Read: 1986 May 26, Das Internationale Jahr des Friedens


International Year of Peace*
Erklärung der Internationalen Bahá’í-Gemeinde zur fünften Sitzungsperiode der Südpazifik-Kommission, Ausschuß der Beauftragten von Regierungen und Verwaltung
Noumea, Neukaledonien
26. – 30. Mai 1986
In Vertretung der Bahá’í der Länder und Inseln im pazifischen Raum freut sich die Internationale Bahá’í-Gemeinde sehr, bei diesem Treffen des Ausschusses aus Beauftragten von Regierungen und Verwaltung eine Erklärung vorlegen zu können.
Dieses Jahr, das von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr des Friedens (IJF) erklärt wurde, bildet einen besonders markanten Punkt in der ständig voranschreitenden Entwicklung der Menschheit. Die Frage eines dauerhaften Friedens und erheblich weitreichenderer Völkervereinigung, die für das Überleben der Menschheitsfamilie im Mittelpunkt steht, wird jetzt sorgfältig geprüft – nicht als utopischer Traum, sondern als unvermeidliche, erreichbare Wirklichkeit. Sie ist für die Führer und Verwaltungsbehörden im Pazifik gleichzeitig Aufgabe und Herausforderung. Aus Anlaß des IJF hat das Universale Haus der Gerechtigkeit, der internationale Führungsrat des Bahá’í-Glaubens, eine an die Völker der Welt gerichtete Erklärung zum Frieden herausgegeben. Diese Erklärung wird allen Staatsoberhäuptern überreicht und zeigt in groben Zügen die zur Errichtung des Weltfriedens nötigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und geistigen Voraussetzungen.
Die Völker im Südpazifik, deren besondere Merkmale Gemeinschafts- und Gruppengeist, Toleranz, Glaube, Langmut und gut nachbarschaftliches Verhalten sind, bieten eine gute Grundlage für den Aufbau höherer Ziele und Ideale, die dem dynamischen Gemeindewachstum und friedvollen Dasein wirklich nützen. Wie in den meisten Entwicklungsländern der Welt werden Gemeinschaftswerte auf dem Land, wo die Mehrheit der Bevölkerung lebt, am besten gepflegt.
Kraft und Wert der Entwicklung eines Landes hängen von der tatsächlichen und sinnvollen Mitarbeit seiner Bürger am Aufbauprozess des Staates ab. Schon immer verdiente die Tatsache Bewunderung, daß die Inseln und die Länder in der Region Südpazifik trotz der ungeheueren Probleme, die ihnen durch geographische Isolation, oftmals begrenzte Wirtschaftsquellen und ihre Vielfalt an Rassen und Sprachen aufgebürdet wurden, es schafften, daß sich unter ihrer jeweiligen Führung konsequent ein Sinn für Zweck und Hauptsache entwickelte und sich durch eine Beteiligungsart, wie sie dieses Treffen deutlich zeigt, ein bedeutsames Identitätsempfinden ausprägte.
Die Grundwerte einer Gesellschaft bestimmen die von einer Nation angestrebte Lebens- und Bildungsart. Diese beeinflußt ihrerseits deren technologische Ziele. Obwohl das Fördern von Bildung und Technologie ein Muß ist, wenn wir die Vorteile der Wissenschaft besser nutzbar machen wollen, müssen wir dennoch einsehen, daß diese an sich Hilfsmittel und nicht der Endzweck sind. Die Frage lautet dann: Auf welches Ziel richten wir unsere Zukunft aus, und wie können wir die uns zur Verfügung stehenden Mittel zu dessen Verwirklichung am besten einsetzen.
Die Internationale Bahá’í-Gemeinde möchte die Ansicht äußern, daß beim Ordnen der menschlichen Verhältnisse unsere Aufmerksamkeit auf das Schaffen einer Welt gerichtet sein sollte, die sich über alle wesentlichen Aspekte ihres Daseins einig ist. Dies beinhaltet das Erreichen einer dynamischen Verbundenheit von geistigen und praktischen Lebensbedingungen auf Erden. Wir sehen, daß eine einigende Geisteshaltung als unerläßliche Voraussetzung dasein muß, um ein sinnvolles soziales und wirtschaftliches Wachstum und genau den Frieden und die Sicherheit zustande zu bringen, nach denen sich die Region sehnt.
Die Bahá’í-Gemeinden im gesamten pazifischen Raum, selbst in den entlegensten Dörfern, erkennen und arbeiten für das Ziel, die geistigen und menschlichen Bedürfnisse wirklich in Übereinstimmung und Harmonie zu bringen. Dies zeigt sich im Aufbau nationaler und örtlicher Institutionen, welche die Bahá’í selbst wählen, und die sich um die geistigen, sozialen und wirtschaftlichen Erfordernissen kümmern, indem sie ihre Angelegenheiten gemäß gemeinsam angenommenen Beratungsprinzipien regeln. Ein grundlegendes Prinzip ist für die Bahá’í das ständige Anwenden der Kunst der Beratung bei allen Angelegenheiten, ob groß oder klein. Genau nach diesem Prinzip werden gemeinsam gefaßte Beschlüsse, die zu gemeinsamen Aktionen führen, in die Realität der Gemeindearbeit übertragen. Der Schlüssel zum Erfolg, so glauben die Bahá’í, liegt im Geist der Einheit im Handeln. Im gesamten pazifischen Raum werden die sozialen und wirtschaftlichen Programme von den Bahá’í in ländlichen Gebieten durchgeführt. Manche sind voll in Betrieb, andere stecken im Anfangsstadium. Dazu gehören Gemeindeentwicklungsprojekte wie ein genossenschaftliches Bootebauprogramm in Fiji, Frauenentwicklungsarbeit in West Samoa und Alphabetisierungsprogramme für Erwachsene in Vanuatu. Kindergärten und Tutorschulen arbeiten in Tuvalu, Tonga, Papua Neugionea und Vanuatu, und bescheidene Anfänge mit Gesundheits-, Ernährungs-, Landwirtschafts- und Viehzuchtprogrammen wurden hauptsächlich in West-Samoa und Papua Neuguinea gemacht. All dies ist das Ergebnis des Grundsatzes, daß die Gemeinden zusammenkommen, um über ihre Wohlfahrts- und Entwicklungsfragen zu beraten und nachzudenken. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, daß die zur Entwicklung nötigen geistigen und materiellen Kräfte potentiell in den einzelnen und den Gemeinden vorhanden sind. Obwohl diese von einer relativ kleinen Bahá’í-Gemeinde mit begrenzten Mitteln durchgeführten Versuche bescheiden sind, vertrauen wir voll darauf und hoffen, daß mit der Zeit Bemühungen dieser Art nicht nur ein Beitrag zur nationalen Entwicklung sind, sondern daß auch einige der Bahá’í-Arbeitsprinzipien und -methoden als Modell zur geistigen Motivation ganzer Gemeinden dienen mögen.
Die Bildung und Förderung der Frauen ist eine der Hauptpflichten örtlicher und nationaler Bahá’í-Institutionen. Die Bahá’í sind der Meinung, daß erst wenn die Frauen als gleichberechtigte Partner in allen Bereichen menschlichen Strebens gern gesehen sind, das moralische und psychologische Klima geschaffen wird, in dem der internationale Friede sich entwickeln kann. Daß die Bahá’í dieses Prinzip anwenden zeigt sich deutlich in dem hohen, wachsenden Maße, in dem Frauen nicht nur in den Bahá’í-Institutionen, sondern auch in anderen Beratungsgruppen, die sich mit Fragen zur Förderung von Frauen und der Gemeinde als Ganzem beschäftigen, bereitwillig mitarbeiten.
Die Internationale Bahá’í-Gemeinde sieht außerdem in bestimmten anderen Bereichen die Möglichkeit zur Zusammenarbeit zwischen Bahá’í-Unternehmen und Regierungs-, bzw. Privatorganisationen, die sich im Südpazifik mit sozialen und wirtschaftlichen Programmen befassen. Im folgenden seien einige Bereiche geschildert, die eine nähere Betrachtung rechtfertigen:
1. Von den Bahá’í ins Leben gerufene Entwicklungsprojekte könnten für die Schüler der Schulen im Umkreis der Einsatzort sein, an dem sie ihren Sozialdienst und ihr Praktikum ableisten. Wenn man die Schüler in jungen Jahren in die Vorstellung von sinnvoller Teilnahme an der Gemeindearbeit einbezieht, prägt sich ihnen eine Geisteshaltung ein, die ihren künftigen Aufgaben als Erwachsene angemessen ist.
2. Die an der Basis der Gesellschaft vorhandenen, funktionierenden Bahá’í-Institutionen bilden eine Zuflucht, die Regierungsplaner, Administratoren und Volksbildungshelfer in Anspruch nehmen können, wenn sie lokale Informationen einholen, die Gemeinde betreffende Probleme erkennen oder andere sowohl technische wie beratende Unterstützung erhalten wollen.
3. In manchen Gebieten des Südpazifik ist der Zugang zu abgelegenen, einsamen Dörfern oft ein Problem. In manchen Fällen haben die in solchen Gebieten lebenden Menschen nicht einmal die einfachste, planmäßige Infrastruktur oder die Vorteile modernen Wissens, um aus den vielen Programmen und Projekten, die ihre Regierungen für sie planen, Gewinn zu ziehen. Das Problem, zu motivieren und die örtlichen Initiativen in Gang zu halten, hat zur Folge, daß die Nutzung vieler dieser Pläne von kurzer Dauer ist. Die Bahá’í in diesen einsamen Gemeinden, denen ihre jeweiligen örtlichen und nationalen Institutionen helfen, können zum Entstehen des für das Gemeindewachstum lebenswichtigen Geistes der Zusammenarbeit beitragen und geeignete Wege zum Dialog öffnen.
4. Die nationalen und örtlichen Bahá’í-Institutionen halten im gesamten südpazifischen Raum untereinander enge Beziehungen aufrecht. Diese Verbindung ermöglicht ihnen, Ideen und Erfahrungen untereinander auszutauschen. Die Bahá’í schätzen die Unterstützung, die sie von ihrer jeweiligen Regierung erhalten, und die Internationale Bahá’í-Gemeinde teilt ihre Sachkenntnis und ihren Dienst, wie bereits in Verbindung mit der Südpazifik-Kommission geschehen, gerne mit Ihnen.
An diese Bereiche denken wir jetzt, und sicher werden weitere entstehen, während die Bahá’í-Gemeinden in diesem Gebiet sich konsolidieren und ihre sozialen und wirtschaftlichen Programme ausbauen.
Die Internationale Bahá’í-Gemeinde ist den Organisatoren dieses Treffens wirklich dankbar, daß sie die Gelegenheit zur Darstellung einiger ihrer Gesichtspunkte bekam. Das Engagement der Internationalen Bahá’í-Gemeinde in Sachen sinnvoller sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung im Südpazifik wurde bereits bei früheren Foren dieser Art zum Ausdruck gebracht. Sie wird weiterhin lebhaftes Interesse zeigen, durch ihre Mitarbeit beitragen und nach Möglichkeiten suchen, um der Entwicklung dieses Gebietes und seiner Völker ihre Dienste zu erweisen.
* BIC-Dokument 86-0526:International Year of Peace



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