Dieser Klassenantagonismus schafft aber nach Marx auch die Bedingungen seiner Aufhebung in der Revolution des Proletariats.
Der französische Sozialphilosoph Henri Claude Saint-Simon bezeichnet mit diesem Begriff das soziale Prinzip, welches einer wirklichen Vergesellschaftung, d. h. einer Vergesellschaftung ohne aristokratische Ausbeutung, entgegensteht.
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Brief im Auftrag des Universalen Hauses der Gerechtigkeit - Bahá’íNachrichten  Beilage 2  3/2001 12/157



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