Lesen: 1976 Zum Geben



Shoghi Effendi

ZUM GEBEN

Auszüge
aus Briefen des Hüters über
BAHA'I-FONDS UND BEITRÄGE
zusammengestellt vom
Universalen Haus der Gerechtigkeit

Mit einem Beitrag
von Rúhiyyih Khanum
EINIGE GEDANKEN ÜBER DAS GEBEN

BAHÁ'Í VERLAG

Titel der englischen Originale:
,,Extracts From The Guardian's Letters
ON BAHÁ'Í FUNDS AND CONTRIBUTIONS",
Universal House of Justice, Haifa/Israel Januar 1970
(maschinenschriftlich, vervielfältigt)
,,Some Thoughts on Giving" By Rúhiyyih Khanum,
Bahá'í News No. 226/227, Wilmette 1949/50

ISBN 3 87037 079 3
(c) Bahá'í Verlag GmbH, Hofheim-Langenhain 1976 133

INHALT

Die Bedeutung des Gebens 7
Die Verantwortung der Räte bei der Verwaltung des Bahá'í-Fonds 30
Wer kann für den Fonds spenden? 34
Einige Gedanken über das Geben von Rúhiyyih Khanum 39

I DIE BEDEUTUNG DES GEBENS

Und da der Fortschritt und die Durchführung geistiger Tätigkeiten von materiellen Mitteln
abhängig und durch sie bedingt ist, ist es von absoluter Notwendigkeit, gleich nach der
Errichtung örtlicher wie auch Nationaler Geistiger Räte einen Bahá'í-Fonds zu bilden, der
unter die ausschließliche Kontrolle des betreffenden Geistigen Rates zu stellen ist. Alle
Spenden und Beiträge gehen an den Rechner des Rates und dienen dem ausdrücklichen
Zwecke der Förderung der Sache im ganzen jeweiligen Orts- oder Landesbereich. Es ist die
geheiligte Pflicht eines jeden gewissenhaften und getreuen Dieners Bahá'u'lláhs, der den
Fortschritt Seiner Sache wünscht, frei und großzügig zur Vermehrung des Fonds beizutragen.
Die Mitglieder des Geistigen Rates werden diesen Fonds nach ihrem freien Ermessen
verwenden: zur Förderung des Lehrwesens, zur Unterstützung der Notleidenden, zur
Errichtung von Bahá'í-Erziehungs- und Bildungsstätten, zu jeder möglichen Erweiterung des
Bereichs ihres Dienens. Ich hege die Hoffnung, daß alle Freunde die Notwendigkeit dieser
Maßnahme erkennen und sich aufmachen, ihren Teil und sei er zunächst auch noch so
bescheiden für die rasche Errichtung und Vermehrung des Fonds zu leisten.
Aus einem Brief vom 12. März 1923 an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í in den
Vereinigten Staaten und Kanada, siehe Shoghi Effendi, Bahá'í Administration, 6th Edition, Wilmette
1953, S. 41/42.

Damit Sie diesen Lehrfeldzug, der in unserer Zeit so lebensnotwendig ist, verstärken und Ihre
übrigen mannigfachen, geistigen wie auch humanitären Tätigkeiten richtig und wirkungsvoll
durchführen können, ist es dringend geboten, diesen zentralen Fonds zu gründen, der bei
großzügiger Unterstützung und Aufrechterhaltung durch die einzelnen Freunde und die
örtlichen Räte Sie zur raschen und kraftvollen Verwirklichung Ihrer Pläne instandsetzen wird.
Aus einem Brief vom 6. Mai 1923 an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í in den Vereinigten
Staaten und Kanada, siehe Shoghi Effendi, Bahá'í Administration, S. 49.

Was den kürzlich unter den Freunden gegründeten Bahá'í-Fonds betrifft, so hoffe ich, daß
unter allen Freunden im ganzen Land nunmehr über diesen Punkt Klarheit besteht. Wie ich
schon früher angedeutet habe, ist meine Ansicht diese: Obwohl die einzelnen Freunde und
örtlichen Räte völlige Freiheit haben, dem Nationalen Geistigen Rat ihre Spenden auch für
einen bestimmten Verwendungszweck zu geben, halte ich es doch für äußerst wichtig, daß
Einzelne wie auch örtliche Räte angesichts der überragenden Bedeutung des nationalen
Lehrens sowie zum Zeichen ihres rückhaltlosen Vertrauens gegenüber ihren nationalen
Vertretern bestrebt sind, wenn auch am Anfang wenig, zur Erhaltung und zur Förderung des
nationalen Bahá'í-Fonds nichtzweckgebunden beizutragen, damit die Mitglieder des
Nationalen Geistigen Rates ganz nach ihrem Ermessen die Fondsmittel dafür gebrauchen
können, was ihnen dringlich und notwendig erscheint.
Aus einem Brief vom 26. November 1923 an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í in den
Vereinigten Staaten und Kanada, siehe Shoghi Effendi, Bahá'í-Administration, S. 54.

Dem Nationalen Geistigen Rat obliegt es, zu beurteilen, in welchem Maße die ihm zur
Verfügung stehenden Mittel eine finanzielle Unterstützung individueller Tätigkeiten der
Freunde gestatten. Wenn die Freunde und die Räte den Spendenaufrufen für den nationalen
Fonds schnell, nachhaltig und großzügig Folge leisten, so wird, dessen bin ich gewiß, der
Nationale Rat keinem Bahá'í-Unternehmen sein Wohlwollen und seine echte
Zusammenarbeit versagen. Ich möchte jedoch in diesem frühen Stadium unseres Wirkens die
Freunde dringend bitten, ja anflehen, ihre Bemühungen nicht zu verzetteln, sondern nach
ehrlicher, reiflicher und anhaltender Beratung eine gemeinsame Entscheidung über die
vordringlichsten Erfordernisse und Nöte des Augenblicks anzustreben und, wenn sie einer

Meinung sind, diese dann eifrig zu vertreten und sie mit Verständnis und ganzem Herzen
ohne Zögern durchzusetzen.
Aus dem Brief vom 16. Januar 1925 an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í in den
Vereinigten Staaten und Kanada, siehe Shoghi Effendi, Bahá'í Administration, S. 76/77.

Für die wirkungsvolle Durchführung der Arbeit des Nationalen Geistigen Rates ist es
notwendig, daß die Mitglieder, soweit durchführbar, ein angemessenes und bleibendes
Zentrum für ihre Tätigkeit errichten, welches öffentlich und allgemein bekanntgemacht
werden soll, so daß es als Sitz des Sekretariats anerkannt wird. Dorthin sollen alle
Mitteilungen der einzelnen Gläubigen und der örtlichen Räte innerhalb ihres
Verwaltungsbereiches aus dem Heiligen Land und aus dem Ausland gerichtet werden. Erste
Pflicht des Nationalen Geistigen Rates ist es, mit den verschiedenen Gruppen und
einzelstehenden Gläubigen innerhalb seines Zuständigkeitsbereiches, ohne Ausnahme,
Unterschied oder Begünstigung, in enger und beständiger Verbindung zu stehen und ihnen
wie auch den ausländischen Freunden gewissenhaft und ohne Aufschub über alles zu
berichten, was die Gemeinschaft berührt und von allgemeinem Interesse ist.
Damit dieses ersehnte Ziel verwirklicht und ein hoher Grad von Leistungsfähigkeit
aufrechterhalten werden kann, ist es überaus wichtig, einen Nationalfonds einzurichten. Ich
möchte die einzelnen Gläubigen wie auch die örtlichen Räte in ganz Birma und Indien
unaufhörlich ermahnen, sich mit Herz und Seele zu erheben und großzügig und regelmäßig
zur Erhaltung und Erweiterung des Fonds beizutragen, von dem der Erfolg ihrer Bemühungen
weitgehend abhängen wird.
Den Rat in Bombay, dessen moralische und finanzielle Dienste für die Sache Bahá'u'lláhs in
Indien und anderswo in meinem Herzen eingegraben sind, weise ich persönlich an, seine
Energien auf die Zwillingsinstitutionen von Nationalem Rat und Nationalfonds zu
konzentrieren und diese mit seinen Mitteln zu unterstützen. Ich hoffe, daß diese beiden
Einrichtungen bald imstande sein werden, die Bürde auf sich zu nehmen, die derzeit auf den
opferfreudigen Freunden in Bombay lastet.
Aus dem Brief vom 25. März 1925 an den Sekretär des Nationalen Geistigen Rates der Bahá'í in
Indien.

Was die materiellen Opfer für das Wohl der Sache anbelangt, möchte er Sie um Verständnis
dafür bitten, daß die allgemeinen Interessen der Sache Vorrang vor den Sonderinteressen
Einzelner haben. So sind beispielsweise Beiträge zum Wohle Einzelner zweitrangig
gegenüber Beiträgen für den nationalen oder örtlichen Fonds oder den Tempelfonds.
Dies ist eine allgemeine Anweisung. Dem Nächsten, so man dazu in der Lage ist, zu helfen,
ist natürlich auch wünschenswert und verdient Beifall.
Aus einem Brief vom 20. November 1925 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

Im Zusammenhang mit der Einrichtung des Nationalfonds und des in den Protokollen des
Nationalen Geistigen Rates niedergelegten Haushaltsplans möchte ich Sie dringend daran
erinnern, immer des Grundprinzips eingedenk zu sein, daß alle Beiträge zum Fonds unbedingt
rein freiwillig sein müssen. Es sollte jedem klar und deutlich gemacht werden, daß jede Form
von Zwang, sei er noch so leicht und indirekt, an die tiefsten Wurzeln des Grundsatzes rührt,
auf dem die Bildung des Fonds von seiner Einführung an ruht. Wenn auch Aufrufe
allgemeiner Natur, sorgfältig formuliert sowie feinfühlend und würdig im Ton, in jedem Fall
willkommen sind, so soll es doch völlig dem Ermessen eines jeden gewissenhaften Gläubigen
selbst überlassen bleiben, die Natur, die Höhe und den Verwendungszweck seines oder ihres
Beitrages zur Förderung der Sache zu bestimmen.
Aus dem Brief vom 10. Januar 1926 an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í in den
Vereinigten Staaten und Kanada, siehe Shoghi Effendi, Bahá'í Administration, S. 101.

Der Nationalfonds muß fest errichtet, großzügig unterstützt sowie allumfassend und
fortlaufend aufrechterhalten werden, denn er bildet die Voraussetzung für künftigen
Fortschritt und Erfolg. Das Mitteilungsblatt sollte erweitert und allgemein versandt werden
und als Mittel dienen, Information zu verbreiten, Tätigkeiten aufeinander abzustimmen und
die Unterstützung der Institutionen der Sache durch alle Gläubigen zu gewährleisten. Ich
ersuche Sie dringend, den Erfolg dieser beiden wichtigen und lebensnotwendigen Werkzeuge
unserer Arbeit sicherzustellen.
Aus dem Brief vom 25. Mai 1926 an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í in Indien.

In Zeiten der Enttäuschung, der Überforderung und des Bangens, denen wir unausweichlich
begegnen müssen, sollten wir der Leiden unseres dahingeschiedenen Meisters gedenken. Ihre
Arbeit, Ihre Tatkraft, Ihre Wachsamkeit, Sorge und Liebe sind Werte, die ich hoch schätze
und würdige. Arbeiten Sie weiter, Seien Sie unbeirrbar, verdoppeln Sie Ihre Bemühungen,
wiederholen Sie in allen Zuschriften an einzelstehende Gläubige und Räte immer aufs neue
die Ermahnungen und Anleitungen unseres Geliebten, bis ihr Herz und Gemüt davon
durchdrungen sind. So hat unser Geliebter es getan, und einem besseren Beispiel können wir
nicht folgen. Ihrer Pionierarbeit werden sich kommende Generationen sicher erinnern und sie
rühmen. Seien Sie meiner Gebete immer versichert. Was Spenden betrifft, so dürfen wir
keinen wie immer gearteten Zwang ausüben und müssen den Wunsch des Spenders klar
feststellen. Wir sollen an die Freunde apellieren, nicht aber sie bedrängen.
Aus dem Brief vom 9. Juli 1926 an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í in Indien.

Als Bahá'í sollten wir der Methode des Propheten nachstreben. Wir wissen, daß die Sache
letzten Endes siegen wird und daß ihre Reihen vollkommen geeinigt sein werden. Wir wissen,
daß die Verheißungen des Meisters schließlich erfüllt werden warum sollten wir uns dann
entmutigen lassen von alltäglichen Widerständen, die wir auf unserem Wege finden. Weit
eher müßten wir doch unseren Eifer verdoppeln und in unseren Gebeten und Bemühungen
ausharren. Shoghi Effendi hat die verfügbaren Maßnahmen ergriffen und die Freunde in
Bombay sowohl brieflich als auch telegrafisch ermuntert, dem Nationalfonds moralische und
materielle Unterstützung zukommen zu lassen. Es bedarf immer einer gewissen Zeit, bis ein
Volk sich einer neuen Verwaltungsform anpaßt. Bisher waren sie gewohnt, ihre örtlichen Räte
als nur dem Zentrum der Sache zugeordnet zu sehen, und es wird einige Zeit und Übung
erfordern, bis sie eine andere, übergeordnete Instanz anerkennen. Auch in Amerika bestand
dieses Problem, und die Arbeit der nationalen Körperschaft schien für eine gewisse Zeit wie
gelähmt. Durch persönlichen Kontakt und die unablässigen Ermahnungen Shoghi Effendis ist
dieses Problem nun gelöst worden, und wir können sehen, daß der Nationale Geistige Rat dort
nunmehr als die einzige Instanz anerkannt ist, die zuständig ist für die Behandlung solcher
Angelegenheiten, die außerhalb der Zuständigkeit der örtlichen Räte liegen.
Aus einem Brief vom 7. September 1926 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat
der Bahá'í in Indien.

Ich meine, wir sollten dies als den Maßstab und Leitgrundsatz der Bahá'í-Verwaltung
betrachten: In der Durchführung jeder spezifischen Bahá'í-Tätigkeit im Unterschied zu
Vorhaben humanitärer, philanthropischer oder karitativer Natur, die in Zukunft unter der
Bahá'í-Schirmherrschaft durchgeführt werden mögen, sollten nur jene zur Teilnahme und
Mitarbeit eingeladen werden, die sich bereits mit dem Glauben identifiziert haben und als
dessen offene Bekenner und rückhaltlose Stützen angesehen werden können. Denn von
unliebsamen Komplikationen einmal abgesehen, die ein Einbeziehen von Nicht-Bahá'í in die
Finanzierung von Einrichtungen mit ausgesprochenem Bahá'í-Charakter einer künftigen
Verwaltung der Bahá'í-Gemeinde verursachen könnte, sollte auch daran gedacht werden, daß
diese besonderen Bahá'í-Institutionen, die im Lichte der Gaben Bahá'u'lláhs an die Welt zu
sehen sind, nur dann am besten funktionieren und ihren stärksten Einfluß auf die Welt

ausüben können, wenn sie einzig und allein durch die Unterstützung jener gefördert und
erhalten werden, die sich der Ansprüche, die der Offenbarung Bahá'u'lláhs innewohnen, voll
bewußt sind und sich ihnen ohne Einschränkungen unterwerfen. Sollte aber ein nichterklärter
Freund oder Sympathisant auf einer Geldzuwendung zur Förderung des Glaubens unbedingt
bestehen, sollten solche Gaben angenommen und ordnungsgemäß durch die gewählten
Vertreter der Gläubigen bestätigt werden, in dem ausdrücklichen Einvernehmen, daß sie von
ihnen nur verwendet werden, um den für philanthropische oder karitative Zwecke bestimmten
Teil des Bahá'í-Fonds zu erweitern. Denn da der Wirkungsbereich und Einfluß des Glaubens
Bahá'u'lláhs wächst und sich die Hilfsquellen der Bahá'í-Gemeinden dementsprechend
vermehren, wird es mehr und mehr wünschenswert werden, deutlich zu unterscheiden
zwischen den Abteilungen der Bahá'í-Finanzverwaltung, die sich der Nöte der gesamten Welt
annehmen, und jenen, die ausdrücklich dazu bestimmt sind, die direkten Interessen des
Glaubens selbst zu fördern. Aus dieser scheinbaren Trennung zwischen Bahá'í- und
humanitären Tätigkeiten darf jedoch nicht gefolgert werden, der treibende Zweck des
Glaubens Bahá'u'lláhs weiche von den Zielen humanitärer und philanthropischer
Einrichtungen unserer Tage ab. Vielmehr sollte von jedem gerechten Förderer des Glaubens
erkannt werden, daß in einem so frühen Entwicklungsstadium der Sache solche
unterscheidenden und vorbeugenden Maßnahmen unvermeidbar und sogar notwendig sind,
wenn die eben geschaffenen Einrichtungen des Glaubens siegreich und unversehrt aus dem
heutigen Durcheinander der verwirrten und oft sich widersprechenden Interessen, die sie
umgeben, hervorgehen sollen. Ein solcher Warnruf kann nicht für unangebracht gehalten
werden in einer Zeit, da wir brennend vor Sehnsucht, die baldige Vollendung des
Mashriqu'l-Adhkár zu erleben nicht nur geneigt sein mögen, den Wünschen jener
nachzugeben, die, obwohl selbst noch nicht in die Sache aufgenommen, sich zu finanzieller
Hilfe an die Institutionen bereitfinden, sondern vielleicht sogar die Neigung verspüren, von
ihnen solche Mithilfe zu erbitten, die sie leisten könnten. Es ist gewißlich unsere oberste
Pflicht, uns der Erfüllung unserer heiligsten Aufgabe so zu widmen, daß in künftigen Tagen
weder die Zunge des Schmähers noch die Feder des Böswilligen es wagen können, auch nur
anzudeuten, daß ein so herrliches, so bedeutungsvolles Bauwerk aus anderen Mitteln errichtet
wurde als den einmütigen, ausschließlichen und aufopfernden Anstrengungen der kleinen,
aber entschlossenen Gemeinschaft überzeugter Förderer des Glaubens Bahá'u'lláhs. Wie
heikel ist unsere Aufgabe, wie gewaltig die Verantwortung, die auf uns ruht, die wir berufen
sind, einerseits die Unversehrtheit und Wesenseinheit des erneuernden Glaubens Bahá'u'lláhs
unverletzlich zu erhalten und andererseits seine weitreichenden, humanitären,
allesumfassenden Grundsätze zu verteidigen!
In der gegenwärtigen Phase unserer Arbeit können wir uns in der Tat der Erkenntnis nicht
verschließen, wie begrenzt die Zahl der Spender ist, die einem so umfassenden, so erlesenen
und kostspieligen Unternehmen finanzielle Stütze zu sein vermögen. Wir sehen deutlich, wie
viele Angelegenheiten und Bahá'í-Tätigkeiten bis zum erfolgreichen Abschluß des Plans des
vereinten Handelns aufgeschoben werden müssen. Nur zu gut sind wir uns dessen bewußt,
wie sehr es not tut, mitten im Herzen des amerikanischen Kontinents eine würdige und
greifbare Verkörperung des die Sache belebenden Geistes zu schaffen, ein Zeugnis und
Sammlungspunkt der vielfältigen Tätigkeiten eines rasch wachsenden Glaubens. Doch
könnten wir uns, angespornt von solchen Überlegungen, nicht aufmachen und den Entschluß
fassen, die Verwirklichung dieses alles in Anspruch nehmenden, doch so verdienstvollen
Unternehmens mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu beschleunigen? Ich beschwöre Sie,
liebe Freunde, lassen Sie weder durch Überlegungen der Zahl noch durch das Bewußtsein der
Begrenztheit unserer Mittel, ja selbst nicht durch die Erfahrung unvermeidlicher Rückschläge,
denen jedes große Unternehmen ausgesetzt ist, Ihre Sicht trüben, Ihre Hoffnungen verdunkeln
oder Ihren Eifer bei der Verfolgung Ihrer göttlich bestimmten Aufgabe erlahmen. Dulden Sie
auch nicht, ich bitte Sie inständig, die kleinste Abweichung auf dem Pfade der

Zweckmäßigkeit und des Kompromisses, damit nicht die Ströme belebender Gnade versiegen
mögen, aus denen allein die Erleuchtung und Kraft kommen, derer es bedarf, nicht nur den
Bau selbst erfolgreich zu verwirklichen, sondern auch dessen hohe Bestimmung zu erfüllen.
Aus dem Brief vom 25. Oktober 1929 an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í in den
Vereinigten Staaten und Kanada, siehe Shoghi Effendi, Bahá'í Administration, S. 182 f.

Sie fragten wegen einiger Pläne zur Kapitalbeschaffung für den Tempel. Shoghi Effendi hält
freie Spenden, die spontan und in der Absicht gemacht werden, ein Opfer für die Förderung
der Sache zu bringen, für die beste und würdigste Art. Opfer sind es, mit denen dieser Tempel
errichtet werden muß. Dies ist der wahrhaft würdige Weg. Dieser Grundsatz schließt deshalb
jedes Verfahren aus, das Hilfe von Nicht-Bahá'í heranzieht. Allein Bahá'í sollten einen
Bahá'í-Tempel bauen; ein solches Werk ist kein übliches humanitäres Unternehmen, für das
ein jeder um Hilfe angegangen werden kann. Übrigens hat Shoghi Effendi dem Nationalen
Geistigen Rat gegenüber diese Angelegenheit klar erläutert, und Sie können sich ruhig an ihn
wenden, um die Angelegenheit näher zu beleuchten.
Aus dem Brief vom 14. April 1932 im Auftrag des Hüters an den Geistigen Rat der Bahá'í in
Kenosha, Wisconsin, USA.

So sehr Shoghi Effendi einen jeden Gläubigen ermahnt, so viele Opfer wie nur möglich zum
Zwecke des Spendens zum Fonds des Nationalen Rates zu erbringen, so rät er doch den
Freunden davon ab, für diesen Zweck Schulden zu machen. Wir werden gebeten, zu geben,
was wir haben, nicht, was wir nicht besitzen, besonders wenn ein solches Verhalten anderen
Leiden auferlegen würde. In solchen Dingen sollten wir unseren gesunden Menschenverstand
gebrauchen, uns von Weisheit leiten lassen und andere glaubenstreue Bahá'í in unser
Vertrauen ziehen.
Aus einem Brief vom 4. Mai 1932 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

Auf Shoghi Effendis Wunsch bestätige ich den Erhalt Ihres Briefes vom 8. Mai 1932, in dem
Sie ihm von verschiedenen Vorkommnissen berichten, die im Verlauf der diesjährigen
Nationaltagung bekannt wurden, besonders während der Sammlung von Spenden für den
Tempel. Der Hüter war voll Freude, von dem wunderbaren Geist zu hören, der diese
Zusammenkünfte erfüllt. Denn nur durch einen solchen Geist der Andacht und der
Opferbereitschaft kann die Sache gedeihen und ihre Botschaft die ganze Welt umspannen.
Wunderbar war es auch, das Interesse der Öffentlichkeit an den allgemeinen
Zusammenkünften zu sehen, die einen Teil des Programms der Tagung bildeten.
Shoghi Effendi hofft, daß mit dem Fortschritt des Tempelbaus dieses Interesse noch wachsen
wird und die Menschen an dem Geiste teilhaben wollen, der die Freunde antreibt, und, indem
sie den Glauben Bahá'u'lláhs annehmen, sich dann erheben, um ihm zu dienen und ihr Leben
seiner Verbreitung zu weihen.
Solche Zusammenkünfte zur Sammlung von Geldern sind gestattet, falls sie in wahrem
Opfergeist vor sich gehen, nicht aber, wenn die Anwesenden mit Absicht in einen Zustand der
Ekstase versetzt werden und man mit Mitteln der Massenpsychologie versucht, sie zu
Zahlungen zu verleiten.
Shoghi Effendi hat wiederholt festgestellt, daß kein Druck auf die Freunde ausgeübt werden
darf. Unter diesen Begriff fällt auch psychologischer Druck. Es besteht doch ein großer
Unterschied zwischen solchen Versammlungen, wie sie oft von religiösen Körperschaften
gehalten werden, und einer lauteren, stillen, gebeterfüllten Atmosphäre, in der der Mensch aus
sich selbst heraus zur Opferwilligkeit erweckt wird. Diese Unterscheidung ist sehr schwierig,
doch liegt es am Vorsitzenden, sein Amt so auszuüben, daß die eine wünschenswerte Form
nicht entstellt und zur anderen wird. Alle Tätigkeiten für die Sache sollten in würdiger Weise
vor sich gehen.

Shoghi Effendi ist sicher, daß die anläßlich der letzten Nationaltagung gesammelten Gelder
nicht durch die Verwendung von Massenpsychologie zusammen kamen, sondern durch die
andächtige Geisteshaltung der Freunde und ihren Wunsch, mehr zu opfern.
Aus einem Brief vom 28. Mai 1932 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen; vgl. Bahá'í News
Nr. 67, S. 15.

Ihre Tempelspenden sowie die bemerkenswerte Art, mit der Sie die Freunde in ihren
Bemühungen unterstützen, den Bereich ihrer Öffentlichkeitsarbeit zu erweitern, sind
wirkliche und bleibende Beiträge, die Sie für den Glauben geleistet haben. Und obwohl Sie
derzeit finanziell nicht so viel beisteuern können wie in vergangenen Jahren, so sollten Sie
sich dadurch nicht entmutigt oder gar enttäuscht fühlen. Die beste Art, in der Sie die Sache
des Tempels am wirkungsvollsten unterstützen können, besteht nicht in materiellen Mitteln,
sondern im moralischen Beistand. Solchen Beistand jenen zu geben, die die Errichtung dieses
geheiligten und einzigartigen Bauwerks leiten, ist Ihre erste Pflicht. Ergebenheit,
Aufrichtigkeit und echte Begeisterung sind es, die letzten Endes die Vollendung unseres
geliebten Tempels sichern werden. Materielle Erwägungen, obgleich wichtig, sind doch
keineswegs die lebenswichtigsten. Wäre es je anders gewesen, so hätte der Tempel niemals
jenes fortgeschrittene Stadium erreicht, in dem er sich jetzt bereits befindet. Denn die
verfügbaren Quellen der Gemeinde sind begrenzt und wurden während der letzten beiden
Jahre durch eine unvorhergesehene und weltweite Wirtschaftskrise empfindlich betroffen.
Aber trotz dieser Hindernisse materieller Natur hat der Tempel stetigen Fortschritt gemacht,
und dies allein genügt, jeden unvoreingenommenen Beobachter von der den Glauben
beseelenden Kraft zu überzeugen einer Kraft, der alle materiellen Schwierigkeiten
unausbleiblich weichen müssen.
Aus einem Brief vom 30. Dezember 1933 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

Er wünscht ganz besonders, daß Sie den Gläubigen die Notwendigkeit einprägen, den
Spendenfluß für den Tempel aufrechtzuerhalten und daß Sie die Wichtigkeit der Einrichtung
des Nationalen Bahá'í-Fonds betonen, der in diesem frühen Entwicklungsstadium der
Verwaltungseinrichtungen unseres Glaubens das unentbehrliche Mittel für das Wachstum und
die Ausdehnung der Bewegung ist. Beiträge zu diesem Fonds stellen überdies auch noch
einen praktischen und wirkungsvollen Weg dar, durch den jeder Gläubige das Ausmaß und
das Wesen seines Glaubens prüfen kann, um durch Taten die Innigkeit seiner Hingabe und
seiner Bindung an die Sache zu beweisen.
Aus einem Brief vom 25. September 1934 im Auftrag des Hüters an den Vorsitzenden des
Nationalen Geistigen Rates der Bahá'í in den Vereinigten Staaten und Kanada; vgl. Bahá'í-News
Nr. 88, S. 1-2.

Der Hüter möchte Ihrem Rat empfehlen, den Gläubigen weiterhin die Notwendigkeit
regelmäßiger Spenden für den Nationalen Bahá'í-Fonds einzuprägen, ob nun ein Notfall
vorliegt oder nicht. Ein fortgesetzter Spendenfluß zu diesem Fonds ist es, der die finanzielle
Stabilität wirklich verbürgen kann, von der nunmehr das Voranschreiten der Institutionen des
Glaubens in so hohem Maße abhängig sein muß.
Aus einem Brief vom 29. Juli 1935 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat der
Bahá'í in den Vereinigten Staaten und Kanada; vgl. Bahá'í-News Nr. 95 S. 1.

In dem Maße, wie die Tätigkeiten der amerikanischen Bahá'í-Gemeinde sich erweitern und
dementsprechend ihr weltweites Ansehen wächst, muß notwendigerweise die Einrichtung des
Nationalfonds, jenes Grundsteins, auf dem alle anderen Einrichtungen ruhen und errichtet
werden müssen, zusätzliche Bedeutung gewinnen. Der Fonds soll deshalb zunehmend von der
gesamten Gemeinschaft der Gläubigen unterstützt werden, sowohl entsprechend der
Leistungsfähigkeit des Einzelnen als auch durch gemeinsame Anstrengungen, ob in Gruppen

oder örtlichen Räten. Die Bereitstellung von Mitteln zur Unterstützung der nationalen
Finanzen stellt gegenwärtig das Lebensblut für jene werdenden Institutionen dar, um deren
Schaffung Sie sich so viele Mühe geben. Die Bedeutung des Nationalfonds kann kaum
überschätzt werden. Ungeahnter Segen wird zweifellos alles darauf gerichtete Streben krönen.
Ich erwarte sehnlichst im Gebet die Nachricht eines beispiellosen Wachstums eines so
lebenswichtigen Werkzeugs der Verwaltungsordnung des Glaubens.
Postscriptum in der Handschrift des Hüters zu einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief vom
29. Juli 1935 an den Nationalen Geistigen Rat der Bahá'í in den Vereinigten Staaten und Kanada.

Hinsichtlich Ihrer Frage über Spenden zum Tempelfonds ist zu sagen: Ganz gewiß sollen die
Freunde ermutigt, ja sogar ermahnt werden, ihre finanzielle Unterstützung dieser und anderen
nationalen Einrichtungen der Sache zu geben. Doch sollte dies unter keinen Umständen von
ihnen gefordert werden.
Der Gedanke ,,Geben, was man sich leisten kann" setzt keineswegs eine Grenze voraus noch
schließt er gar die Möglichkeit des Opfers aus. Spenden zum nationalen Fonds können keine
Grenzen haben. Je mehr ein jeder geben kann, um so besser ist es, besonders wenn solche
Gaben es notwendig machen, daß der Spender auf andere Wünsche verzichtet. Je schwerer
das Opfer, desto verdienstvoller wird es selbstverständlich vor Gottes Angesicht sein. Denn
schließlich ist es nicht die Höhe der Spende, auf die es ankommt, sondern vielmehr das
Ausmaß des Verzichts, den uns diese Spende auferlegt. Nicht die nüchterne Tatsache des
Spendens, sondern den Geist, in dem gespendet wird, sollten wir in Betracht ziehen, wenn wir
die Notwendigkeit allgemeiner und großherziger Unterstützung der verschiedenen Fonds der
Sache hervorheben.
Aus einem Brief vom 31. Dezember 1935 an einen Gläubigen.

Vor allem möchte der Hüter durch Sie nochmals seinen Wunsch zum Ausdruck bringen, den er
bereits kürzlich in einem Telegramm an den Nationalen Geistigen Rat geäußert hat, daß der
Nationalfonds, der ohne Zweifel der Grundstein ist, auf dem alle Tätigkeiten der Sache letzten Endes
ruhen, fortlaufende und von Herzen kommende Unterstützung aller Gläubigen erhalten sollte. Sowohl
die örtlichen Räte als auch die einzelnen Gläubigen sollten verstehen, daß ohne ihre regelmäßige und
großzügige Unterstützung dieses Fonds das Voranschreiten des Glaubens in Indien und Birma nicht
nur beträchtlich verzögert wird, sondern unweigerlich zu einem Stillstand kommen muß. Ein ständiger
Strom von Mitteln für den Nationalfonds des Nationalen Geistigen Rates muß fließen, wenn der Rat
die vielfältigen und sich stets vermehrenden Tätigkeiten des Glaubens ordnungsgemäß verwalten will.
Ein jeder Bahá'í, sei er noch so arm, muß die große Verantwortung erkennen, die er in diesem
Zusammenhang auf sich zu nehmen hat, und er sollte die Zuversicht haben, daß sein geistiger
Fortschritt als Gläubiger in der Weltordnung Bahá'u'lláhs weitgehend von dem Ausmaß abhängen
wird, in dem er selbst in Taten seine Bereitschaft zur materiellen Unterstützung der göttlichen
Institutionen seines Glaubens beweist.
Aus einem Brief vom 17. Juli 1937 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat in
Indien.

Bezüglich der Lage des Nationalfonds berichten Sie über ein allgemeines Nachlassen der
Spenden sowohl einzelner Gläubiger als auch der örtlichen Räte und Gruppen. Es ist wohl
offenkundig, daß der Nationalfonds nur dann imstande sein wird, den Bedürfnissen und
Erfordernissen der Sache nachzukommen ganz besonders in diesen Tagen, in denen die
Tätigkeit der amerikanischen Gläubigen im nationalen Bereich ein solch weites und
wachsendes Ausmaß annimmt wenn der regelmäßige Spendenfluß durch großzügige und
beständige Unterstützungen aller Gläubigen, sowohl einzeln als auch gemeinschaftlich,
aufrechterhalten wird.
Aus einem Brief vom 3. Februar 1941 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen; vgl. Bahá'í-
News Nr. 143, S. 3.

Der herrliche Geist, der die amerikanischen Gläubigen in diesen Tagen beseelt, ist wahrhaft
eine Quelle der Freude und Inspiration für den Hüter, und während die frohen Nachrichten
über neue Erfolge und neue Opfertaten eintreffen, wird es sichtbar, wie seine Zuversicht steigt
und eine Welle frischer Kraft ihn durchströmt, ihn, der so oft übermüdet und überlastet ist...
So war er auch sehr gerührt von dem Brief jenes lieben Bahá'í, den Sie aufmerksamerweise
anschlossen, der den Preisunterschied zwischen einem kostspieligen und einem billigen Sarg
für den Fonds der Sache gespendet hat. Derartige Opfer beweisen den geistigen Rang der
Freunde und sichern das Fundament des Glaubens.
Aus einem Brief vom 4. Mai 1941 im Auftrag des Hüters an den Rechner des Nationalen Geistigen
Rates der Bahá'í in den Vereinigten Staaten und Kanada; vgl. Bahá'í-News Nr. 144, S. 2-3.

Die Lage des Nationalfonds vor Augen und in der Kenntnis der Dringlichkeit der Aufgaben,
vor denen seine Verwalter stehen, fühle ich mich gedrängt, die Opfergaben der
amerikanischen Gläubigen für den Internationalen Fonds der Arbeit zu widmen, der sich die
Freunde auf dem Lehrsektor gegenübersehen und die an sie so gewaltige Ansprüche stellt. So
sehr ich den Geist würdige, der Sie und die anderen Mitglieder veranlaßt, diesen monatlichen
Beitrag für die Sache dem Weltzentrum zu senden, so empfand ich es doch als meine Pflicht,
Ihr Opfer, so lange der Siebenjahresplan noch läuft, dem so notwendigen Lehrbereich zu
widmen, von dem sein Erfolg letzten Endes abhängt. Mögen die Freunde angesichts der Weite
des vor ihnen liegenden Arbeitsfeldes und der ihren Bemühungen innewohnenden
Möglichkeiten und der leuchtenden Verheißungen zukünftigen Segens, den solch eine Arbeit
einbringt, zu noch größeren Höhen der Selbstaufopferung sich erheben und, angesichts der
kritischen Lage, die ihren Beistand so eindringlich erfordert, noch edlere Kundgaben ihrer
gefestigten Einheit an den Tag legen.
Aus einem Brief vom 26. Oktober 1941 an den Rechner des Nationalen Geistigen Rates der Bahá'í
in den Vereinigten Staaten und Kanada; vgl. Bahá'í-News Nr. 149, S. 2.

Ein jeder Gläubiger muß, unbeirrt durch die Ungewißheiten, Gefahren und die Geldknappheit,
von der die Nation betroffen ist, sich aufraffen und in vollem Maße seiner Möglichkeiten
jenen steten und reichen Zustrom von Mitteln in die nationale Kasse sicherstellen, von dem
die erfolgreiche Ausführung des Planes in erster Linie abhängt...
Besonders möchte er, daß Sie den Gläubigen die Wichtigkeit des Nationalen Bahá'í-Fonds
einprägen, der in dieser Frühzeit des administrativen Aufbaus des Glaubens das unersetzliche
Hilfsmittel für das Wachstum und die Ausdehnung der Bewegung darstellt. Spenden zu
diesem Fonds stellen obendrein eine praktische und wirksame Methode für jeden Gläubigen
dar, durch die er das Ausmaß und die Natur seines Glaubens prüfen und die Innigkeit seiner
Hingabe und Verbundenheit zur Sache mit Taten beweisen kann...
Wir müssen dem Brunnen oder der Quelle gleich sein, die sich ständig all dessen entäußern,
was sie haben, und die ständig aus einem unsichtbaren Urquell neu gespeist werden. Immer
zu geben zum Wohle unserer Mitmenschen, unbeirrt von der Furcht vor dem Verarmen und
im Vertrauen auf die nie versagende Fülle der Quelle alles Reichtums und alles Guten dies
ist das Geheimnis richtigen Lebens.
Aus einem Brief im Auftrag des Hüters, veröffentlicht in: Bahá'í Procedures, Wilmette 1942, S. 8-
9.

Es besteht kein Einwand dagegen, daß der Geistige Rat in Adelaide ein Verzeichnis der
Spender und der empfangenen Beträge führt; doch darf niemals Druck auf die Bahá'í
ausgeübt werden, um sie zum Spenden zu bewegen dies muß freiwillig sein und sollte
vertraulich behandelt werden, es sei denn, daß die Freunde selbst wünschen, dies offen zu
erwähnen.
Aus einem Brief vom 26. Oktober 1945 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

Zu Ihren Fragen: er hält es nicht für wünschenswert, irgendwelche Bedingungen bezüglich
der Spenden für den Bahá'í-Fonds niederzulegen. Dies ist eine völlig persönliche
Angelegenheit, und jeder Gläubige muß nach seinem eigenen Urteil und nach den
Erfordernissen des Glaubens handeln. In Zeiten der Krise, ob in Belangen der Sache Gottes
oder in der eigenen Familie, verhalten die Menschen sich selbstverständlich anders als unter
normalen Umständen. Entscheidungen dieser Art müssen jedoch jedem einzelnen Bahá'í
vorbehalten bleiben.
Aus einem Brief vom 19. Oktober 1947 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

Bezüglich der von Ihnen erhobenen Frage: vorab steht es jedem Gläubigen frei, den Geboten
seines eigenen Gewissens darin zu folgen, wie er sein Geld ausgibt. Zweitens müssen wir uns
immer vor Augen halten, daß es auf der Welt im Verhältnis zur Weltbevölkerung so wenige
Bahá'í gibt und so viele Notleidende, daß nur ein verschwindend geringfügiger Bruchteil des
Leidens behoben würde, selbst wenn alle von uns alles hingeben würden, was sie besitzen.
Damit ist nicht gesagt, daß wir den Bedürftigen nicht helfen sollten wir sollten dies sehr
wohl tun; jedoch sind unsere Beiträge an den Glauben der sicherste Weg, die Menschheit ein
für allemal von der Bürde des Hungers und des Elends zu befreien, denn nur über die
Ordnung Bahá'u'lláhs göttlich in ihrem Ursprung wird es geschehen, daß die Menschen
festen Boden finden und Not, Angst, Hunger, Krieg usw. beseitigt werden können. Nicht-
Bahá'í können zu unserem Werk nicht beitragen, und es nicht für uns tun; so ist wahrhaft
unsere erste Pflicht die Unterstützung unserer eigenen Lehrarbeit, denn diese wird die
Nationen ihrer Heilung zuführen.
Aus einem Brief vom 8. Dezember 1947 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

Zu Ihrer Frage über das Spenden: die Entscheidung liegt bei jedem Gläubigen selbst. Wünscht
er eine Summe für einen bestimmten Zweck zu geben, so ist ihm dies freigestellt; doch sollten
die Freunde die Tatsache erkennen, daß zuviel Zweckgebundenheit der Spenden die Hände
des Rates bindet und ihn daran hindert, seine zahlreichen Verpflichtungen in verschiedenen
Bereichen der Bahá'í-Tätigkeit zu erfüllen.
Aus einem Brief vom 23. Juli 1950 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat der
Bahá'í in Kanada.

Zu Ihrer Frage: die Freunde können ihre Beiträge dem Rechner übergeben. Wenn sie
ungenannt bleiben und kleine Beträge geben wollen, kann auch ein Behältnis aufgestellt
werden. Der örtliche Rat kann diese Sache entscheiden.
Aus einem Brief vom 29. September 1951 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

In Ihrem Schreiben vom 28. September 1953 erwähnen Sie den Betrag von ... als enthalten in
der Summe von ..., die vom Budget Ihres Rates dem Weltzentrum angewiesen wurde. Das
zugrundeliegende Prinzip ist folgendes: der Hüter ist der Ansicht, daß Ihr Rat bei der
Aufteilung Ihres Jahresbudgets und nach Festlegung des Betrags für die Zwecke des
Internationalen Glaubenszentrums diese Summe sogleich zur Verfügung des Hüters beiseite
legen sollte. Jegliche von Bahá'í für das Internationale Zentrum gegebene Spenden sollen
nicht diesem Konto gutgeschrieben werden, das einen gemeinsamen nationalen Beitrag
darstellt und nichts mit individuellen oder örtlichen Spenden zu tun hat, die zu Ihren Händen
für das Weltzentrum gesandt werden.
Aus einem Brief vom 20. Juni 1954 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat der
Bahá'í der Vereinigten Staaten.

Der Hüter meint, daß nun, da der neue Nationale Geistige Rat mit Hauptsitz in Kampala
errichtet wurde, dieser sein eigenes Bankkonto eröffnen sollte. Wenn dies geschehen ist,
können die Gelder, die Sie für den Kampala-Tempel empfangen haben, an den Nationalen

Geistigen Rat zur Einlage auf sein Konto übergeben werden. Dies bezieht sich nicht nur auf
die von Herrn ... gegebene großzügige Spende, sondern auch auf die früheren Spenden, die
an Sie gegangen sind, sowie auf alle jene, die Sie in Zukunft erhalten mögen.
Aus einem Brief vom 10. Juni 1956 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

Dem November-Sitzungsprotokoll (S. 28) des Nationalen Geistigen Rates hat der Hüter
entnommen, daß der Nationale Rat einen Beitrag in der Höhe von $ ...an den Rat in
Neuseeland und Australien für deren Tempelfonds machen will. Der Hüter möchte wissen, ob
es sich dabei um die von Mrs. Collins für diesen Zweck gegebene Spende handelt oder um
eine andere direkt aus dem Fonds des Nationalen Geistigen Rates. Falls es die Spende von
Mrs. Collins ist, sollte sie selbstverständlich unter deren Namen gegeben werden.
Aus einem Brief vom 15. Dezember 1956 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat
der Vereinigten Staaten.

Die für den ununterbrochenen Fortschritt dieser Unternehmungen so lebenswichtige
Einrichtung des Nationalfonds muß sich ganz besonders auf die aus vollem Herzen
kommende, stets wachsende und weltweite Förderung durch die Scharen der Gläubigen
verlassen können, zu deren Wohlergehen und in deren Namen diese segensreichen
Tätigkeiten ins Leben gerufen und geleitet worden sind. Alle, wie bescheiden ihre Mittel auch
seien, müssen sich beteiligen.
Aus einem Brief vom 8. August 1957 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat von
Zentral- und Ostafrika.

II DIE VERANTWORTUNG DER RÄTE BEI DER
VERWALTUNG DES BAHÁ'Í-FONDS

Die finanziellen Fragen, denen sich die Sache gegenübersieht, sind alle sehr dringlich und
bedeutungsvoll. Sie erfordern gerechte Verwaltung und weises Vorgehen. Wir sollten die
Bedürfnisse der Sache ausfindig machen, alle jene Felder entdecken, welche die reichste
Ernte erbringen werden, und dann die nötigen Fonds bewilligen. Und eine solche Aufgabe ist
wahrhaft schwierig und verantwortungsreich.
Postscriptum in der Handschrift des Hüters aus einem Brief an den Nationalen Geistigen Rat der
Vereinigten Staaten und Kanada; vgl. Bahá'í-News Nr. 40, April 1930, S. 17.

Hinsichtlich seiner Sonderbeiträge zum Lehrfonds ist der Hüter der Ansicht, daß dies eine
Angelegenheit ist, die völlig im Ermessen des Nationalen Geistigen Rates liegt. Er glaubt, daß
in diesen Tagen die laufende Ausgabe einer beträchtlichen Summe zur Deckung der
Reisekosten bedürftiger Lehrer die oberste Verpflichtung des Nationalfonds darstellt. Es sollte
die weitestgehende Ausdehnung der Lehrarbeit dadurch angestrebt werden, daß jenen, die
finanziell außerstande sind, ihre Reiseziele zu erreichen, geholfen wird, und daß sie, erst
einmal am Ziel, ermuntert werden, sich dort niederzulassen und ihren Lebensunterhalt zu
erwerben.
Aus einem Brief vom 14. November 1936 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat
der Vereinigten Staaten und Kanada, Bahá'í-News Nr. 105, S. 1.

Was Ihre Frage hinsichtlich des Nationalen Bahá'í-Fonds betrifft, so enthalten die
Treuhandschaftserklärung oder auch die Satzung nichts, was einer Zuteilung aus irgendeinem
Fonds an einen Einzelnen, der in großer finanzieller Not ist, entgegensteht. Doch sollte betont
und von den Freunden klar verstanden werden, daß die nationalen Interessen und die
Erfordernisse der Sache absoluten Vorrang gegenüber individuellen und privaten Nöten
haben. Es ist die Pflicht des Nationalen Geistigen Rates, über den nationalen Fonds so zu
verfügen, daß die nationalen Interessen der Gläubigen nicht durch Rücksichtnahmen auf
individuelle Belange gefährdet werden, die im Vergleich zu den bleibenden Interessen der
Sache Gottes offensichtlich zeitlicher Natur sind. In seltenen Ausnahmefällen, wenn ein
Gläubiger aller Unterhaltsmittel bar ist, kann der Nationale Geistige Rat entweder aus einem
nationalen Fonds zu seinen Ausgaben beitragen oder einen entsprechenden Aufruf an die
Gemeinschaft richten. Es obliegt der Familie, der bürgerlichen Gemeinschaft oder dem
örtlichen Rat, sich derartiger örtlicher und privater Notstände Einzelner anzunehmen. Aber
falls keine dieser Hilfsquellen die Mittel dafür hat, darf der Nationale Rat einen Teil seines
Fonds zu einem solchen Zweck heranziehen, nachdem er sich überzeugt hat, daß der Fall
schwerwiegend, dringlich und gerechtfertigt ist.
Aus einem Brief vom 17. Juli 1937 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

Der Hüter kann Ihnen den Grundsatz nur umreißen, daß Bahá'í-Fonds nicht zum Ausbau
einer Stätte verwendet werden sollen, die nur für eine beschränkte Anzahl von Freunden
Erinnerungswert hat, die aber nicht wirklich einer großen Gruppe von Gläubigen von Nutzen
ist.
Der Hüter vertritt den Standpunkt, daß nationale Körperschaften bei der Schaffung nationaler
Institutionen sich von ihrem gesunden Urteilsvermögen leiten lassen sollen, und zwar wegen
der damit verbundenen Geldanlage. Ein solcher Standpunkt ist wohl nur vernünftig.
Aus einem Brief vom 8. Juni 1952 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat von
Kanada.

Der Hüter legt Ihrem Rat eindringlich nahe, zusätzlich zur Beschleunigung der
Tempelarbeiten soviel wie vernünftigerweise möglich die Kosten sorgfältig zu überwachen

und dem Architekten keine extravaganten Ideen zu gestatten. Nur durch eine weise
Sparsamkeit, die Ausschaltung des Überflüssigen, die Konzentration auf das Wesentliche und
eine sorgfältige Überwachung ist es dem Hüter gelungen, den Schrein und das Internationale
Archiv im Weltzentrum zu erbauen und die geheiligten Stätten mit Gärten zu umgeben, die in
den Augen der Öffentlichkeit üppig erscheinen, in Wirklichkeit aber das Ergebnis strengster
wirtschaftlicher Planung sind. Dadurch wird nicht nur die Einhaltung des Tempelbudgets
verbürgt, sondern auch den afrikanischen Bahá'í ein heilsames Beispiel gesetzt. Denn diese
dürfen nicht zu der Annahme verleitet werden, daß, weil die Bahá'í der Welt ihnen mitten im
Herzen ihres Heimatlandes einen Tempel errichten, unsere Mittel unbegrenzt sind und die
Angelegenheiten der Sache vom Ausland getragen werden können. Je deutlicher sie erkennen,
daß Sparsamkeit und kluge Überwachung beim Bau ihres Tempels geübt werden, um so mehr
werden sie aufgemuntert werden, eine gewisse finanzielle Verantwortlichkeit gegenüber der
nationalen Körperschaft zu fühlen. Da sie selbst nur wenig haben, ist Behutsamkeit geboten,
und wie der Hüter Ihren Rat schon angewiesen hat, soll unter keinen Umständen solch
schwachen Gemeinden ein schweres Budget auferlegt werden, das sie bereits von Anfang an
entmutigt und zur Annahme verleitet, unsere Geldmittel kämen, wie die der Missionen, aus
dem Ausland.
Aus einem Brief vom 8. August 1957 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat von
Zentral- und Ostafrika.

III WER KANN FÜR DEN FONDS SPENDEN?

Ich empfinde, daß nur Erzeugnisse, die tatsächlich den Bahá'í gehören, ob nun von Bahá'í
oder Nicht-Bahá'í hergestellt, zur Förderung des Tempelbaus oder irgendeiner anderen
Bahá'í-Institution verkauft werden dürfen, womit am allgemeinen Grundsatz festgehalten
wird, daß von Nicht-Bahá'í weder direkt noch indirekt Beiträge zur Unterstützung von
Institutionen, die ausgesprochenen Bahá'í-Charakter tragen, erwartet werden dürfen. Was die
Art der Veräußerung von Bahá'í-Besitz für diesen Zweck und die Kanäle betrifft, durch die
ein Verkauf erfolgt, bin ich der Ansicht, daß keine starren Regeln auferlegt werden sollen. Es
steht einzelnen Gläubigen frei, bei Privatpersonen oder bei Geistigen Räten Hilfe zu suchen,
die als Vermittler bei derartigen Transaktionen dienen können. Wir sollten einerseits
Verwirrung vermeiden und andererseits Leistungsfähigkeit bewahren und unnötige
Einschränkungen, die der individuellen Initiative und dem Unternehmungsgeist Fesseln
anlegen, beiseite lassen.
Aus einem Brief vom 4. Januar 1929 an den Nationalen Geistigen Rat in den Vereinigten Staaten
und Kanada; vgl. Bahá'í News Nr. 31, S. 3.

Hinsichtlich der Spende von Miss ... an den Fonds wünscht Shoghi Effendi, daß Sie ihr
eindeutig klarlegen, daß ihre Gabe an den Bahá'í-Fonds gemacht werden sollte, nicht aber an
irgendeine Einzelperson. Da dies ein bedeutungsvolles Prinzip ist, das alle Bahá'í-
Veröffentlichungen und -Verlagsgesellschaften leitet, sollte es entsprechend betont und voll
verstanden werden, damit in Zukunft keine Schwierigkeiten auftauchen. Selbstverständlich
sollen Spenden nur entgegengenommen werden, wenn diese von den Bahá'í selbst gemacht
werden. Sie sollten sich also zuerst vergewissern, ob Miss ... wirklich eine Bahá'í ist, und erst
dann und nur dann ihre Spende für Ihren Bücherfonds annehmen.
Aus einem Brief vom 14. April 1934 in Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

Die von Ihnen erhobene Frage im Zusammenhang mit der Empfehlung der Delegierten bei
der diesjährigen Nationaltagung, eine Radiosendestation im Tempel einzurichten, berührt ein
für den Tempelfonds gültiges, grundlegendes Prinzip, das der Hüter bereits in mehreren
Mitteilungen erläutert hat. Er wünscht, daß ich nochmals betone, daß unter keinen Umständen
die Gläubigen irgendeine finanzielle Hilfe von Nicht-Bahá'í annehmen, die im
Zusammenhang mit den besonderen administrativen Tätigkeiten des Glaubens, wie etwa dem
Tempel-Baufonds oder anderen örtlichen oder nationalen Bahá'í-Verwaltungsfonds verwandt
werden sollen. Die Begründung ist eine zweifache: erstens sind die Institutionen, welche die
Bahá'í allmählich aufbauen, ihrer Natur nach Gaben Bahá'u'lláhs an die Welt; zweitens
würde das Entgegennehmen von Fonds aus den Händen von Nicht-Bahá'í für ausdrückliche
Bahá'í-Zwecke früher oder später die Bahá'í in unvorhergesehene Verwicklungen und
Schwierigkeiten mit anderen verstricken und auf diese Weise der Sache unermeßlichen
Schaden zufügen.
Aus einem Brief vom 12. Juli 1938 im Auftrag des Hüters an einen Gläubigen.

Es ist Ihnen vielleicht noch nicht bekannt, daß der Hüter in Bezug auf alle Nationalen
Geistigen Räte empfiehlt, Regeln und Vorschriften nicht zu vervielfachen und keine neuen
Verfahrensregeln zu erlassen. Wir sollten im Detail elastisch, im Grundsätzlichen unbeugsam
sein. Daher möchte er nicht, daß Ihr Rat Vorschriften bindender Natur gibt, wenn dies nicht
absolut notwendig ist. In diesem Zusammenhang will der Hüter Ihre Fragen über
Sühnemaßnahmen beantworten: Gegen den Inhalt der Punkte 1, 2 und 4 Ihres Briefes vom 4.
März ist nichts einzuwenden, dagegen ist Punkt 3 nicht richtig: lediglich mit Personen, die
durch den Hüter geistig exkommuniziert worden sind, ist es den Gläubigen untersagt,
Umgang zu pflegen, doch trifft dies nicht auf solche zu, die durch Entzug der Wahlrechte
bestraft sind. Da Spenden zu Bahá'í-Fonds zur Unterstützung der Verwaltung des Glaubens

dienen, sollten sie von jenen, denen das Wahlrecht entzogen wurde, nicht entgegengenommen
werden; andererseits soll ihnen die Beerdigung auf einem Bahá'í-Friedhof nicht verwehrt
werden, ebensowenig wie materielle Hilfe, die wir ja selbst Nicht-Bahá'í gewähren.
Aus einem Brief vom 8. Mai 1947 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat von
Indien.

Jeder Bahá'í, ob Erwachsener oder Kind, kann für die Fonds der Sache spenden. Zu diesem
Thema bedarf es keiner Erläuterung Bahá'í-Kinder haben immer und überall für die Sache
gespendet. Es ist Sache des Lehrers einer auch von Nicht-Bahá'í besuchten Klasse, eventuell
entstehende Situationen in diesem Zusammenhang zu klären. Eine feste Regel soll für solche
Dinge nicht aufgestellt werden.
Aus einem Brief vom 12. Februar 1949 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat
der Vereinigten Staaten.

Hinsichtlich des Vermächtnisses des Herrn ... an den Tempel: Ihr Rat sollte seiner Witwe
mitteilen, daß wir dieses Geld nicht für unsere Zwecke verwenden können, da Herr ... nicht
Bahá'í war und wir unseren Glauben und unsere Einrichtungen als unser freiwilliges
Geschenk an die Menschheit betrachten. Sie können jedoch, und sollten sogar den Betrag für
Wohltätigkeitszwecke annehmen und ihn in seinem Namen ausgeben.
Aus einem Brief vom 5. Juli 1950 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat der
Vereinigten Staaten; vgl. Bahá'í-News Nr. 256, S. 2.

Was die Frage der Bahá'í-Schule in Indien anbelangt: da diese Einrichtung sowohl zum
Wohle der Bahá'í als auch anderer Gruppen, die ihre Kinder dorthin schicken, von Bahá'í
betrieben wird, sieht der Hüter keinen Grund, warum bei einem Schulkonzert vom
anwesenden Publikum nicht Spenden entgegengenommen und diese für die Schule verwendet
werden sollten. Dies ist nicht das gleiche wie ein Bazar, bei dem der Erlös der verkauften
Sachen ausschließlich dem Bahá'í-Fonds zugeht.
Aus einem Brief vom 30. Juni 1952 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat der
Vereinigten Staaten.

Zur Frage, ob Spenden von Personen, denen das Wahlrecht entzogen wurde, angenommen
werden dürfen, sagt der Hüter, daß dies nicht gestattet sei.
Aus einem Brief vom 21. Juni 1953 im Auftrag des Hüters an den Nationalen Geistigen Rat von
Indien.

Vielen Dank für den Bericht, den Sie Ihrem den Fonds betreffenden Brief anschlossen. In
diesem Zusammenhang möchte der Hüter Ihre Frage über den Treuhandfonds des ...
beantworten: wir können kein Geld von Nicht-Bahá'í für die Sache annehmen. Wenn die
Familie von ... in ihrem Namen einen solchen Fonds gründen will (und gewiß gebührt einer
solchen Absicht höchstes Lob), müssen noch zu ihren Lebzeiten Schritte unternommen
werden, um den Fonds als Eigentum von ... eintragen zu lassen, andernfalls kann die Sache
das Geld lediglich für Wohltätigkeitszwecke sowohl für Bahá'í als auch Nicht-Bahá'í
annehmen und verwenden.
Aus einem Brief vom 4. Oktober 1956 im Auftrag des Hüters.

EINIGE GEDANKEN ÜBER DAS GEBEN
von Rúhiyyih Khanum

Was jeden, der die Bahá'í-Religion unvoreingenommen betrachtet, am meisten erstaunt, ist
nicht nur die Tatsache, daß es hier ein Glaube für sein größtes Vorrecht hält, die Welt zu
beschenken, sondern daß er tatsächlich auch seine erhabenen Gedanken in der Praxis
verwirklicht. Wir Bahá'í geben nicht nur unsere geistigen Lehren, unsere Grundsätze, unsere
einzigartige Weltordnung, die nach unserer festen Überzeugung allein die Gewähr für
internationale Sicherheit, ständigen Frieden und universale Brüderschaft zu bieten vermag,
sondern auch die Vorteile unserer Einrichtungen und das Vorrecht, unsere heiligen Stätten
und Andachtshäuser zu besuchen und darin zu beten, völlig frei an alle, die deren Nutzen und
Segen suchen. Und nicht nur, daß wir geben, nein, wir weisen darüber hinaus auch jede Hilfe
von allen, die nicht Bahá'í sind, zurück. Man könnte mit Recht sagen, daß Bahá'í zu sein, im
vollsten Sinne des Wortes bedeutet, ein Geber, ein Wohltäter seiner Mitmenschen zu sein.
Es gibt Religionen, deren Zugehörigkeit man nur dadurch erwerben kann, daß man
hineingeboren wird. Aber ich bezweifle, ob derartige Gemeinschaften sich weigern würden,
von einem wohlgesinnten Nichtmitglied eine Spende anzunehmen. Wir dagegen öffnen
unsere Arme und Türen jedem menschlichen Wesen. Weder seine Farbe, seine Klasse, sein
Glaubensbekenntnis, noch seine niedere oder hohe Stellung kann ihn je aus unserer Mitte
ausschließen aber sein Geld werden wir nie annehmen, um unsere Gaben für die Welt zu
finanzieren, ehe er nicht einer der unsrigen geworden ist. Innerhalb des Glaubens herrscht für
jeden erklärten Anhänger gleichfalls eine ungewöhnliche Einstellung hinsichtlich der Frage
der Finanzen (denn Gelder benötigt er wie jedes andere Unternehmen): kein Bahá'í ist
rechtlich verpflichtet, für den Glauben etwas zu spenden. Es gibt keine Eintrittsgelder, keine
Abgaben, keine Kollekten. Es steht ihm frei, für den Fonds zu geben oder nicht, wie es ihm
gerade gefällt. Alle Vorteile, die der Glaube bietet, erhält er völlig frei. Die Veranstaltungen
seiner örtlichen Gemeinde, die Leistungen seines Nationalen Geistigen Rates und aller sie
unterstützenden Ausschüsse, die einen Teil der Verwaltungsordnung ausmachen, stehen
umsonst zu seiner Verfügung. Er zahlt niemals für die Bahá'í-Nachrichten, für Programme,
für die wegweisenden Botschaften, die er vom Hüter des Glaubens empfängt. Er wird durch
seine Glaubensgenossen liebevoll getraut und liebevoll begraben, ohne daß Gebühren damit
verbunden wären. Er nimmt an den Versammlungen teil, an den Veranstaltungen
verschiedener Schulen und Tagungen, ohne daß eine Gebühr für solche Teilnahmen erhoben
wird. Sein Haus der Andacht gehört ihm, und keine Sammelbüchse wird herumgereicht, keine
Gabenforderungen werden an ihn gerichtet. Er kann als Bahá'í geboren werden und als Bahá'í
sterben, ohne für den Glauben, der ihn schützt und pflegt, jemals einen Pfennig gespendet zu
haben. Ich glaube, es dürfte schwierig sein, in der Welt irgendeine Glaubensrichtung zu
finden, die ihre Mitglieder in gleicher Weise behandelt.
Andererseits hat ein Glaube, der in den Augen des klugen Materialisten seinen ausgedehnten,
weltweiten Organisationen eine träumerische und unwirkliche Art des Wirkens zu erlauben
scheint, sehr nachdrückliche Lehren bezüglich der rauhen Wirklichkeit Geld.
Unsere Lehren legen dem einzelnen Bahá'í keinen Zwang auf, aber sie sind anschaulich,
einzigartig und tief im Bezug auf die Frage des Gebens: du mußt nicht geben, wenn du nicht
willst, du bist frei, aber wenn du dich entschließt, für das Werk der heiligen Sache zu spenden
um ihr zu ermöglichen, daß sie der ganzen Welt ihr Licht bringt so bringst du das geistige
Getriebe in Gang, denn, so lehrt uns Bahá'u'lláh: Geben ist Empfangen. Man sollte wie ein
Springquell sein, der die kostbaren Wasser sprudeln läßt und sich von einer höheren Quelle
wieder aufgefüllt sieht. Geben, richtig begriffen, heißt, sich selbst eine Gunst zu erweisen.
Gott, der Allbesitzende, in Seinem Wesen reiche, im höchsten Sinne des Wortes väterliche,
freigebige, immerwährende Geber, erlaubt uns tatsächlich niemals, Ihm etwas dafür zu geben.
Jeder Gebärde des Gebens, die wir Ihm erzeigen selbst wenn wir unser Leben für Ihn geben

erwidert Er tausendfach mit Seinem faßbaren und unfaßbaren Segen, mit dem Er uns
überschüttet. Er kann niemals in unserer Schuld sein ewig sind wir in Seiner Schuld. Die
Freude des Gebens scheint eine der Freuden des Schöpfers zu sein, die Er eigens Sich selbst
vorbehalten hat. Unsere Freude des Gebens muß immer ein, wenn auch nur schwaches, Echo
Seiner Freude sein, ein Zeichen, ein Symbol des Wertes, den Er selbst dem Geben
beigemessen hat.
Wir wissen, daß es ein Gefühl von Glück und Befriedigung bereitet, wenn wir einem Freund
eine Gabe schenken, und fühlen, daß sie gern genommen und auch wirklich benötigt worden
ist. Was anders fühlen wir, wenn wir etwas für die Sache Gottes geben? Dieses Geld,
gleichviel ob wenig oder mehr, ist wirklich wohl gespendet, denn es ist unparteiisch und
selbstlos gegeben. Es flutet hinaus, um der Welt Gutes zu erbringen, indem es dem Glauben
ermöglicht, sein Werk weiterzutragen, seine Pläne zu verwirklichen, sein Schrifttum zu
veröffentlichen und seine Bauten zu errichten, die Leuchtfeuer des Idealismus für eine
verzweifelnde Menschheit sind.
Ich glaube, daß in der Theorie jeder Bahá'í aufrichtig wünscht, er könnte der Sache, die
seinem Herzen so teuer ist, ein gewisses Maß finanzieller Beihilfe zukommen lassen, und
viele Jahre hindurch habe ich versucht, die Antwort auf die Frage zu finden, warum nicht
jeder von uns immer gibt. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß es eine ganze Anzahl von
Gründen gibt: Zunächst glaube ich nicht, daß irgendwo ein Bahá'í wirklich nicht zu geben
wünscht. Menschen dieser Mentalität werden nicht Bahá'í, nur Gebende werden Bahá'í,
Menschen, die sich danach sehnen, auf irgendeinem Wege das Los der Menschen zu
erleichtern, die Gott näher zu kommen streben, um ihre Herzen darzubringen und eine bessere
Welt zu errichten. Obgleich viel Eigennutz dadurch befriedigt wird, daß man Bahá'í wird, und
jeder dabei das findet, wonach sich seine Seele gesehnt hat, nämlich ein neues und reiferes
Glücklichsein, eine Atmosphäre von Duldsamkeit und Freundschaft sowie eine Stetigkeit und
Zielsetzung im Leben, so sind doch diejenigen wahre Gebende im eigentlichen Sinne des
Wortes, die den Glauben annehmen. Sie sind auch bereit, so manche Schwäche, manche
schlechte Gewohnheit, viele vorgefaßte Meinungen und Vorurteile aufzugeben, um Bahá'í zu
werden. Nein, Bahá'í sind keine festgefahrenen, geizigen Menschen weit, weit entfernt
davon!
Aber, so wie ich es sehe, sind wir, oder jedenfalls die meisten von uns, nicht sehr methodisch
und ausgeglichen in der Art, wie wir die Dinge tun (ich möchte sagen, daß ich das oft bei mir
selbst empfunden habe). Da von uns Einzelnen nie eine bestimmte Summe verlangt wird, da
wir niemals direkt um Geld angegangen werden, da uns kein Formblatt übergeben wird, das
wir auszufüllen haben, sind wir ein wenig im ungewissen, wann und wie wir geben sollen.
Wie beneide ich die Menschen, die alles in einem Haushaltsplan eingeordnet haben, bei denen
in diesem Plan auch ein großer oder kleiner Betrag für den Fonds eingesetzt ist und der Fonds
ihn tatsächlich erhält! Ich glaube, daß dies die richtige Art zu handeln ist. Aber ich habe es nie
getan. Ich kann mich nicht erinnern, daß ich als Mädchen außer bei einer Gelegenheit jemals
etwas an den Nationalen Bahá'í-Fonds geschickt habe. Bei Neunzehntagefesten gab ich, aber
in völlig unbestimmter Art, einfach einen Betrag, soviel ich gerade in meiner Geldbörse fand,
sozusagen spontan, an den Rechner. Es kam mir fast nie in den Sinn, daß ich eine moralische
Verantwortung habe und was ich dieserhalb zu tun gedächte. Auch begriff ich wirklich noch
nicht, was ich jetzt so klar erkenne, daß die kleinen Beiträge immer die Tropfen sein müssen,
die das Meer des Bahá'í-Fonds bilden. Einige sehr aufopfernde oder sehr wohlhabende
Gläubige mögen hie und da eine Flut bewirken, die das Werk über Krisen hinwegträgt oder
ein großes Projekt schlagartig vorwärtstreibt, aber solche Ergüsse dürfen niemals als die
eigentliche Quelle der Bahá'í-Gelder betrachtet werden: die Quelle, die geistige wie die
finanzielle, sollte jeder einzelne Gläubige sein.
Neben dieser ungeordneten Art, sich zu keinen regelmäßigen Beiträgen aufzuraffen, ist noch
ein anderer Grund, warum so viele Bahá'í nicht geben: weil sie so wenig zu geben haben. Ich

weiß, daß dies zutrifft, denn es gibt viele, die meinen, weil sie nur Pfennige und keine Mark
geben können, daß das zu wenig sei. Sie schämen sich vielleicht, oder sind entmutigt, weil der
Beitrag, den sie wirklich aufzubringen vermöchten, so klein sein würde. Aber das ist nicht
richtig. Ich bin sicher, je weniger du hast, und doch aus deinem mageren Beutel gibst, desto
kostbarer wird es vor Gott, und desto größer auch für unseren Glauben sein, denn solches
Geld ist sicherlich gesegnet. Weil es wenig ist und von jemandem kommt, dessen Mittel
beschränkt sind, ist es ein Zeichen wahrer Liebe und Ergebenheit, das kostbare Schärflein der
armen Witwe.221
Dieses Wort ,,Schärflein" erinnert mich an eine Bahá'í aus Chicago. Sie ist tot, aber sicher
wird sich mancher erinnern, wen ich meine. Sie wohnte allein in einem Armenviertel der
Stadt und verdiente ihren Unterhalt durch Klavierstunden. Ihr spärliches Einkommen reichte
gerade zum Leben, und sie war zart, und wie ich vermute, unterernährt. Als es an die äußere
Ausstattung des Hauses der Andacht ging, hatte sie keine Gelegenheit, etwas dafür zu
spenden. Aber dann fand sie, wie sie meiner Mutter einmal erzählte, einen Weg: sie ging zu
Fuß zu ihren Stunden anstatt, wie bis dahin, die Straßenbahn zu benutzen. Diese
Selbstaufopferung einer zarten, kränklichen Frau in mittleren Jahren scheint in keinem
Verhältnis zu der winzigen Summe zu stehen, die sie mühsam in langer Zeit zusammensparen
und dem Tempelfonds übersenden konnte. Mag jemand bezweifeln, wie sehr die Spende
dieser Gläubigen zu einem geistigen Segen beigetragen hat, der von unserem Tempel
ausgeht? Oft sagen wir: ,,Es kommt nicht darauf an, was man tut, sondern wie man es tut",
oder ,,Es kommt nicht darauf an, was man sagt, sondern wie man es sagt". Und genauso wahr
ist auch der Satz: ,,Es kommt nicht darauf an, was man gibt, sondern wie man es gibt."
Ein weiterer Grund, der manche am Geben hindert, liegt, wie ich meine, in der, sagen wir,
ganz persönlichen Art, den Dingen näher zu kommen. Ich weiß, daß ich ganz genauso
reagiere. Wenn ich mit einer Sache Fühlung bekomme und sie meine Gedanken anregt, so
bringe ich ihr wirkliches Interesse entgegen, während mich etwas Alltägliches nicht so leicht
berührt. Ich vermute, daß es sehr vielen darin ebenso geht. So ist zum Beispiel das einzige,
was ich je für den Tempel eingesandt habe, ein Betrag gewesen, den ich einmal zum
Geburtstag erhielt und den ich für den Ausbau der Kuppel gab. Ich sah deutlich das wie ein
Spitzenmuster wirkende Stückchen vor mir, das wohl mit diesem Gelde hergestellt war, oder
wenigstens glaubte ich, daß es so sei, und das gab mir einen gewaltigen Ansporn.
Ich brauche wohl kaum zu betonen, daß mir diese Haltung ziemlich unreif vorkommt, aber
vielleicht geht es anderen damit genauso. Ich frage mich oft, wenn ich in den Bahá'í-
Nachrichten die allgemeinen Aufrufe zum Spenden lese, die so weit gehen, wie es sich eine
Bahá'í-Instanz noch erlauben kann, ohne den Geist der Freiwilligkeit des Gebens zu
verletzen, ob diese Aufrufe in ihrer so unpersönlichen und allgemein gehaltenen Art
Menschen von ähnlicher Denkart wie der meinen den nötigen Ruck zu geben vermögen.
Wir wissen, daß jeder Pionier den Nationalfonds, sagen wir, wenigstens 1 200 Dollar jährlich
kostet. Die meisten Freunde könnten es sich natürlich nicht leisten, den ganzen Aufwand für
einen Pionier zu tragen. Aber wenn man sie fragen würde: ,,Kannst du ein Viertel von einem
Pionier bestreiten?", so würde ihnen vielleicht bewußt werden, daß ein Viertel dieses
kostbaren Pioniers, der in Chile, Alaska, Nebraska oder Luxemburg arbeitet, historische
Aufgaben erfüllen kann. Oder warum könnte sich nicht eine kleine Gruppe von Gläubigen
zusammentun und sagen: ,,Wir sechs oder acht wollen einen eigenen Bahá'í-Lehrer
aussenden. Wir wollen uns verpflichten, monatlich hundert Dollar aufzubringen, und bitten,
daß sie für einen Pionier verwendet werden, der nach Europa oder sonstwohin verreist!" Ich
sehe gar keinen Grund, warum sie nicht erfahren sollten, wem ihr Beitrag zukommt, und
warum sie dann nicht mit Interesse, wenn auch natürlich ohne dreinzureden, das Wirken ihres
,,Abgeordneten" verfolgen könnten. Bahá'u'lláh hat klipp und klar festgelegt, daß derjenige,


221Vergleiche Markus 12:42

der selbst nicht lehren kann, einen anderen an seiner Statt bestimmen soll, diese Offenbarung
zu verkünden.222
Und genauso könnte es sein, wenn das Innere des Tempels fertiggestellt wird: ein Fenster, ein
Bogen oder ein Stück der Innenkuppel ließe sich auf einen Einheitspreis berechnen. Warum
sollte dann nicht ein einzelner Bahá'í oder eine Gemeinde oder eine Anzahl Freunde
zusammen ein Stück vom Tempel finanzieren? Sie müssen natürlich nicht gerade erwarten,
daß ihre Namen in das mit ihrem Geld gebaute Stück gemeißelt werden, aber sie hätten doch
die Gewißheit, daß sie es zuwegegebracht haben. Ich gebe zu, daß dieser Vorschlag vielleicht
die unreife Seite des Menschen anspricht. Aber die Kassen der Sache müssen flüssig sein,
wenn die Arbeit reibungslos weitergehen soll. Und manche Gemüter werden dabei dem
meinen gleichen, das viel schneller begreift, wenn jemand sagt: ,,Siehst du dort das Sechs-
Meter-Rohr? Glaubst du, daß du es in die Wasserleitung einbauen kannst?" Anstatt daß es
heißt: ,,Geliebte Freunde, wir werden keine Ernte haben, wenn wir nicht mehr Wasser haben."
In unserem Glauben ist Raum für die verschiedenartigsten Menschen, und wir haben mit allen
zu tun, und müssen sie alle anregen können. Jeder Gläubige hat seinen besonderen Grund, der
ihn am Spenden hindert, und es sollte sich meiner Meinung nach für jeden eine besondere Art
finden lassen, um dem abzuhelfen. Weil nun aber niemand einen anderen Bahá'í in der Weise
angehen darf, daß er ihn fragt: ,,Wo ist dein Beitrag?", soll man zwar ganz allgemein, aber
doch in einer Art an alle herantreten, die den verschiedenen Eigenarten Rechnung trägt. Die
örtlichen und nationalen Amtsträger unserer Sache müssen den Gläubigen einen Weg zeigen.
Viele Gläubige können ihn ohne Hilfe finden, aber andere brauchen und begrüßen sie.
Man kann die Bahá'í, die spenden, in eine Reihe von Arten einteilen: die klugen,
gewissenhaften, geschäftstüchtigen Seelen, die regelmäßig spenden und das Rückgrat des
Bahá'í-Fonds sind, dann diejenigen Gott segne sie die die Mittel und mit den Mitteln auch
die Weisheit und die Großherzigkeit besitzen, um die Schätze dieser Welt dorthin zu geben,
wo sie am besten nützen können. Sie sind es, die so oft die Situation zu retten pflegen, sie
haben uns über so manche Krise hinweggeholfen. Das sind ferner jene, deren Herz so ganz in
unserem Erlösungswerk aufgeht, daß sie den Glauben zum Erben machen, sowie diejenigen,
die geben sollten und auch geben möchten, die sich aber nie ganz dazu aufraffen können, und
schließlich die, die meinen, daß ihr Beitrag zu klein sei, um des Gebens wert zu sein. Diese
letzten sollten auf alle Fälle diesen gesegneten Beweis des Opfers und der Einheit darbringen,
auch wenn es nur fünf Pfennig in der Woche sind.
Wir alle sind Wanderer auf der Straße des Lebens. Manche von uns sind erheblich weiter
fortgeschritten als andere, aber jeder wahre Bahá'í muß Fortschritte machen, große oder
kleine, je nachdem, wie er sich bemüht. In dieser Welt sein, aber nicht von ihr zu sein,
dankbar zu sein, wenn wir etwas haben, und geduldig, wenn wir nichts haben; sich der Güter
dieser Welt zu erfreuen, wenn wir sie antreffen, aber nicht sein Herz daran hängen das ist
der Bahá'í-Maßstab. Die höchste Erfahrung, die wir machen dürfen, ist in der Tat die, daß die
Welt nur eine Handvoll Staub ist, eine Schlinge und ein Trugbild, ein Traum, der vergeht und
uns in die Welt der ewigen Wirklichkeiten entläßt. Aber es scheint nicht viele Seelen zu
geben, die schon in dieser Welt zu einer so großen inneren Höhe hinfinden, am wenigsten,
wenn sie noch jung sind. Und doch ist dies, wenn wir mit den Augen des Geistes sehen, das
wahre Bild. Es ist dies, was die mystischen Lehren aller Religionen, unser Glauben
eingeschlossen, uns sagen: daß nur das ewige, geistige Leben und seine Werte wirklich sind
und dieses Leben nur eine Schule, ein Prüffeld, aber auch kein Selbstzweck ist. Es ist
bestenfalls flüchtig und voll Trübsal und Sorgen, in die da und dort auch Freuden gemischt
sind. Aber wenn wir auch noch nicht zu dieser höchsten Stufe des Bewußtseins hingefunden
haben, so sind wir doch nicht dessen enthoben, stets zum Besseren zu streben, wie immer
unsere Entwicklungsstufe auch sein mag. Zu diesem Ringen sollte auch das Bemühen


222Vergleiche Ährenlese XCVI

kommen, unseren Teil, und sei er auch noch so klein, an der finanziellen Last des Glaubens,
den wir lieben und dem wir dienen, mitzutragen.
Oft erschüttert es mich, wie eigenartig und kurzsichtig es doch ist, daß die Menschen so
wenig an ihren Tod denken. Daß man lebt, bedeutet, daß man einmal sterben wird. Dennoch
ruhen unsere Augen zu selten auf der Pforte, die wir ,,Tod" nennen und durch die wir alle
einmal hindurchgehen müssen keiner weiß, wann.
Für uns Bahá'í bedeutet der Tod, daß wir mit unserem eigenen Bewußtsein durch diese Pforte
schreiten. Der Körper mit allen seinen Wegen, seiner Umwelt, seinen Gewohnheiten und
gottlob! auch all seinen unangenehmen Fehlern bleibt zurück. Unser wirkliches Ich geht
sozusagen in das nächste Zimmer. `Abdu'l-Bahá versichert uns, daß wir uns in jenem
nächsten Zimmer, das wir die andere Welt nennen, in dem neuen Leben, unserer selbst und
aller, die wir liebten und gekannt haben, bewußt sind. Wir werden wieder mit ihnen vereint
sein. Er sagt auch, daß die Verstorbenen über diese Welt und alles, was darin vorgeht,
unterrichtet sind. Das heißt, daß sie zurückschauen und sehen können, was sich im Leben auf
diesem Planeten, an dem sie vorher teilhatten, zuträgt, und daß sie natürlich auch darüber
nachdenken können. Was ich dabei am meisten fürchte, ist nicht so sehr, auf die Fehler
zurückschauen zu müssen, die ich hier gemacht habe (was ohnehin schon schlimm genug sein
wird!), sondern all das zu sehen, was ich ungetan ließ. Das ist für mich das wirkliche Leid,
was mir bevorsteht. Lange bevor wir diese Welt verlassen, schauen wir auf die bereits
gelebten Jahre zurück und bedauern die versäumten Gelegenheiten. Wieviel schlimmer muß
es dann für uns sein, wenn wir von einer höheren und klareren Bewußtseinsstufe aus
zurückschauen und die vielen Möglichkeiten sehen, die in unserer Hand gelegen haben, aber
von uns aus Eigennutz, Halsstarrigkeit, Faulheit oder Leichtfertigkeit nicht ausgenützt worden
sind. Und ich glaube, daß uns leicht ein erschütterndes Bedauern ankommen könnte, wenn
einmal das Leben auf dieser vergänglichen Welt wie ein Panorama vor uns ausgebreitet ist
und wir nicht stärker zur Arbeit für unsere Sache und unseren tausenderlei Möglichkeiten
beigetragen haben, zu denen auch größere finanzielle Beihilfe gehört.
Ich frage mich seit mehr als zwanzig Jahren, wie wohl einem Bahá'í-Ehepaar, das ich kannte
und das keine Nachkommen, aber ein beträchtliches Vermögen hinterließ, es jetzt empfindet,
daß es unserer Sache keinen einzigen Pfennig vermacht, sondern sein ganzes Geld
Verwandten hinterlassen hat, die ihrerseits bereits sehr vermögend waren. Ich bin mir
selbstverständlich darüber klar, daß dies nicht meine Angelegenheit ist, aber ich muß immer
wieder darüber nachdenken, wie ihnen wohl zumute gewesen sein mag, als sie, wie ich hoffe,
ruhig auf diese Welt zurückgeschaut und klarer, als sie es in ihrem Erdenleben vermocht,
erkannt haben, was unsere Sache bedeutet, wie weit sie sich seit ihrem Hinscheiden
ausgebreitet hat und wieviel Gutes jeder Bahá'í-Dollar wirkt. Ich glaube, daß sie sich sehr
danach sehnen werden, noch einmal eine Gelegenheit zu haben.
Wir wissen, daß Bahá'u'lláh den Menschen freigestellt hat, wie sie ihr Testament machen
wollen, daß er uns einschärft, wie wichtig es ist, daß wir eines machen, und daß Er im Buche
Aqdas eine detaillierte, automatisch in Kraft tretende Erbfolge für diejenigen niedergelegt hat,
die ohne eigenes Testament sterben. Niemand sollte je die unverletzliche Freiheit des
einzelnen in dieser Angelegenheit verletzen, die von der Manifestation Gottes selbst geschützt
ist. Alles, was ich sagen möchte, ist, daß Bahá'í im Denken und Handeln reif sein und nicht
achtlos und verantwortungslos durchs Leben gleiten sollten. Sie sollten sich entscheiden, ob
sie für die Sache geben wollen, und dann die Entscheidung im vollen Bewußtsein, frei zu
sein, nach reiflicher Überlegung durchführen.
Es gibt viele herrliche und tiefe Lehren in unserem Glauben. Eine davon, die nur allzuoft
übersehen wird, ist die, daß wir uns durch Beten wandeln können. Es ist natürlich klar, daß
auch der Wunsch und Wille zur Wandlung da sein muß, weil ein bloßes Herunterplappern von
Worten nicht genügt. Aber wir haben die Versicherung, daß wir uns wandeln können, wenn
wir aufrichtig darum bitten. Wir können durch Beten unseren Charakter ändern, ja

vollkommen umändern, und die meisten Übelstände der heutigen Welt rühren von den
schlechten Eigenschaften der Menschen her, die sie bevölkern. Wir sollten uns an dieses
starke Seil des Gebetes halten und uns daran emporziehen. Jeder von uns hat gute
Eigenschaften, und jeder hat auch einige schlechte. Dazwischen gibt es alle möglichen
Kombinationen: großzügige Lästermäuler, tugendvolle Geizhälse, unmoralische Wohltäter
und reine und aufrechte Seelen, die unbarmherzig und unduldsam sind. Wir müssen in uns
selbst hineinschauen und weise und ehrlich genug sein, um unsere Fehler, unsere Schwächen
zu erkennen, und dann Gott inbrünstig bitten, sie durch die entsprechenden Tugenden zu
ersetzen. Das heißt: wer niedrig gesinnt ist, muß beten und danach streben, edler zu werden;
wer unkeusch ist, keusch zu werden; wer unduldsam ist, duldsam zu werden; wer geizig ist,
freigebig zu werden, und so fort.
Wir sehen darum, daß wir durch Beten wirklich der Sache mehr geben können. Wir brauchen
nicht nur um reichere Mittel zu beten, um dadurch mehr für die Sache spenden zu können,
sondern wir können auch darum bitten, daß sich diejenigen Eigenschaften unseres Charakters,
die uns am Geben hindern, sei es die Furcht vor der Zukunft, Gier, Sorge, Eigennutz oder
Genußsucht, ins Gegenteil verkehren und zu Gottvertrauen, Großzügigkeit, Selbstlosigkeit
und Opferbereitschaft werden.
Unsere Sache braucht finanzielle Hilfe. Wir haben keine Entschuldigung, sie nicht zu geben.
Wie klein der Beitrag auch sei, die Pflicht und das Vorrecht, zu geben, ruhen breit auf den
Schultern jedes einzelnen Bahá'í. Ich sage ausdrücklich: wie klein der Beitrag auch sei, denn
es handelt sich bei der Frage des Gebens nicht so sehr darum, daß wir an Reichtümer, als
vielmehr darum, daß wir an die Einheit denken. Dies ist unsere Sache, dies ist das Meer, das
uns mit seinem heilenden Wasser gesegnet hat, und in dieses Meer sollten Zeichen unserer
Liebe zurückfließen, wie unendlich klein sie auch seien, etwas Greifbares, was ihm die
Möglichkeit gibt, immer weiter zu wogen, andere Seelen zu ergreifen und sie mit den
Wassern ewigen Lebens zu erquicken, wie es uns erquickt hat.


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