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Glänzender Beweis
Geschrieben am 28. Dezember 1911 in Syrien von
Mirza Abul Fazl Gulpaygan
Herausgegeben von der
Bahá’í Vereinigung Zuffenhausen
(Ab Seite 20)

...Als vierten und wichtigsten Punkt führt er (Peter Z. Easton) an: „Welch’ neues Gebot enthält die Bahá’í-
Religion, das im Christentum fehlt?“
Obgleich diese Frage etwas unbegreifliches ist und von einer Person nicht vollständig verstanden werden
kann, sofern sie in den Büchern dieser zwei Religionen nicht gut bewandert ist, so wollen wir diese Frage
doch derart deutlich auslegen, daß sie von jedermann leicht verstanden werden kann, und wir wollen die
hauptsächlichsten, charakteristischen Züge dieser großen Bewegung erläutern und die Notwendigkeit dieser
Höchstheiligen Offenbarung für die Stärkung und den Aufbau der Welt beweisen. So mögen unparteiische
Menschen Einsicht bekommen und jeder rechtlich Denkende möge seine Dankesbezeigungen für diese gro-
ße Gnadenerteilung Gottes, des Glorreichen, darbringen.

Es ist für jeden denkenden Menschen klar, daß die Menschheit Vollkommenheit erreichen wird und daß
Glück und Wohlergehen, welche der Wunsch der Nationen und das Ziel aller Herzen sind, sicher kommen
werden, sobald die religiösen Unterschiede und Einteilungen, die die Ursache der Abneigung und Entfrem-
dung der Menschen sind und alle Trennungen und Spaltungen, die mit der Verschiedenheit der Rasse, des
Vaterlandes, der Politik usw. zusammenhängen, bei den Menschen aufgehoben sind. So mögen die Men-
schen wie Brüder werden, die sich gegenseitig lieben und gütig zueinander sind. Diese schrecklichen Kriege,
welche die größten Katastrophen der Menschheit und Zivilisation sind, werden verschwinden. Die ungeheu-
ren Summen, deren Ausgabe unzweifelhaft die Verarmung der Menschen und die Zerstörung der Welt ver-
ursacht, werden nicht länger mehr zum Zwecke der Zerstörung und für höllische Maschinen aufgeopfert wer-
den. Diese Frage ist so klar und einleuchtend, daß auch der beschränkteste Mensch sich darüber ein Urteil
bilden kann. Überdies ist dieses Zustandekommen durch die göttlichen Frohen Botschaften bestätigt und
durch himmlische Prophezeiungen erhärtet worden. Denn die himmlischen Bücher enthalten deutliche Anga-
ben, daß an dem „großen Tage“, der verschiedentlich benannt ist, wie der „der letzte Tag“, „die Zeit des En-
des“, „der jüngste Tag“, „der Tag Gottes“ usw., der glorreiche Herr herabsteigen wird und alle Nationen ver-
einigen wird in der Verehrung des einen Gottes. Er wird allen Menschen derart hohe und geistige Eigen-
schaften anerziehen, daß Krieg und Streit ausgerottet sein werden, daß Groll und Haß durch Eintracht und
Frieden ersetzt sein werden und daß alle Werkzeuge des Krieges in Geräte für die Landwirtschaft und den
Handel umgewandelt werden. Dies ist eine kurze Angabe der Verheißungen der Propheten, bezüglich des
„letzten Tages“.

Es ist selbstverständlich, daß alle Nationen das anbrechen eines solchen Tages und das Kommen einer
solch großen Bewegung erwarten und ersehnen; noch mehr, sie beten und flehen zu Gott um dessen baldige
Ankunft.
Aber die größten Hindernisse bei den Völkern sind die Zeichen der Bedingungen, welche mit dieser hehren
Offenbarung und diesem versprochenen Tag erscheinen sollen; denn alle Offenbarer Gottes und alle Religi-
onsgründer vergangener Zeiten haben die Zeichen dieses großen Ereignisses in ihren bemerkenswerten
Büchern erwähnt und in ihren Äußerungen nachdrücklich und deutlich klargelegt. Aber jeder Prophet, wel-
cher erschien, beurkundete eben die gleichen Zeichen, welche von seinem Vorgänger erwähnt wurden und
wiederholte dieselben Worte, jedoch ohne die Bedeutung jener Zeichen und Zustände zu erklären oder seine
Zuhörer mit diesen bekannt zu machen. Betrachtet z.B. wie vor Tausenden von Jahren Seine Heiligkeit Mose
und die israelitischen Propheten dem Volk frohe Botschaften verkündeten vom Kommen des Herrn der
Heerscharen, der alle in der Verehrung des Einen Gottes einigen und vereinigen werde. Unter den von ihnen
angekündigten Zeichen bezüglich des Tages Seines Kommens befinden sich folgende:

1. Das Aufrollen der Himmel
2. wird verfinstert werden.
3. Der Mond wird sein Licht nicht Die Sonne spenden
4. Die Sterne werden vom Himmel fallen.
5. Die Toten werden von ihren Gräbern auferstehen
6. Die wilden Tiere werden im Frieden leben mit den Tieren auf der Weide
7. Sie werden dieselbe Weide und Nahrung benützen.
8. Die Kinder werden mit giftigen Schlangen spielen
9. Das Volk Israel, das in jenen Tagen in allen Nationen des Ostens und Westens zerstreut sein wird und
gedemütigt worden ist, wird wieder gesammelt sein durch den Herrn der Heerscharen, der sie in ihr ver-
heißenes Land einsetzen und ihnen ewigen Ruhm und immerwährende Herrschaft verleihen wird.

Dies sind in gedrängter Kürze einige der Prophezeiungen, die alle israelitischen Propheten ihrem Volk ver-
kündigten und in ihren Büchern weissagten. Sie sprachen sich jedoch nicht darüber aus, ob diese Verspre-
chungen buchstäblich, nicht sinnbildlich und ohne Auslegung zu nehmen sind oder ob der Text sinnbildlich
ausgelegt werden soll.

Fünfzehnhundert Jahre nach der Zeit Seiner Heiligkeit Mose wurden ganz dieselben Verheißungen und Zei-
chen durch Seine Heiligkeit Christus - auf Ihm sei die Herrlichkeit - geoffenbart! Betrachtet den 29. - 31. Vers
des 24. Kapitels Matthäus und den 10. Und 11. Vers im 3. Kapitel der 2. Epistel des Apostels Petrus, damit
ihr die Erwähnung dieser Verheißungen und Zeichen mit absoluter Klarheit bezeugen könnt. Gleicherweise
beschränkten sich Seine Heiligkeit Christus und Seine Jünger auf die bloße Erwähnung dieser Zeichen, wie
dies durch die israelitischen Propheten geschehen war, und unternahmen es nicht, ihre Bedeutung zu erklä-
ren. Späterhin stimmten die christlichen Gelehrten in der Auslegung dieser heiligen Bücher nicht überein.
Einige sagten, daß diese Versprechungen buchstäblich gemeint und deshalb äußerlich in Erfüllung gehen
müssen und nicht Gegenstand der Auslegung seien. Wieder andere stellten fest, daß diese Versprechungen
bildlich gemeint und deshalb äußerlich in Erfüllung gehen müssen und nicht Gegenstand der Auslegung sei-
en. Wieder andere stellten fest, daß diese Versprechungen bildlich seien und daß ihr Wortlaut der Auslegung
bedürfe, damit ihre wirkliche Bedeutung dadurch klar werden möge; d.h. daß das Siegel des Buches in den
„letzten Tagen“ entfernt werden wird. Sechshundert Jahre nach Seiner Heiligkeit Christus verkündete das
„Siegel der Propheten“ Mohammed, Seine Mission und ganz dieselben Verheißungen wurden wieder im Ko-
ran geoffenbart. Dieselben Bedingungen und Zeichen wurden abermals wiederholt. Aber auch der Koran gab
keine Erläuterungen über die Bedeutung und Absicht dieser Prophezeiungen, auch ist in ihm nicht festge-
setzt ob sie sinnbildlich zu nehmen oder Gegenstand der Auslegung sein sollten. Wenn wir in Betracht zie-
hen wollten, was festgesetzt worden ist, so werden wir überaus deutlich finden, daß die größten Hindernisse
gegen die Vereinigung der Nationen gerade diese Prophezeiungen, frohen Botschaften, Bedingungen und
Zeichen gewesen sind. Denn die verschiedenen Völker sind an einer Vereinigung verhindert worden, weil
das, was durch jene Prophezeiungen beabsichtigt war, nicht klar gelegt worden war.
Obgleich Erläuterungen zu Weitläufigkeit führen möchten, so können wir diese dennoch nicht umgehen zum
Zwecke der Belehrung und Weitererläuterung des Gegenstandes für den Leser. Nehmen wir z.B. an, ein
christlicher Missionar würde zu einem Juden sagen: „Lieber Freund, weshalb schläfst du und bist unacht-
sam? Der verheißene Messias, dessen Kommen von allen Propheten vorausgesagt wurde, ist erschienen.“
Der Jude, denke ich wird antworten: Wie herrlich, wie prächtig! Welch schöne frohe Botschaften und erfreuli-
che Neuigkeiten! Wir Juden haben all unsere Wünsche von dem Kommen des Messias abhängig gemacht
und bitten täglich im Gebet um Sein Kommen! Nun, wir wollen diesen verheißenen Messias sehen, von dem
du berichtest, Er sei erschienen!“
Der christliche Missionar antwortet: „Der verheißene Messias war jener gekränkte Jüngling, Jesum von Na-
zareth, der Sein Leben für die Befreiung und Erlösung der Welt gab. Der Jude würde antworten: „O verehrter
Lehrer, bezüglich des Kommens des Messias sind in den heiligen Büchern klare Zeichen angegeben, von
denen keines zutraf. Wir Juden haben unsere Religion nicht so leicht gefunden, daß wir sie sorglos aufgeben
könnten. Sie halten sich selbst für einen Lehrer der heiligen Bücher. Betrachten Sie in den himmlischen Bü-
chern die Worte, daß zur Zeit des Kommens des verheißenen Messias die Sonne verdunkelt sein werde, der
Mond sich in Blut verwandeln, die Sterne vom Himmel fallen und die Toten auferstehen werden. Wo und
wann erfüllten sich diese Prophezeiungen während der Tage des Nazareners und wer sah sie? Lassen Sie
mich Ihnen weiter zahlreiche Stellen zeigen, in denen deutlich geoffenbart worden ist, daß, wenn der verhei-
ßene Messias erscheint, Er alle Juden die über die ganze Welt zerstreut sind, zusammenbringen wird und
sie von den großen Demütigungen, Flüchen und Unterdrückungen, welche sie erdulden, erlösen wird. Dann
wid Er sie in das heilige Land einsetzen und ihnen Herrschaft und ewigen Ruhm verleihen. Nun erzählen Sie
mir, wann erfüllte Jesus von Nazareth solche Dinge? Nein, durch Seine Offenbarung trat das Gegenteil in
Erscheinung, denn wir hatten uns im heiligen Lande niedergelassen, wurden aber durch Sein kommen zer-
streut. Wir waren geachtet, wir sind gedemütigt worden; wir waren vereinigt, wir sind zerstreut worden; wir
waren gesegnet, wir wurden mit Verwünschungen gekränkt. All dies stand im Widerspruch zu den Verhei-
ßungen, die dem israelitischen Volke gegeben sind. So würde „Jesum annehmen“ gleichbedeutend sein, mit
Verleugnung jener herrlichen Propheten.

Kurz, über diesen Punkt der Unterredung würde es dem christlichen Missionar mißlingen, dem Juden eine
Antwort zu geben. Denn er versteht die wirkliche Bedeutung dieser frohen Botschaft nicht. Wie könnte er sie
denn den Juden erklären und sie überzeugen und vergewissern? Also haben während dieser langen zeit die
Missionare der christlichen Religion versucht, den Juden eine Niederlage beizubringen und sie zu verwirren,
jedoch ohne den Weg wahren Wissens und wirklichen Beweises zu beschreiten. Anstatt sie näher zum E-
vangelium zu bringen, belästigten sie dieselben und führten sie davon weg.

Es ist auch in der Kirchengeschichte bestätigt, daß in dieser langen Zeit, d.h. seit der Bekehrung Konstantins
des Großen bis in die heutige Zeit, ebenso wie in den Tagen Karls des Großen und während der Kreuzzüge
wiederholt versucht wurde, die Juden zu zwingen, das Christentum anzunehmen, aber schließlich wurde dies
unterlassen. Hätten sie die Bedeutung dieser frohen Botschaft erkannt, so wäre es nicht nötig gewesen,
Gewalt und Zwang anzuwenden.
Ähnlich ist die Stellung der Moslimen zu den Christen. Wenn der Moslem einem Christen die Wahrheit der
Mission des „Siegels der Propheten“ zu beweisen wünscht, so verweist er den Christen auf die Zeichen, die
im 24. Kapitel Matthäus angegeben sind. Dann wird jener Mohammedaner, der deren Bedeutung nicht ver-
steht, genötigt sein, zu sagen, daß dies in den Händen der Christen befindliche Evangelium nicht das ur-
sprüngliche Evangelium ist, das durch Jesus kam - auf Ihm sei Friede! Wie sie sehen, werden die Moham-
medaner in Wort und klar beweisen, daß dieses Evangelium von den christlichen Gelehrten eingeschaltet
und daß es Seiner Heiligkeit Christus zugeschrieben worden ist. In diesem Falle wird der Christ, dem die
Wirklichkeit das Evangeliums klar und offen ist und bei dem die Liebe zu seinem Heiligen Buch fest in sei-
nem Herzen gegründet ist, bestürzt sein über die unrichtige Antwort des Muselmanns. Anstatt ein Kamerad
und Freund des Muselmanns zu werden, wird der Christ ein Feind der islamischen Religion und ein Gegner
des mohammedanischen Volkes.
Kurz, eines der größten Hindernisse für die Vereinigung der Nationen ist diese Schwierigkeit, welche in der
vorhergehenden Erläuterung angegeben worden ist. All diese verborgenen Fragen sind verwickelt und durch
die Tatsache erklärlich, daß die christlichen Missionare, weil sie die wirkliche Bedeutung der Religionsbücher,
welche vor der Offenbarung Seiner Heiligkeit Christi - auf Ihm sei der Friede - erschienen sind, nicht verstan-
den haben! Und deshalb können sie andere nicht zu ihrer eigenen Religion führen. Dies ist sonnenklar und
offenbar bewiesen.
Was die Religionen betrifft, die nach Seiner Heiligkeit Christus aufkamen, so können die Christen, da Rück-
gang und Rückschritt in Widerspruch zu natürlicher Bewegung stehen und das Gegenteil von Fortschritt und
Entwicklung bedeuten, was in irdischen Dingen sichtbar und offenbar ist, die Entwicklung nicht hemmen und
andere Menschen nicht veranlassen, von der Leiter des Fortschritts herabzusteigen, um sich mit ihnen zu
vereinigen. Der große Lord Curzon hat dies teilweise verstanden, wenn er schreibt: „Die Bekehrung der Asia-
ten zum Christentum ist erfolglos und wirkungslos.“

Nun, da dieser Gegenstand deutlich erklärt worden ist, fügen wir uns in die Tatsache, daß die gegenwärtige
Stufe des Fortschritts in der Welt abhängig ist von der Größten Offenbarung. Das erste Buch, das Bahá’u’lláh
während Seines Verweilens in Bagdad offenbarte, ist das „Kitáb-Iqán“ (Buch der Gewißheit); dieses ist der
Schlüssel zum Lösen der Siegel von den himmlischen Büchern. Es umfaßt die Wirklichkeiten (Wahrheiten),
die in der Heiligen Schrift geoffenbart sind. Durch dieses Buch wurden die Tore zum Verständnis der Worte
der Propheten für die Augen der Diener Bahás geöffnet, die wirkliche Bedeutung der „Göttlichen Frohen Bot-
schaften“ wurde geoffenbart und die Urabsichten solcher Ausdrücke, die verborgen und unbekannt waren,
wurden erklärt. Solche Ausdrücke sind: „Tod, Leben, Himmel, Erde, Sonne, Mond, Sterne, Auferstehung
usw. Auf diese Weise wurde es leichter möglich, Einigkeit zu erzielen und es wurden die Hindernisse für eine
internationale Verständigung weggeschafft. Die Anzeichen und Eigenschaften der Eintracht und Überein-
stimmung zwischen Feinden und Gegnern wurden offenbar und erkannt. Denn Sie sehen, daß, obgleich die
Bahá’í Religion erst in ihren Anfängen ist, durch sie doch schwierige Fragen und Lehrsätze (Meinungen) so
klar erklärt wurden und von verschiedenen Menschen so leicht angenommen worden sind, daß zahlreiche
Seelen unter den Zoroastern, Juden und anderen, welche weder an Seine Heiligkeit Christus als den verhei-
ßenen Herrn und sein himmlisches Buch als Göttliches Heiliges Wort. Sie verbinden und vereinigen sich mit
den Christen bei ihren Festen und Versammlungen in äußerster Liebe und Gemeinschaft.

Im Geiste äußerster Liebe und Freundschaft sei eine Frage gestellt an diesen verehrten Missionar Herrn
Peter Z. Easton, der ohne das geringste Verständnis von der Bedeutung des Königreiches Christi zu haben,
dasselbe preist: Sind diese sichtbaren Zeichen die Ursache der Gegenwart des Königreiches Christi, oder
sind es Kirchenbann, Verwünschungen, unanständige Worte, das Schreiben von erniedrigenden Artikeln in
Zeitschriften, wobei reinen und heiligen Seelen Schmähungen und Verleumdungen zugefügt werden?

Dies ist höchst verwunderlich! Wir wissen nicht, was für Herrn Easton und seine Bundesgenossen das Kö-
nigreich Christi ist und bedeutet. Hat das Königreich Christi dessen Worte zu bestätigen und auszuführen,
oder hat es das Gegenteil der Worte Christi zu beweisen und die Eigenschaften Seiner Feinde zu verkün-
den?

Seine Heiligkeit Christus sagt deutlich: „Segnet, die Euch fluchen,“ während Herr Easton und seine Gefähr-
ten die Bedeutung von „Fluchet, die Euch segnen“ ausführen.
Die Seele, welche Segen und Gnade sucht, wird von ihnen mit überaus unanständigen Worten bedacht und
sie wünschen solcher Seele Übel und Verderben. Bahá’u’lláh beweist den ungläubigen Nationen, daß Seine
Heiligkeit Christus der Sohn Gottes und das Wort Gottes war, während Herr Easton und seine Gefährten Ihn
für den Antichrist halten.
Sonderbar! Johannes, der Evangelist, der von Christus geliebte, sagt in seinem 1. Brief Kap. 2 V. 29: „wer
recht tut, der ist von ihm geboren,“ aber diese Gegner sagen: „Wer eine gerechte Tat vollbringt, ist wahrlich
ein Mörder und ein Betrüger.“ Gleicherweise sagt er in seinem 1. Brief Kap. 1, V. 23: „wer den Shn bekennet,
der hat auch den Vater“, aber sie sagen, daß einer, der nach seiner eigenen Schätzung, drei Millionen See-
len überzeugt hat und sie zum Glauben an Jesum den Sohn Gottes und daß Er das Wort Gottes ist, brachte,
der Erkenntnis des Herrn beraubt sei und keinen Teil am Wohlgeruch Gottes habe. Ist es nicht immer klar
gezeigt und vollauf bewiesen, daß wir heute, gemäß der Worte aus der Bergpredigt: „An ihren Früchten sollt
ihr sie erkennen“, die Absicht Seiner Heiligkeit Christi verstehen sollen, daß wir falschen Beschuldigungen
keine Aufmerksamkeit schenken und die Aussagen vorurteilsvoller Menschen über ihre Mitmenschen nicht
mit anhören sollen? Wir sollten hingegen die Taten jedes einzelnen als dessen richtiges Kennzeichen anse-
hen und durch diese Unparteilichkeit zwischen Wahrheit und Falschheit unterscheiden.
Kurz, wir wollen zurückkehren zu dem ursprünglichen Gegenstand, der sich auf Herrn Peter Z. Eastons Fra-
ge bezieht: „Was hat Bahá’u’lláh gebracht, das sich in der christlichen Religion nicht befände?“ Obgleich der
große Zweck der Offenbarung Bahá’u’lláhs, der darin besteht, die Geheimnisse der himmlischen Bü-
cher zu erklären, die Beseitigung der Entfremdung zwischen den Nationen zu erleichtern, Einigkeit
und Harmonie zwischen allen Teilen der Welt zu errichten, genügend Beweis für die Größe und Voll-
kommenheit der Bahá’í-Religion ist, so wollen wir, dessen ungeachtet, dennoch die Gesetze und Verordnun-
gen dieser Religion betrachten, ihre besonderen Vorzüge, und ihre Vorteile und guten Erfolge erläutern.

Erstens, ein Gebot, welches besonders ein charakteristisches Merkmal der Bahá’í-Religion ist und sich in
keiner anderen Religion befindet, ist folgendes: „Enthaltet euch des Glaubens an mündliche Überliefe-
rungen.“ Es ist den Gelehrten wohl bekannt, es daß mündliche Überlieferung war, was die Juden in zwei
große Sekten teilte. Solche Überlieferungen sind die Grundlage des Buches Talmud und waren die Ursache
der Teilung dieser einen Nation. Eine der zwei Religionsspaltungen, Rabbinim genannt, betrachtet die Lehren
des Talmud als das Gesetz, das befolgt werden muß, und legt ihm (dem Talmud) die größte Bedeutung bei
für die Erhaltung und Fortdauer des Volkes Israel. Aber die andere Sekte, Eharraim, betrachtet den Talmud
als reine Ketzerei und als Veranlassung zur Verderbnis. So können diese zwei Sekten unmöglich zur Über-
einstimmung gebracht werden oder dazu, ihre gegenseitig feindliche Gesinnung abzulegen.

In ähnlicher weise und aus demselben Anlaß entstand in der christlichen Religion, durch die mündlichen
Überlieferungen, welche als „glaubwürdig“ bezeichnet wurden, Spaltung und Trennung. Eine jede der christli-
chen Kirchen, sowohl die Katholische, als auch die Orthodoxe, die Jakobitische, die Nestorianische und an-
dere, sieht es als Pflicht an, diesen Überlieferungen, die sie von den Kirchenvätern ererbt und dokumentiert
bekommen haben, als dem wahren Text des Heiligen Buches, zu folgen.

Wenn auf irgend einem der großen Konzilien von der Vereinigung der Christen die Rede gewesen wäre, so
hätten sie sich von diesen ererbten Überlieferungen befreit, die einer Vereinigung und Einigkeit sich entge-
genstellten. Gleicherweise bestand in der Religion des Islams das Sichstützen auf diese mündlichen Überlie-
ferungen, welche auf den Gründer dieser Religion, nach dessen Tod bezug nahmen, die Ursache der Tren-
nung und Absonderung in verschiedene Hauptsekten, wie Sunniten, Schiiten und Kharajiten oder in den un-
tergeordneten Schulen der Hanositen, Malakiten, Schasiiten, Haubiliiten usw.

Eine jede dieser Sekten hält an einer Reihe von Überlieferungen fest, die ihre eigene Sekte für echt hält.

Aber Bahá’u’lláh schloß für die Menschheit dieses Tor, welches die größte Ursache der Empörung ist, denn
Er hat deutlich verkündet, „daß in der Religion Gottes alle beurkundeten Dinge sich auf das Buch be-
ziehen und alle nicht beurkundeten Dinge von der Entscheidung des Hauses der Gerechtigkeit ab-
hängen.“ So wird beim Bahá’í-Volke allen Erzählungen, Berichten und mündlichen Überlieferungen nicht
getraut und das Tor der Uneinigkeit, welches das größte Tor der Hölle ist, ist nun verschlossen und verriegelt
worden.

Zweitens: Eines der Gesetze und eine der Verordnungen, die der Bahá’í-Religion eigen sind, ist das Gesetz,
das verbietet, das Wort Gottes auszulegen. Denn die Auslegung des Wortes und die Erklärung durch per-
sönliche Meinung sind der größte Anlaß zur Uneinigkeit in den früheren Religionen, die Ursache der Verdun-
kelung des Glaubenshorizontes, und die Veranlassung zur Verschleierung der wirklichen Bedeutung des
Buches Gottes gewesen.

Es ist eine bekannte Tatsache, daß gelehrte Männer in ihren Ansichten nicht übereinstimmen und daß die
natürlichen Gaben von Scharfsinn und Intelligenz oder der Mangel an Verstand und Fassungskraft in hohem
Grade bei ihnen verschieden sind. So werden, wenn das Tor der Erklärung und Verdrehung des Wortes für
ihre persönliche Meinung geöffnet ist, sonderbare Ansichten und seltsame, widersprechende Erklärungen
hervorgehen und verschiedene Sekten werden bei dem einen Volk und aus einer religiösen Gemeinschaft
entstehen.

Folgerichtig hat Bahá’u’lláh Seinen Nachfolgern ausdrücklich befohlen, das Tor der Erklärung gänzlich zu
verlassen und den in den Tableten geoffenbarten Worten, gemäß ihrer äußeren Bedeutung, zu folgen, so
daß die Begebenheiten, welch bei früheren Nationen sich ereigneten, beim Bahá’í-Volk nicht wiederkehren
möchten und daß die unwillkommenen Ereignisse, die bei den verschiedenen Sekten, - entstanden durch
den Unterschied in der Ausdrucksweise und in den Geischtspunkten, - erschienen sind, an diesen neuen
bedeutungsvollen Tage, dem Tag des glorreichen Herrn, nicht wieder zu Tage treten möchten.

Drittens: So ist eines der ausdrücklichsten Gebote dieser Größten Offenbarung die Vorschrift, Unterschiede,
welche die Menschen trennen, abzuschaffen. Dies deshalb, weil eine der Veranlassungen zur Uneinigkeit in
der verschiedenen Ansicht der Schüler bezüglich der Stufe des Offenbarers besteht. In früheren Religionen
ist es, wie dies sogar die Geschichte zeigt, Tatsache geworden, daß, wenn in einer Frage dieser Art sich ein
Unterschied zwischen zwei Doktoren der Religion ergab, beide Teile auf ihrem Standpunkte beharrten und
ihrerseits zäh festhielten, während die Laien, wie gewöhnlich teils dem einen und teils dem anderen anhingen
und so die Tore der Übereinstimmung und Einigkeit so fest schlossen, daß religiöse Brüderlichkeit sich in
tiefe und bittere Feindschaft verwandelte und wissenschaftliche Uneinigkeit in blutigen Streit und Krieg ausar-
tete. Dies erklärt sich durch die Streitigkeiten, welche sich im vierten Jahrhundert A.D. zwischen dem Priester
Arius und dem Bischof Alexander von Konstantinopel oder die Dreieinigkeit, erhoben; desgleichen durch
Nestorianischen Streitigkeiten, welche im fünften Jahrhundert zwischen dem Bischof Nestorian von Konstan-
tinopel und den anderen Bischöfen Platz griffen und schreckliche Kriege verursachten, bei denen kostbares
Blut vergossen wurde. Die Wirkung dieser traurigen Zwistigkeiten hat bis heute angehalten. Dies sind klare
Beweise und Zeugnisse für den in Frage stehenden Gegenstand.

Die Zeit erlaubt uns nicht, der zahlreichen Sekten und Trennungen der Gnostiker und anderer zu erwähnen,
von welchen die Kirchenhistoriker mehr als dreißig aufgezählt haben und sie unter dem Ausdruck, „Ausge-
burten der Philosophie“ der Kirchengeschichte einverleibt haben. All diejenigen, die genaue Berichte wün-
schen, werden auf glaubwürdige Bücher über diesen Gegenstand verwiesen, damit sie deutlich zu sehen
vermögen, daß alle diese Trennungen und Sekten herrührten von der Uneinigkeit der Gelehrten über den
Grad und die Stufe Seiner Heiligkeit Christi, und von ihrem starren Beharren auf ihren diesbezüglichen Mei-
nungen. Ein Gegenstand des Streites der Gelehrten war eine jener schwer zu begreifenden und schwierigen
Fragen bezüglich der Stufe der Offenbarung Gottes, die sich als über die Macht menschlichen Geistes hi-
nausgehend erwies und die einen mächtigen König, wie Konstantin den Großen, zu Grunde richtete. Denn
trotzt des Beistandes und der Mitwirkung der großen Bischöfe des Ostens und Westens konnte er die ver-
schiedenen Parteien in der aryanischen Streitfrage nicht vereinigen. Nein, während dieser langen Zeit miß-
lang es der Macht örtlicher Konzilien, dem Schwerte der europäischen Mächte und dem Urteil der Ketzerge-
richt, die durch übersinnliche Erörterungen verursachten Trennung und Spaltungen wegzuräumen. Aber die
Entwirrung dieses unauflöslichen Knotens und die Heilung dieser unheilbaren Krankheit, auf die leichteste
Art, ist in der Bahá’í-Literatur angegeben, den Bahá’u’lláh hat in einem Seiner heiligen Tablete deutlich fol-
gendes geoffenbart: „ Da die Menschen in bezug auf den Grad ihres Wissens verscheiden sind, so werden,
wenn zwei Personen gefunden werden, die bezüglich des Grades und der Stufe der Offenbarung Gottes
verschiedener Ansicht sind, beide vor Gott angenommen werden, gemäß der gesegneten Verse: „Wahrlich,
wir haben Seelen erschaffen auf verschiedener Stufe“, denn Gott hat Menschen mit verschiedenem Verstand
und von verschiedener Art erschaffen. Aber, wenn jene, die verschiedene Ansichten haben, beim Erklären
ihre Ansichten in Zank und Streit geraten, so werden sie beide verworfen. Denn die Erkenntnis von der
Offenbarung Gottes haben, heißt, die Herzen vereinigen, Seelen veredeln und die Wahrheit Gottes
lehren, während Zank und Streit zwischen zwei Personen von verschiedenen Ansichten der Sache Gottes
Schaden zufügen würde. Folgerichtig werden beide dem Feuer überantwortet.“ Dies war kurz der Inhalt des
gesegneten Tablets. Demgemäß hat in dieser heiligen Sache niemand das Recht, Zwietracht zu sägen, und
aus Furcht zu fallen, wagt niemand auf seiner eigenen Meinung auf Kosten der Eintracht zu beharren.

Viertens: Unter den besonderen Gesetzen, die in der Sache Bahá’u’lláhs klar niedergelegt sind, befindet sich
das Gesetz, das „die Sklaverei verbietet.“ Davon ist in anderen Religionen nichts erwähnt. Da keines der
früheren himmlischen Bücher diesen Handel verboten hat, so konnten all’ die menschenfreundlichen Bestre-
bungen, welche die Großmächte unterstützten, um die Sklaverei abzuschaffen und zu vernichten, das ge-
wöhnliche Vok nicht abhalten von dieser abscheulichen Handlung, welche den Regierungen und Nationen
große Unruhen und Kosten verursacht hat. So bildet zum Beispiel die Befreiung der Sklaven eine der wich-
tigsten und verantwortlichsten Handlungen der ägyptischen Regierung. Dies zwingt zu einem schweren Ader-
laß des Staatsschatzes. Ferner bringt das Verhör und die Anklage jener, die dieses schändlichen Handels
schuldig befunden werden, großen Kummer über viele angesehene Familien und oft deren Untergang.

Fünftens: Unter den besonderen Gesetzen dieser großen Sache befindet sich das Gesetz, das es jedem zur
Pflicht macht, sich in einem rechtmäßigen Beruf als Mittel zum Lebensunterhalt zu betätigen und der
Gehorsam gegen dieses Gesetz wird angenommen als eine Handlung des Gebets. Wenn ein einsichti-
ger Mann über dieses wichtige Gebot nachdenkt, so wird er die großen Wohltaten bezeugen, zu denen die-
ses Gebot beiträgt, indem es die Angelegenheiten der Zivilisation ordnet und unter der menschlichen Gesell-
schaft Hindernisse und Schwierigkeiten wegschafft. Denn man sieht, wie heutzutage zahlreiche Menschen,
bezeichnet als Mönche, Einsiedler, Eremiten, religiöse Frömmler und Würdenträger und andere, mit gesun-
dem Körper und gesunden Gliedern, sich jeder Beschäftigung und jeden Berufes enthalten und Zeit in Träg-
heit und Faulheit zubringen und vom Ertrag der Arbeit anderer Menschen leben. In Wirklichkeit gleichen sol-
che Menschen abgestorbenen Gliedern am Körper der Menschheit und sind für die Gewerbetreibenden und
die Landwirte eine schwere Last. Wenn diese zahlreichen Seelen durch ein Gebot der Religion von ihrer
Faulheit und Trägheit ablassen und sich mit nützlichen Dingen beschäftigen, so wird sich wohl verwirklichen
lassen, wie viel dies dann zum Gemeinwohl beitragen und Schwierigkeiten des Staates beseitigen wird.

Sechstens: Das Gesetz, das die Erziehung der Kinder beiderlei Geschlechts zur Pflicht macht. Dieses Ge-
setz ist auch eines der Gebote, das in dieser überaus großen Sache ausdrücklich geoffenbart worden ist und
bezüglich dessen sich in keiner der anderen Religionen eine Erwähnung findet. Denn in den anderen Religi-
onen ist die Erziehung der Massen von den Gesetzen der Regierung abhängig gemacht. Wenn in früheren
Zeiten eine Regierung es unterließ, ein Dekret ergehen zu lassen, das zwangsweise Erziehung vorsah, und
dieses Unterlassen einen Verfall der Gelehrsamkeit und der Wissenschaft bewirkte, so machte das Volk
weder sich selbst noch die Regierung dafür verantwortlich. Denn in den Himmlischen Büchern ist bezüglich
dieses Gegenstandes kein Gesetz geoffenbart worden. Aber wenn in den Himmlischen Büchern einer Nation
ein Gesetz niedergelegt ist, so wird jedes einzelne Mitglied sich verpflichtet fühlen, es auszuführen und nie-
mand wird es unterlassen, dieses Gesetz zu erfüllen, denn sie wollen nicht von der Regierung abhängig sein,
daß diese es ausführe.

Siebtens: Das Gebot, das Verwünschen und Fluchen verbietet und es jedermann zur Pflicht macht, sich je-
der beleidigenden Äußerung den Menschen gegenüber zu enthalten. Denn wie in der Sittenlehre gezeigt
wird, sind Fluchen, Schimpfen, harte und herausfordernde Worte an einer Entfremdung der Herzen am meis-
ten schuld und erfüllen die Gemüter mit Groll, erzeugen Haß und Abneigung zwischen den Menschen und
entzünden das Feuer verhängnisvoller Streitigkeiten untereinander. So sagt ein weiser Mann: „Wahrlich, der
Krieg beginnt mit Worten“ und der Dichter Firdousi hat gesagt: „Ein einziges Wort ist die Ursache des Krie-
ges“; ein anderer Vers, der den in Frage kommenden Punkt erhellt, heißt: „Die mit der Zunge beigefügte
Wunde ist tiefer, als die mit dem Schwert beigefügte.“ Würde jemand über die bereits besprochenen Streitig-
keiten und Spaltungen nachdenken, die unter den christlichen Völkern aufkamen und so verschiedene Sek-
ten und Richtungen erzeugten, wie die Aryaner, Nestorianer, Gnostiker und andere mehr, und das Feuer
schrecklicher Schlachten und gräßlichen Elends entzündeten, so würde er aus dem glaubhaften Zeugnis der
Geschichte ersehen, daß die wesentliche und anfängliche Ursache solcher Trennung und solchen Unglücks
in der Meinungsverschiedenheit, dem Ergebnis von Erörterungen und gelehrten Streitigkeiten zweier religiö-
ser Gelehrten bestand. Um seiner Gegner zu überwältigen und die Richtigkeit der eigenen Ansicht zu bewei-
sen, oder weil jeder seine Meinung für richtig hält, beharrt jeder auf seinem Standpunkt und so führt dies
endlich zur Barschheit gegen den anderen. Diese Strenge führt allmählich zu merkwürdigen Anspielungen
und widersinnigen Behauptungen, um dann in Schmähungen, Verwünschen, Kämpfen und sogar Blutvergie-
ßen zu gipfeln. Das nachteilige Entstehen dieser Religionsstreite und ihr übler Einfluß auf die menschliche
Gesellschaft bedarf hier keiner Erwähnung. Denn das Elend, das durch diese Streitigkeiten in vergangenen
Zeiten entstand, ist in den Geschichtsbüchern jeder Nation aufgeführt und die Ungerechtigkeiten, die sich als
die schmerzliche Wirkung jener Mißhelligkeiten, bis in unsere Zeit herein fortgesetzt haben, sind jedem den-
kenden Menschen bemerkbar.

Vielleicht mag jemand mit einem Einwand kommen und fragen, daß sich in den anderen Himmlischen Bü-
chern Verordnungen vorfinden, die Bannfluch und Verwünschung verbieten, so z.B. die Gebote Seiner Hei-
ligkeit Christi, bekannt als Bergpredigt, worin Er klar festsetzt: Wer zu einem anderen sagt: „Du Narr, der ist
des höllischen Feuers schuldig.“ Im Koran heißt es: „Verfluche diejenigen nicht, welche sich ohne die Erlaub-
nis Gottes, auf einen (geistigen) Auftrag stützen, denn damit verfluchst du ohne dein Wissen Gott als einen
Feind.“ Die Antwort auf obige Einwendung ist jedem einsichtigen klar, denn solche Gebote und Verbote wer-
den nach der Meinung der Gelehrten als Gebote der Erziehung angesehen und nicht als Gesetze und Ver-
ordnungen der Religion. Betrachte folgendes Gebot aus der Bergpredigt, worin Er sagt: „Jeder, der seinem
Bruder zürnt, soll dem Gericht verfallen sein.“ Wieder sagt Er: „Sammelt euch nicht Schätze auf Erden“ und
wieder: „Sorget nicht für den morgenden Tag.“ Auch: „Wer dich schlägt auf die rechte Wange, dem biete
auch die andere!“ und „Wer mit dir rechten und dir den Rock nehmen will, dem laß auch den Mantel.“ Dar-
nach sagt Er: „Gib dem, der dich bittet und von dem, der von dir borgen will, wende dich nicht ab.“

Es ist vollständig klar, daß die Gelehrten und Weisen der christlichen und mohammedanischen Religion die-
se Verordnungen nicht als Befehle angesehen haben. Verständige Menschen, die in den Gesetzen und den
Rechtswissenschaften bewandert sind, haben diejenigen, die diesen Gesetzen nicht gehorchen und dadurch
Bestrafung und Verhör verdienten, nicht verurteilt. Nein, wie schon erwähnt, haben sie diese Gebote ein-
trächtig zu den erzieherischen Gesetzen gezählt. Überdies sind einige dieser Gesetze derart, daß die Gelehr-
ten diejenigen, die dieselben geringschätzen, nicht als Übertreter oder Übeltäter vor Gott ansehen. Z.B.:
„Wer dich schlägt auf die rechte Wange, dem biete auch die andere!“ „Gib dem, der dich bittet.“ „Von dem,
der von dir borgen will, wende dich nicht ab.“ Die vorstehenden Angaben werden deutlich zeigen, warum
solche Gebote und Verordnungen von den Führern der christlichen Völker nicht als dringende Pflicht und als
bindend beachtet wurden und warum sie Fluchen Verwünschen nicht bei der Gemeinde beseitigen konnten.

Aber in der Bahá’í-Religion sind die Gebote, welche Fluchen, Schimpfen und Gotteslästern verbieten,
als Befehle und als bindende Gesetze offenbart. Die Verantwortlichkeit, die auf den Übertretern ruht, ist in
verschiedenen Tablets geoffenbart worden. Eindringliche Gebote sind bezüglich der Reinheit des geschrie-
benen und gesprochenen Wortes ausgegeben worden, die das Schreiben oder Sprechen all dessen, was die
Menschen beleidigt, verbieten. Z.B. obgleich in verschiedenen Sendschreiben, wie im „Ishrakat“ und ande-
ren, das Gesetz, welches das Fluchen und Verwünschen verbietet, ausdrücklich aufgestellt worden ist, so
hat Bahá’u’lláh, während Seiner letzten Tage, in dem gesegneten „Buch des Bundes“ das obige Gesetz bes-
tätigt und nachdrücklich betont, indem Er folgendes Gebot an die Bewohner der Welt richtet:
„Wir gemahnen euch, o Völker der Welt, alles zu befolgen, was eure Stufe erhöht. Klammert euch an
die Gottesfurcht und haltet euch fest an das Recht. Wahrlich, Ich sage: Die Zunge ist dazu da, vom
Guten zu sprechen; befleckt sie nicht mit übler Rede. Gott hat vergeben, was vergangen ist. Von nun
an äußere jeder, was sich schickt; jeder enthalte sich der üblen Nachrede, der Schmähung und all
dessen, was andere Menschen traurig macht. Erhaben ist die Stufe des Menschen!
Vor einiger Zeit wurde dieses erhabene Wort aus der Schatzkammer der Feder Abhas geoffenbart: „Heute
ist ein großer gesegneter Tag! Was im Menschen verborgen war, ist heute geoffenbart und verkündet
worden. Die Stufe des Menschen ist groß, wenn er der Wahrhaftigkeit und Wahrheit anhängt und fest
und standhaft in der Sache Gottes bleibt.“ Jede geistige Seele, die über folgende Äußerung nachdenkt:
„Gott hat vergeben, was vergangen ist. Von nun an äußere jeder, was sich schickt; jeder enthalte sich
der üblen Nachrede, der Schmähung und all dessen, was andere Menschen traurig macht,“ wird deut-
lich sehen, wie nachdrücklich eine Verordnung ausgegeben wurde, die das Verbot des Bannfluchs und der
Verwünschungen bestätigt. Unter den Menschen der Wissenschaft ist der Sinn dieser gesegneten Äußerung,
da im Einklang mit den bestehenden Gesetzen, ein deutliches Verbot von Bannfluch und Verwünschungen.
Damit wird das unverzeihliche Benehmen desjenigen gezeigt, der dieses mächtige Gebot und diese ent-
scheidende, gesegnete Verordnung übertritt.

In diesem Falle ist es dem Einsichtsvolle erkennbar, offenbar und sicher bestätigt, daß das Verbot, das von
Bannfluch und Verwünschung handelt, ein ganz besonderer Befehl und eines der besonderen Gebote dieser
Größten Offenbarung ist. So mag, durch die Gunst Gottes, des Höchsten, durch die Äußerungen der Erha-
benen Feder, solch unziemliche Handlung mit dem dadurch entstehenden Gottesurteil, bei den Menschen
auf Erden verschwinden und es mögen die Frohen Botschaften, die im 3. Vers des 22. Kapitels der Offenba-
rung Johannes, betreffend der Ereignisse am Tage der Offenbarung, gegeben sind, nämlich: „Und Gebann-
tes soll es nicht mehr geben“, verwirklicht werden.

Achtens: Bezieht sich auf das Tragen von Waffen, ausgenommen in Zeiten der Notwendigkeit. Diese Ver-
ordnung befindet sich in anderen Religionen nicht, wird aber in der Bahá’í-Religion als Befehl und ein wichti-
ges Gebot angesehen. Der große Nutzen dieses Gesetzes ist überaus klar und offenbar. Wie viele Seelen,
die nicht imstande sind, sich bei übermäßigem Zorn zu beherrschen, haben sich durch den Gebrauch von
Waffen, die gerade zur Hand waren, hinreißen lassen? Wenn der Mörder nicht bewaffnet gewesen wäre, so
wäre oft nach einer Stunde die Heftigkeit seines Zornes verflogen und ein Verbrechen wäre nicht geschehen.
Das sind die minder üblen Wirkungen des Waffentragens. Es gibt anderes großes Unglück, das durch die
Menschen, die Waffen tragen, fortwährend gezeitigt wird; dieselben erzeugen große Revolutionen und über-
mäßige Verluste für die Regierung und Nationen. Einzelheiten hierüber lassen sich nicht in Kürze wiederge-
ben und führen zu Weitschweifigkeit, dessen ungeachtet ist es aufmerksamen Menschen klar, was die Nati-
onen erdulden und wie das Volk darüber urteilt.

Neuntens: Die Frage, ob es notwendig ist, ein Haus der Gerechtigkeit zu gründen und Nationalversamm-
lungen und verfassungsmäßige Regierungen einzurichten. Dieses Gebot ist gleicherweise eine Besonderheit
dieser klaren Religion und ist in den früheren nicht erwähnt. Denn unter den anderen Religionen ist es für
eine willkürliche Regierung möglich, sich ein- und festzusetzen, weil die Beharrlichkeit auf religiösen Verord-
nungen, der Hang zur Einrichtung und zur Fortdauer religiöser Verordnungen und die Frucht, gegen diese
bestehenden Verordnungen zu verstoßen, in den Seelen der Menschen, durch die Furcht Gottes, so tief ein-
gewurzelt ist, daß diese Gepflogenheiten in 1000 Jahren nicht aufgehoben und nicht beiseite gesetzt würden,
außer durch Erneuerung der Religion und Verbesserung der Gesetze.

Diese sind in kurzem einige der besonderen Gebote Bahá’í-Religion, welcher Schreiber dieser Zeilen bei
dieser Gelegenheit Erwähnung getan hat. Die Rücksichtnahme auf die Kürze hat es notwendig gemacht, die
Erwähnung anderer, besonderer Gebote dieser Größten Offenbarung wegzulassen.

Unter diesen befinden sich Sittenlehren und Angaben bezüglich der Rückkehr eines auf Reisen oder sonst
abwesenden Mannes zu seiner Frau. Ein anderes betrifft das Verbot von Hochmut und Egoismus. Ein ande-
res besteht bezüglich der Reinheit aller Dinge, mit der Anempfehlung und Aufmunterung zu gesundheitlichen
Maßregeln, Reinlichkeit zu beobachten und unbedingt alles zu meiden, was zu Schmutz und Unreinlichkeit
fürht. Unter denselben befindet sich ein Gebot, welches das Einvernehmen der Nationen auf die Abschaffung
von Krieg und Streit lenkt und die Bedingungen für Sicherheit und Frieden enthält. Viele solche Gebote sind
vorhanden, deren weitere und eingehende Ausführungen außerhalb des Bereichs dieser Schrift liegen. Um
diesem überaus wichtigen Gegenstand Gerechtigkeit angedeihen zu lassen, wäre es notwendig, ein großes
Buch zu schreiben und nicht einen kurzen Artikel. Aber, obgleich der Artikel dadurch eine größere Länge
annehmen mag, so bin ich dennoch genötigt die unterrichteten Menschen an einen besonderen charakteris-
tischen Zug von den vielen in der Bahá’í-Religion zu ermahnen. Vielleicht vermag ein strahlendes Gesicht zu
der großen Gnadenerteilung dieser höchsten Sache zu gelangen und die reine Zunge mag Gott, dem Ge-
segneten, dem Erhabenen, Lob und Dank sagen.

Ferner: eines der schwierigen Probleme sozialer Philosophie befaßt sich mit der Einschränkung der Monopo-
le und der Beherrschung des Reichtums durch einige wenige Personen. Dieser Gegenstands it von den
Weltweisen vor vielen Jahren erörtert worden. Die Gelehrten Europas und Amerikas, besonders die Sozialis-
ten, haben sich, in der Bemühung, dieses schwierige Problem zu lösen, mit umständlichen Erörterungen und
endlosen Zergliederungen befaßt. Die Regierungen Europas und Amerikas haben diesem Gegenstand er-
schöpfende Aufmerksamkeit geschenkt, dennoch haben sie sich in ihren Meinungen noch nicht geeinigt und
sind noch zu keinem Endresultat bezüglich eines geeigneten Mittels zur Lösung dieser unlösbar scheinenden
Frage gelangt.
Aber, wenn jemand die göttliche Einrichtung, bezüglich der Frage des Erbens und die angegebene Art der
Verteilung von Vermächtnissen unter Erben, gemäß der Gesetze dieses Zeitalters in Erwägung zieht und
darüber nachdenkt, so wird er erkennen, daß dieses sehr wichtige Problem auf die einfachste Art gelöst wor-
den ist. Die Verteilung von Reichtum unter die Nationen wurde auf die beste Art gelöst.

Da der Tod für die Menschen ein unvermeidliches Ereignis ist, so wird es, wenn die Verteilung des Besitzes
derjenigen, die zu Gott eingegangen sind, entsprechend dieser göttlichen Anweisung vorgenommen wird,
unmöglich sein, daß Reichtum von einigen wenigen angehäuft wird oder daß irgend eine besondere Familie
ein Monopol ausübt, und daß andere des Reichtums beraubt sind und durch Armut und Dürftigkeit unglück-
lich sind. Denn der Mächtige Gesetzgeber hat sich mit dieser wichtigen Angelegenheit folgendermaßen be-
faßt: Er hat das Erbe der Abgeschiedenen in 7 Klassen aufgeteilt, die Lehrer eingeschlossen welche die geis-
tigen Väter der erleuchteten Menschen sind. Das Erbe wird geteilt entsprechend der Zahl 2520, welche die
niedrigste Zahl ist, in welcher sämtliche Zahlen von 1-9 enthalten sind. Nach dieser Teilung sind folgende die
sieben für Vermächtnissen geltenden Klassen:
Erstens: Nachkommen
Zweitens: Frauen
Drittens: Väter
Viertens: Mütter
Fünftens: Brüder
Sechstens: Schwestern
Siebtens: Lehrer

Die nächsten Verwandten sind am besten bedacht. Jede Klasse erhält ihren Anteil in Vielfachen von der Zahl
60, die in allen Anteilen enthalten ist. Er hat verordnet, daß diese 7 erwähnten Klassen unparteiisch in den
Besitz ihrer gesetzlichen Rechte kommen und ein jedes seinen Anteil aus dieser Teilung erhalte. Wenn ein-
sichtige Menschen über das nachdenken, was hierüber geoffenbart wurde, so werden sie sehen, das die
Wirkung dieses Befehls diese ist, daß Reichtum nicht ausschließlich auf einige wenige beschränkt sein wird
und daß niemand durch rein gewalttätige Geschicklichkeit in den Besitz von eines anderen Reichtum gelan-
gen wird. Reichtum wird immer unter allen im Umlauf sein. Alle Menschen werden von einander erben und
alle werden aus diesem Besitz Nutzen ziehen. Ja, wenn jemand über die durch den Báb im Buch „Bayán“
erwähnte Teilung nachdenkt, so wird er daraus folgern, daß solch eine Teilung, wie die erwähnte, den Vorteil
durch die „Erhabene Feder“ vollzogen ist und worin das Erbteil der Kinder vermehrt ist, vertreibt diese Be-
fürchtung. Für alle einsichtsvollen Menschen ist es klar, daß in dieser Nation vorgesehen sind und daß der
Plan für die Schlichtung von Angelegenheiten der Menschen aller Zonen aufgestellt worden ist. Was hier
niedergelegt worden ist, wird genügen, um kurz die Darlegungen von Herrn Easton und ähnlich Gesinnten zu
beantworten.

Nun einiges bezüglich der Frage nach besonderen Merkmalen, worin sich diese „Große Sache“ von anderen
Gesetzen und Religionen aller Völker, aller Zeiten unterscheidet. Wenn edeldenkende und verständige Men-
schen der Wissenschaft über die scharfsinnigen Gesetze des „Herrn der Menschheit“ nachdenken und sich
über dieselben besinnen, so werden sie zweifellos Zeugnis von der Vollkommenheit der „Göttlichen Vorse-
hung“, die in diesen verordneten Gesetzen sich zeigt, ablegen. Zum Beispiel über folgende drei bestimmte
und unwiderlegliche Befehle, nämlich, erstens: „die Erbschaftsfrage, wodurch der ausschließliche Reichtum
weniger Menschen vereitelt wird und die Frage des Sozialismus gelöst ist; zweitens: die Frage des Weltfrie-
dens und internationaler Vereinbarungen bezüglich der Entwaffnung und des zur Zeit bestehenden Aufwan-
des für Kriegsrüstungen; drittens: das Gebot wonach es allen Menschen geboten ist, einen Beruf zu erlernen,
den des Künstlers oder den des Kaufmanns, durch welchen sie ihren Lebensunterhalt bestreiten und noch
die Last derjenigen erleichtern, welche bedrückt sind, wie Landleute, die Arbeiter und andere mehr. Diese
Ausgaben rühren von den Faulenzern und unbeschäftigten Gliedern der menschlichen Gesellschaft her.

Diese edel denkenden und klugen Menschen werden somit bezeugen, daß die Wiederherstellung der Ord-
nung dieser Welt und die Rettung der Menschheit aus großen Gefahren bedingt ist durch die Befolgung der
Befehle dieser „Größten Offenbarung“. Dann werden sie die gesegneten Worte aussprechen: „Gesegnet ist
Gott, der Besitzer der Herrschaft und des Königreiches.“

Nun hier angelangt, bringen wir unsere Ausführungen zu ende und am Schlusse dieses Berichtes stehen wir
Gott, den Gesegneten, den Erhabenen, inständig an, Herrn Easton und anderen Verleugnungen, durch Sei-
ne unendliche Gnade, das Licht der Einsicht und Erkenntnis zu verleihen, daß sie anblicken mögen, was von
einem unparteiischen und uneigennützigen Gemüt vorgelegt wurde. Dann werden sie über die Wirklichkeit
der Göttlichen Sache unterrichtet werden und zur Quelle der Seligkeit, zum Leben, zur Herrlichkeit und zum
Glück geführt werden. Und dies ist durch Gottes Gunst nicht schwer.

Geschrieben am 28. Dezember 1911 in Syrien
Mirza Abul Fazl Gulpaygan
aus dem Englischen übersetzt von Friedrich Schweizer

Vertiefung: Glänzender Bweis von Mirza Abul Fazl Gulpaygan ( Roland Zimmel)


Hamburg, den 12.06.2003 Datei:D:\WINWORD2\BASTU\BEWEIS.DOC Seite: 1 von 9

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