Lesen: 04-Transzentrales Wissen


VIERTES KAPITEL
Transzendentales Wissen

VERS 1
Der Segenspendende Herr sprach: Ich unterwies den
Sonnengott, Vivasvan, in dieser unvergänglichen
Wissenschaft des yoga; Vivasvan unterwies Manu, den
Vater der Menschheit, darin, und Manu seinerseits
unterwies Iksvaku.
ERLÄUTERUNG
Hier finden wir die Geschichte der Bhagavad-Gita, die sich
bis in ferne Zeiten zurückverfolgen läßt, als sie dem
königlichen Stand, das heißt den Königen aller Planeten,
verkündet wurde. Diese Wissenschaft ist besonders für den
Schutz der Bevölkerung bestimmt, und daher sollte der
königliche Stand sie verstehen, um fähig zu sein, die
Bürger zu regieren und vor der materiellen Fessel der Lust
zu beschützen. Das menschliche Leben ist dafür bestimmt,
spirituelles Wissen in ewiger Beziehung zur Höchsten
Persönlichkeit Gottes zu kultivieren, und die Oberhäupter
aller Staaten und aller Planeten sind dazu verpflichtet,
dieses Wissen den Bürgern durch Erziehung, Kultur und
Hingabe zu vermitteln. Mit anderen Worten: Die
Oberhäupter aller Staaten sollten die Wissenschaft des
Krsna-Bewusstseins verbreiten, so dass die Menschen diese
große Wissenschaft nutzen und einem erfolgreichen Pfad
folgen, indem sie die Gelegenheit der menschlichen Form
des Lebens wahrnehmen.
In diesem Zeitalter ist der Sonnengott als Vivasvan
bekannt, der König der Sonne, die der Ursprung aller
Planeten im Sonnensystem ist. In der Brahmasamhita
(5.52) heißt es:
"Laßt mich", sprach Brahma, "Govinda [Krsna], die
Höchste Persönlichkeit Gottes, verehren, der die
ursprüngliche Person ist und unter dessen Anweisung die
Sonne, der König aller Planeten, unermeßliche Kraft und
Hitze annimmt. Die Sonne repräsentiert das Auge des
Herrn und folgt, Seinem Befehl gehorchend, ihrem Lauf."
Die Sonne ist der König aller Planeten, und der Sonnengott
(zur Zeit ist es Vivasvan) regiert den Sonnenplaneten, der
alle anderen Planeten beherrscht, indem er sie mit Wärme
und Licht versorgt. Die Sonne rotiert unter dem Befehl
Krsnas, und Sri Krsna machte ursprünglich Vivasvan zu
Seinem ersten Schüler, der die Wissenschaft von der
Bhagavad-Gita verstehen sollte. Die Gita ist daher keine
spekulative Abhandlung für den unbedeutenden weltlichen
Gelehrten, sondern ein Standardbuch des Wissens, das uns
seit unvordenklichen Zeiten überliefert wird. Im Mahabharata
(Santi-parva 348.5l-52) können wir die
Geschichte der Gita zurückverfolgen:
Zu Beginn des Treta-yuga wurde diese Wissenschaft von
der Beziehung zum Höchsten von Vivasvan an Manu
weitergegeben. Manu, der Vater der Menschheit, lehrte sie
seinem Sohn, Maharaja Iksvaku, dem König der Erde und
Vorvater der Raghu-Dynastie, in der Sri Ramacandra
erschien. In der menschlichen Gesellschaft gab es die
Bhagavad-Gita also seit der Zeit Maharaja Iksvakus."
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind erst 5 000 Jahre von
den insgesamt 432 000 Jahren des Kali-yuga vergangen.
Vor diesem Zeitalter gab es das Dvapara-yuga (864 000
Jahre) und davor das Treta-yuga (l 296 000 Jahre). Manu
sprach die Bhagavad-Gita also vor etwa 2 165 000 Jahren
zu seinem Sohn und Schüler Maharaja Iksvaku, dem König
des Planeten Erde. Das Zeitalter des gegenwenigen Manu
wird auf eine Länge von etwa 305 300 000 Jahre geschätzt,
von denen bisher 120 400 000 vergangen sind. Wenn man
akzeptiert, dass die Gita vor der Geburt Manus vom Herrn
zu Seinem Schüler, dem Sonnengott Vivasvan, gesprochen
wurde, dann wurde die Gita, nach einer groben Schätzung,
vor mindestens 120 400 000 Jahren verkündet, und in der
menschlichen Gesellschaft gab es sie für 2 000 000 Jahre.
Vor 5 000 Jahren sprach der Herr die Bhagavad-Gita erneut
zu Arjuna. Das ist in groben Zügen die Geschichte der
Gita, nach den Aussagen der Gita selbst und nach der
Version Sri Krsnas, des Sprechers. Sie wurde zum Sonnengott
Vivasvan gesprochen, da dieser ebenfalls ein ksatriya
und der Vater aller ksatriyas ist, die Nachkommen des
Sonnengottes und damit surya-vamsa-ksatriyas sind. Weil
die Bhagavad-Gita den Veden gleichwertig ist, da sie von
der Höchsten Persönlichkeit Gottes gesprochen wurde,
wird ihr Wissen als apauruseya oder übermenschlich
bezeichnet. Und da die vedischen Unterweisungen ohne
menschliche Interpretation so akzeptiert werden, wie sie
sind, muss auch die Gita ohne weltliche Interpretation
akzeptiert werden. Weltliche Streithähne mögen über die
Gita in ihrer eigenen Weise spekulieren, aber was dabei
herauskommt, ist nicht die Bhagavad-Gita, wie sie ist.
Daher muss die Bhagavad-Gita so akzeptiert werden, wie
sie ist, von der Schülernachfolge, und es ist hier
beschrieben, dass der Herr zum Sonnengott sprach; der
Sonnengott sprach zu seinem Sohn Manu und Manu sprach
zu seinem Sohn Iksvaku.


VERS 2
Diese erhabene Wissenschaft wurde so durch die Kette
der Schülernachfolge empfangen, und die heiligen
Könige verstanden sie auf diese Weise. Aber im Laufe
der Zeit wurde die Nachfolge unterbrochen, und daher
scheint die Wissenschaft, wie sie ist, verloren zu sein.
ERLÄUTERUNG
Es heißt hier eindeutig, dass die Gita besonders für die
heiligen Könige bestimmt war, da diese durch die
Herrschaft über die Bürger den Zweck der Gita zu erfüllen
hatten. Die Bhagavad-Gita war niemals für dämonische
Menschen bestimmt, die ihren Wert zu niemandes Nutzen
zerstören und alle möglichen Interpretationen je nach
Laune erfinden würden. Sobald der ursprüngliche Sinn
durch die Motive skrupelloser Kommentatoren entstellt
war, entstand die Notwendigkeit, die Schülernachfolge zu
erneuern. Vor 5000 Jahren bemerkte der Herr Selbst, dass
die Schulernachfolge unterbrochen war, und erklärte daher,
dass der Zweck der Bhagavad-Gita verloren zu sein schien.
In ähnlicher Weise gibt es auch heutzutage so viele
Ausgaben der Gita (besonders im Englischen), aber fast
alle stimmten nicht mit den Lehren der autorisierten
Schülernachfolge überein. Es gibt zahllose Interpretationen
der verschiedensten weltlichen Gelehrten, doch fast alle
akzeptieren die Höchste Persönlichkeit Gottes, Krsna,
nicht, wenngleich sie mit den Worten Sri Krsnas ein gutes
Geschäft machen. Dieser Geist ist dämonisch, denn
Dämonen glauben nicht an Gott, aber genießen das
Eigentum des Höchsten. Da für eine Ausgabe der Gita, so

wie sie durch das parampara-System (die
Schülernachfolge) empfangen worden ist, eine dringende
Notwendigkeit besteht, wird hiermit der Versuch
unternommen, diesem großen Mangel abzuhelfen. Die
Bhagavad-Gita
- so akzeptiert, wie sie ist
- ist ein großer Segen für die Menschheit;
wenn sie aber als eine
Abhandlung philosophischer Spekulationen verstanden
wird, ist sie nur eine Zeitverschwendung.


VERS 3
Diese uralte Wissenschaft von der Beziehung zum
Höchsten wird dir heute von Mir mitgeteilt, weil du
Mein Geweihter und auch Mein Freund bist; deshalb
kannst du das transzendentale Mysterium dieser
Wissenschaft verstehen.
ERLÄUTERUNG
Es gibt zwei Klassen von Menschen, nämlich den
Gottgeweihten und den Dämon. Der Herr wählte Arjuna
zum Empfänger dieser großen Wissenschaft, weil Arjuna
auf dem Wege war, ein Geweihter des Herrn zu werden;
für einen Dämonen ist es nicht möglich, diese große
Geheimwissenschaft zu verstehen. Es gibt zahlreiche
Ausgaben dieses großen Buches des Wissens; einige sind
von Gottgeweihten kommentiert und andere von Dämonen.
Die Kommentare der Gottgeweihten sind autorisiert und
daher vorteilhaft, wohingegen die Kommentare der
Dämonen wertlos sind. Arjuna erkennt Sri Krsna als die
Höchste Persönlichkeit Gottes an, und jeder Kommentar
zur Gita, der in die Fußstapfen Arjunas tritt, ist wirklicher
hingebungsvoller Dienst im Interesse dieser bedeutenden
Wissenschaft. Dämonische Menschen dagegen erfinden
etwas über Krsna und bringen die öffentlichen und
allgemeinen Leser vom Pfad der Unterweisungen Krsnas
ab. Man sollte versuchen, der von Arjuna ausgehenden
Schülernachfolge zu folgen, und so einen großen Nutzen
gewinnen.


VERS 4
Arjuna sagte: Der Sonnengott Vivasvan ist von Geburt
her älter als Du. Wie ist es zu verstehen, dass Du ihn am
Anfang in dieser Wissenschah unterwiesen hast?
ERLÄUTERUNG
Arjuna ist ein anerkannter Geweihter des Herrn, wie
konnte er also Krsnas Worten keinen Glauben schenken?
Tatsache ist, dass Arjuna nicht für sich selbst fragte,
sondern für diejenigen, die nicht an die Höchste
Persönlichkeit Gottes glauben, oder die Dämonen, denen
die Vorstellung nicht behagt, dass Krsna als die Höchste
Persönlichkeit Gottes anerkannt werden soll. Nur für sie
fragt Arjuna so, als wäre er sich selbst nicht der
Persönlichkeit Gottes oder Krsnas Bewusst. Wie im Zehnten
Kapitel deutlich wird, wusste Arjuna sehr wohl, dass Krsna
die Höchste Persönlichkeit Gottes, der Urquell allen Seins
und das höchste Prinzip in der Transzendenz ist. Natürlich
erschien Krsna auch als der Sohn Devakis auf dieser Erde.
Wie Krsna dieselbe Höchste Persönlichkeit Gottes, die
ewige, ursprüngliche Person, blieb, ist für einen
gewöhnlichen Menschen sehr schwer zu verstehen. Um
daher diesen Punkt zu klären, stellte Arjuna Krsna diese
Frage, so dass der Herr Selbst als Autorität darüber
sprechen konnte. Dass Krsna die höchste Autorität ist, wird
von der ganzen Welt akzeptiert - nicht nur heute, sondern
seit unvordenklichen Zeiten -, und nur die Dämonen
lehnen Ihn ab. Wie dem auch sei, da Krsna die von allen
anerkannte Autorität ist, stellte Arjuna Ihm diese Frage,
damit Krsna Sich Selbst beschreiben konnte, ohne von den
Dämonen beschrieben zu werden, die Ihn so zu verzerren
versuchen, dass Er den Dämonen und ihren Anhängern
verständlich ist. Es ist für jeden in seinem eigenen
Interesse notwendig, die Wissenschaft von Krsna zu
kennen. Es ist daher für alle Welten segensreich, wenn
Krsna Selbst über Sich spricht. Den Dämonen mögen
solche Erklärungen von Krsna Selbst fremd erscheinen, da
die Dämonen Krsna immer nur von ihrem eigenen
Standpunkt aus betrachten; aber die Gottgeweihten
begrüßen die Erklärungen Krsnas, wenn sie von Ihm Selbst
gesprochen werden, mit großer Freude. Die Gottgeweihten
werden solche autoritativen Aussagen Krsnas stets
verehren, weil sie immer begierig sind, mehr und mehr
über Ihn zu erfahren. Die Atheisten, die Krsna für einen
gewöhnlichen Menschen halten, mögen auf diese Weise zu
dem Verständnis kommen, dass Krsna übermenschlich ist,
dass Er sac-cid-ananda-vigraha ist - die ewige Gestalt der
Glückseligkeit und des Wissens -, dass Er transzendental

ist und dass Er über dem Herrschaftsbereich der
Erscheinungsweisen der materiellen Natur und über dem
Einfluss von Raum und Zeit steht. Ein Geweihter Krsnas;
wie Arjuna, steht zweifellos über jedem Missverständnis
der transzendenten Stellung Krsnas.
Dass Arjuna dem Herrn diese Frage stellt, ist nichts weiter
als ein Versuch des Gottgeweihten, der atheistischen
Haltung jener Menschen zu begegnen, die Krsna für einen
gewöhnlichen Menschen halten, der den
Erscheinungsweisen der materiellen Natur unterworfen ist.


VERS 5
Der Segenspendende Herr sprach: Viele, viele Geburten
haben sowohl du als auch Ich hinter uns. Ich kann Mich
an sie alle erinnern, doch du kannst es nicht, o
Bezwinger des Feindes.
ERLÄUTERUNG
Die Brahma-samhita gibt uns über sehr viele Inkarnationen
des Herrn Auskunft. Es heißt dort (Bs. 5.33):
"Ich verehre Govinda [Krsna], die Höchste Persönlichkeit
Gottes, der die ursprüngliche Person ist - absolut,
unfehlbar, ohne Anfang, obwohl in unzählige Formen
erweitert, dennoch der gleiche Ursprüngliche, der Älteste
und die Person, die immer in blühender Jugend erscheint.
Solch ewige, glückselige, allwissende Formen des Herrn
werden gewöhnlich nicht einmal von den besten vedischen
Gelehrten verstanden, doch reinen, unverfälschten
Gottgeweihten sind sie immer sichtbar."
In der Brahma-samhita (5.39) heißt es auch:
"Ich verehre Govinda [Krsna], die Höchste Persönlichkeit
Gottes, der Sich immer in vielfachen Inkarnationen wie
Rama und Nrsimha und auch vielen Sub-Inkarnationen
befindet, der aber die ursprüngliche Persönlichkeit Gottes,
bekannt als Krsna, ist und der Sich auch persönlich
inkarniert."
Auch in den Veden wird gesagt, dass Sich der Herr, obwohl
Einer ohne einen Zweiten, in unzähligen Formen
manifestiert. Er ist wie der vaidurya-Stein, der seine Farbe
wechselt, aber dennoch der gleiche bleibt. All diese
vielfaltigen Formen werden von den reinen, unverfälschten
Gottgeweihten verstanden, jedoch nicht durch ein
einfaches Studium der Veden: Gottgeweihte wie Arjuna sind
ständige Gefährten des Herrn, und wann immer Sich der
Herr inkarniert, inkarnieren sich auch Seine Ihm
beigesellten Geweihten, um dem Herrn in verschiedenen
Eigenschaften zu dienen. Arjuna ist einer dieser
Gottgeweihten, und aus diesem Vers läßt sich ersehen, dass
vor einigen Millionen von Jahren, als Sri Krsna die
Bhagavad-Gita zum Sonnengott Vivasvan sprach, auch
Arjuna, in einer anderen Form, gegenwärtig war. Der
Unterschied zwischen dem Herrn und Arjuna besteht darin,
dass der Herr Sich an dieses Ereignis erinnerte, wohingegen
Arjuna sich nicht daran erinnern konnte. Das ist der Unterschied
zwischen dem winzigen, teilhaften Lebewesen und
dem Höchsten Herrn. Obwohl Arjuna hier als mächtiger
Held bezeichnet wird, der die Feinde bezwingen konnte,
vermag er sich nicht an das zu erinnern, was sich in seinen
verschiedenen vergangenen Geburten ereignet hatte. Ein
Lebewesen kann daher, ganz gleich, wie bedeutend es nach
materiellen Maßstäben sein mag, dem Höchsten Herrn
niemals gleichkommen. Jeder, der ein ständiger Begleiter
des Herrn ist, ist gewiss eine befreite Seele, doch kann er
dem Herrn nicht ebenbürtig sein. In der Brahma-samhita
(5.33) wird der Herr als unfehlbar (acyuta) beschrieben,
was bedeutet, dass Er Sich Selbst niemals vergisst, auch
dann nicht, wenn Er mit der Materie in Berührung kommt.
Deshalb können der Herr und das Lebewesen niemals in
jeder Hinsicht gleich sein, selbst wenn das Lebewesen so
befreit ist wie Arjuna. Obwohl Arjuna ein Geweihter des
Herrn ist, vergisst er manchmal das Wesen des Herrn; aber
durch die göttliche Gnade Krsnas kann ein Gottgeweihter
sogleich das unfehlbare Wesen des Höchsten verstehen,
wohingegen ein Nichtgottgeweihter oder Dämon dieses
transzendentale Wesen nicht verstehen kann. Folglich
können diese Beschreibungen in der Gita von dämonischen
Gehirnen nicht verstanden werden. Krsna erinnerte Sich an
Handlungen, die von Ihm vor Millionen von Jahren ausgef
ührt wurden, doch Arjuna konnte es nicht, obgleich
sowohl Krsna als auch Arjuna dem Wesen nach ewig sind.
Hieraus können wir ebenfalls ersehen, dass ein Lebewesen
alles vergisst, weil es seinen Körper wechselt, der Herr Sich
jedoch an alles erinnert, weil sich Sein
sac-cid-ananada-Körper niemals wandelt. Er ist advaita,
was bedeutet, dass kein Unterschied zwischen Seinem
Körper und Ihm Selbst besteht. Alles mit Ihm Verbundene
ist spirituell, während die bedingte Seele von ihrem
materiellen Körper verschieden ist. Und weil der Körper
und das Selbst des Herrn identisch sind, unterscheidet sich
Seine Stellung immer von der des gewöhnlichen
Lebewesens, auch wenn Er auf die materielle Ebene
herabsteigt. Die Dämonen können sich auf dieses
transzendentale Wesen des Herrn nicht einstellen, wie der
Herr im folgenden Vers erklärt.


VERS 6
Obgleich Ich ungeboren bin und Mein transzendentaler
Körper niemals vergeht und obwohl Ich der Herr aller
fühlenden Wesen bin, erscheine Ich in jedem Zeitalter
in Meiner ursprünglichen transzendentalen Gestalt.
ERLÄUTERUNG
Der Herr hat über die Besonderheit Seiner Geburt
gesprochen: Obwohl Er wie ein gewöhnlicher Mensch
erscheinen mag, erinnert Er Sich an alles, was während
Seiner vielen, vielen vergangenen "Geburten" geschah,
wohingegen sich ein gewöhnlicher Mensch nicht einmal an
das erinnern kann, was er vor ein paar Stunden getan hat.
Wenn jemand gefragt wird, womit er vor einem Tag zu
genau der gleichen Zeit beschäftigt war, würde es einem
gewöhnlichen Menschen sehr schwerfallen, sofort eine
Antwort zu geben. Er müsste sicherlich sein Gedächtnis
durchforschen, um sich zu erinnern, was er vor einem Tag
zu genau der gleichen Zeit getan hat. Und dennoch wagen
viele Menschen zu behaupten, sie seien Gott bzw. Krsna.
Man sollte sich von solch bedeutungslosen Behauptungen

nicht irreführen lassen.
Als nächstes erklärt der Herr Seine prakrti oder Gestalt.
Prakrti bedeutet sowohl Natur als auch svarupa oder
Gestalt. Der Herr sagt, dass Er in Seinem Ihm eigenen
Körper erscheint. Er wechselt Seinen Körper nicht wie das
gewöhnliche Lebewesen, das von einem Körper zum
anderen wandert. Die bedingte Seele mag im jetzigen
Leben eine bestimmte Form des Körpers haben, doch hat
sie im nächsten Leben einen anderen Körper. In der
materiellen Welt besitzt das Lebewesen keinen festen
Körper, sondern wandert von einem Körper zum anderen.
Der Herr jedoch tut dies nicht. Wann immer Er erscheint,
erscheint Er durch Seine innere Kraft in dem gleichen
ursprünglichen Körper. Mit anderen Worten: Krsna
erscheint in dieser materiellen Welt in Seiner
ursprünglichen, ewigen Gestalt, mit zwei Händen, eine
Flöte haltend. Er erscheint genau so, wie Er ist, in Seinem
ewigen Körper, unberührt von der materiellen Welt.
Obwohl Er in dem gleichen transzendentalen Körper
erscheint und der Herr des Universums ist, scheint es
dennoch, als werde Er wie ein gewöhnliches Lebewesen
geboren. Trotz der Tatsache, dass Sri Krsna vom Kind zum
Knaben und vom Knaben zum Jüngling heranwächst, wird
Er doch erstaunlicherweise niemals älter als ein Jüngling.
Als die Schlacht von Kuruksetra stattfand, hatte Er daheim
viele Enkel, das heißt, nach materieller Berechnung hatte
Er bereits ein hohes Alter erreicht. Dennoch sah Er aus wie
ein Jüngling von zwanzig oder fünfundzwanzig Jahren.
Wir sehen niemals ein Bild, das Krsna als alten Mann
zeigt, da Er niemals alt wird wie wir, obwohl Er - in
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - der Älteste in
der ganzen Schöpfung ist. Weder Sein Körper noch Seine
Intelligenz vergehen oder wandeln sich jemals. Daher ist es
klar, dass Er, obwohl in der materiellen Welt, immer
dieselbe ungeborene, ewige Gestalt der Glückseligkeit und
des Wissens ist, unwandelbar in Seinem transzendentalen

Körper und Seiner transzendentalen Intelligenz. Er ähnelte
in Seinem Erscheinen und Fortgehen der Sonne, die
aufgeht, vor uns am Himmel wandert und dann wieder
unserer Sicht entschwindet. Wenn die Sonne außer Sicht
ist, denken wir, dass die Sonne untergegangen sei, und
wenn die Sonne unseren Augen sichtbar wird, denken wir,
die Sonne erscheine am Horizont. In Wirklichkeit jedoch
befindet sich die Sonne immer in ihrer festen Position, aber
weil unsere Sinne fehlerhaft und unzureichend sind, glauben
wir, die Sonne am Himmel erscheine und verschwinde.
Weil sich nun das Erscheinen und Fortgehen Krsnas von
dem eines gewöhnlichen Lebewesens grundsätzlich
unterscheidet, ist es offensichtlich, dass Er durch Seine
innere Kraft ewiges, glückseliges Wissen ist - Er wird
daher niemals von der materiellen Natur verunreinigt.
Auch die Veden bestätigen, dass der Herr, die Höchste
Persönlichkeit Gottes, ungeboren ist, aber dennoch
erscheint es, als werde Er in vielfältigen Manifestationen
geboren. Auch die Schriften, welche die Veden ergänzen,
bestätigen, dass der Herr niemals Seinen Körper wechselt,
obwohl Er anscheinend geboren wird. Im
Srimad-Bhagavatam wird beschrieben, wie Er vor Seiner
Mutter als Narayana erscheint, mit vier Händen und den
Schmuckstücken der sechs Arten umfassender Reichtümer.
Nach dem Visvakosa-Wörterbuch ist Sein Erscheinen in
Seiner ursprünglichen ewigen Gestalt Seine grundlose
Barmherzigkeit. Der Herr ist Sich all Seines
vorangegangenen Erscheinens und Fortgehens Bewusst,
während ein gewöhnliches Lebewesen alles vergisst, was
mit seinem vergangenen Körper zu tun hat, sobald es einen
neuen Körper bekommt. Er ist der Herr aller Lebewesen,
weil Er wunderbare und übermenschliche Taten vollbringt,
während Er auf dieser Erde weilt. Daher ist der Herr immer
die gleiche Absolute Wahrheit, und es besteht kein
Unterschied zwischen Seiner Gestalt und Ihm Selbst oder
zwischen Seinen Eigenschaften und Seinem Körper. Es
mag sich nun die Frage stellen, weshalb der Herr in dieser
Welt erscheint und wieder fortgeht. Dies wird im nächsten
Vers erklärt.

VERS 7
Wann immer und wo immer das religiöse Leben verfällt
und Irreligiosität überhandnimmt, o Nachkomme
Bharatas, zu der Zeit erscheine Ich.
ERLÄUTERUNG
Das Wort Srjami ist hier von Bedeutung. Srjami kann nicht
im Sinne von "Schöpfung" verstanden werden, denn dem
vorherigen Vers zufolge wird die Form oder der Körper
des Herrn niemals erschaffen, da all Seine Formen ewig
bestehen. Deshalb bedeutet Srjami, dass Sich der Herr so
manifestiert, wie Er ist. Obwohl der Herr nach Plan
erscheint, nämlich am Ende des Dvapara-yuga des
achtundzwanzigsten Zeitalters des achten Manu, das heißt
einmal an einem Tag Brahmas, ist Er nicht verpflichtet,
solche Regeln und Regulierungen einzuhalten, denn es
steht Ihm völlig frei, nach Seinem Willen in vieler Weise
zu handeln. Er erscheint daher nach Seinem Willen immer
dann, wenn Irreligiosität zunimmt und wahre Religion
verschwindet. Die Prinzipien der Religion sind in den
Veden festgelegt, und jede Abweichung von der richtigen
Ausführung der vedischen Regeln macht einen Menschen
irreligiös. Im Bhagavatam wird erklärt, dass solche
Prinzipien die Gesetze des Herrn sind. Allein der Herr
kann ein System der Religion schaffen. Es wird ebenfalls
anerkannt, dass der Herr die Veden ursprünglich Brahma
durch dessen Herz offenbarte. Deshalb sind die Prinzipien
des dharma oder der Religion die direkten Anweisungen
der Höchsten Persönlichkeit Gottes (dharmam tu
saksat-bhagavat-pranitam; SB. 6.3.19). Auf diese
Prinzipien wird überall in der Bhagavad-Gita klar
hingewiesen. Es ist der Zweck der Veden, solche
Prinzipien nach Anweisung des Herrn festzulegen, und der
Herr erklärt am Schluß der Gita, dass das höchste Prinzip
der Religion darin besteht, sich Ihm allein zu ergeben. Die
vedischen Prinzipien führen einen zur Ergebung gegenüber
dem Herrn, und wann immer diese Prinzipien von
dämonischen Menschen gestört werden, erscheint der Herr.
Aus dem Bhagavatam erfahren wir, dass Buddha eine
Inkarnation Krsnas ist, die erschien, als der Materialismus
überhandnahm und die Materialisten die Autorität der
Veden zum Vorwand nahmen, unschuldige Tiere zu
schlachten. Obwohl es in den Veden gewisse
einschränkende Regeln und Vorschriften gibt, die sich auf
Tieropfer beziehen, die nur für bestimmte Zwecke
durchgeführt werden, brachten Menschen mit dämonischen
Neigungen diese Tieropfer dar, ohne sich nach den
vedischen Prinzipien zu richten. Buddha erschien daher,
um diesem unsinnigen Tun ein Ende zu bereiten und die
vedischen Grundsätze der Gewaltlosigkeit einzuführen.
Jeder einzelne avatara (Inkarnation des Herrn) hat also
eine bestimmte Mission, und sie werden alle in den
offenbarten Schriften beschrieben. Niemand sollte als
avatara anerkannt werden, wenn er nicht in den Schriften
erwähnt wird. Es ist nicht so, dass der Herr nur in Indien
erscheint. Er kann überall und zu jeder Zeit erscheinen. In
jeder Inkarnation offenbart Er so viel über Religion, wie es
von bestimmten Menschen unter ihren bestimmten
Umständen verstanden werden kann. Aber die Mission ist
immer dieselbe, nämlich die Menschen zum
GottesBewusstsein und zum Gehorsam gegenüber den
Prinzipien der Religion zu führen. Manchmal steigt der
Herr persönlich herab, und manchmal schickt Er Seinen
echten Stellvertreter in der Form Seines Sohnes oder

Dieners, und manchmal erscheint Er Selbst in einer
verkleideten Form.
Die Prinzipien der Bhagavad-Gita wurden Arjuna und
damit auch anderen hochstehenden Menschen verkündet,
weil Arjuna, im Vergleich zu gewöhnlichen Menschen in
anderen Teilen der Welt, weit fortgeschritten war. Dass
zwei und zwei gleich vier ist, ist ein mathematisches
Prinzip, das sowohl beim einfachen Rechnen als auch in
der höheren Arithmetik gilt; dennoch gibt es höhere und
niedere Mathematik. Alle Inkarnationen des Herrn lehren
daher die gleichen Prinzipien, doch den verschiedenen
Umständen entsprechend erscheinen ihre Lehren auf einer
höheren oder niederen Ebene. Wie später noch erklärt
werden wird, beginnen die höheren Prinzipien der
Religion, wenn man die vier Unterteilungen und Stufen des
sozialen Lebens akzeptiert. Die einzige Aufgabe einer
Inkarnation besteht darin, überall Krsna-Bewusstsein zu
erwecken. Dass dieses Bewusstsein einmal sichtbar und ein
anderes Mal nicht sichtbar ist, liegt allein an den jeweiligen
Umständen.

VERS 8
Um die Frommen zu erretten und die Schurken zu
vernichten und um die Prinzipien der Religion wieder
einzuführen, erscheine Ich Zeitalter nach Zeitalter.
ERLÄUTERUNG
Nach den Lehren der Bhagavad-Gita ist ein sadhu oder
Heiliger ein Mensch im Krsna-Bewusstsein. Ein Mensch
mag irreligiös erscheinen, doch wenn er voll und ganz die
Qualifikationen eines Krsna-Bewussten Menschen hat, muss
er als sadhu angesehen werden. Duskçtam bezieht sich auf
jemand, der für Krsna-Bewusstsein nichts übrig hat. Selbst
wenn solche Halunken (duskrtam) mit weltlicher Bildung
dekoriert sein mögen, werden sie als Dummköpfe und die
Niedrigsten der Menschheit bezeichnet, wohingegen
jemand anders, der hundertprozentig im Krsna-Bewusstsein
tätig ist, als sadhu angesehen wird, auch wenn ein solcher
Mensch weder gelehrt noch sehr gebildet sein mag. Was
die Atheisten betrifft, so ist es für den Höchsten Herrn
nicht notwendig, persönlich zu erscheinen, um sie zu
vernichten, wie Er es bei den Dämonen Ravana und Kamsa
tat. Der Herr hat viele Helfer, die durchaus imstande sind,
Dämonen zu töten. Er steigt jedoch besonders herab, um
Seinen reinen Geweihten, die immer von den dämonischen
Menschen verfolgt werden, Erleichterung zu verschaffen.
Der Dämon verfolgt den Gottgeweihten, selbst wenn der
letztere ein naher Verwandter ist. Obwohl Prahlada
Maharaja der Sohn Hiranyakasipus war, wurde er von
seinem Vater verfolgt, und obwohl Devaki, Krsnas Mutter,
die Schwester Kaàsas war, wurden sie und ihr Ehemann
Vasudeva verfolgt, nur weil Krsna von ihnen geboren
werden sollte. Sri Krsna erschien also hauptsächlich, um
Devaki zu retten, und weniger, um Kaàsa zu töten, doch
tat Er beides gleichzeitig. Deshalb heißt es hier, dass der
Herr in verschiedenen Inkarnationen erscheint, um die
Gottgeweihten zu erretten und die dämonischen Halunken
zu vernichten.
Im Caitanya-caritamçta von Krsnadasa Kaviraja fassen die
folgenden Verse diese Grundsätze hinsichtlich der
Inkarnationen zusammen:
"Eine Form des Herrn, die in die materielle Welt
hinabsteigt, um zu erschaffen, wird als avatara oder
Inkarnation bezeichnet. Alle Erweiterungen Sri Krsnas sind
eigentlich Bewohner der spirituellen Welt. Wenn sie
jedoch in die materielle Welt hinabsteigen, nennt man sie
Inkarnationen [avataras]." (Cc. Madhya 20.263-264)
Es gibt verschiedene Arten von avataras, wie zum Beispiel
purusa-avataras, guäa-avataras, lÖla-avataras,
èaktyaveèa-avataras, manvantara-avataras und
yuga-avataras, die alle in einer bestimmten Reihenfolge
überall im Universum erscheinen. Krsna aber ist der urerste
Herr, der Ursprung aller avataras. Sri Krsna erscheint mit
der besonderen Absicht, die begierige Erwartung der
reinen Gottgeweihten zu erfüllen, die sich sehr danach
sehnen, Ihn bei Seinen ursprünglichen Spielen in
Vçndavana zu sehen. Daher ist es der Hauptzweck des
Krsna-avatara, Seine reinen Geweihten zu erfreuen.
Der Herr sagt, dass Er Sich in jedem Zeitalter inkarniert.
Dies deutet darauf hin, dass Er Sich auch im Zeitalter des

Kali inkarniert. Wie es im Srimad-Bhagavatam heißt, ist
die Inkarnation im Zeitalter des Kali Sri Caitanya
Mahaprabhu, der die Verehrung Krsnas durch die
sankirtana-Bewegung predigte und Krsna-Bewusstsein in
ganz Indien verbreitete. Er sagte voraus, dass sich die
Kultur des sankirtana überall auf der Welt, von Stadt zu
Stadt und von Dorf zu Dorf, verbreiten werde. In den
vertraulichen Teilen der offenbarten Schriften, wie den
Upanisaden, dem Mahabharata und dem Bhagavatam, ist
Sri Caitanya geheim, nicht direkt als die Inkarnation
Krsnas, der Persönlichkeit Gottes, beschrieben. Die
Geweihten Sri Krsnas fühlen sich zur
sankirtana-Bewegung Sri Caitanyas sehr hingezogen.
Dieser avatara des Herrn tötete die Halunken nicht,
sondern erlöst sie durch die grundlose Barmherzigkeit des
Herrn.

VERS 9
Wer die transzendentale Natur Meines Erscheinens und
Meiner Taten kennt, wird nach Verlassen des Körpers
nicht wieder in dieser materiellen Welt geboren,
sondern gelangt in Mein ewiges Reich, o Arjuna.
ERLÄUTERUNG
Das Herabkommen des Herrn aus Seinem transzendentalen
Reich wurde schon im sechsten Vers erklärt. Wer die
Wahrheit des Erscheinens der Persönlichkeit Gottes
verstehen kann, ist damit bereits aus der materiellen
Knechtschaft befreit und kehrt daher sogleich nach
Verlassen dieses gegenwärtigen materiellen Körpers in das
Königreich Gottes zurück. Eine solche Befreiung des
Lebewesens aus der materiellen Gefangenschaft ist
keineswegs einfach. Die Unpersönlichkeitsphilosophen
und die yogis erreichen Befreiung nur nach vielen
Schwierigkeiten und vielen, vielen Geburten. Aber selbst
dann ist die Befreiung, die sie erreichen - sie
verschmelzen mit dem unpersönlichen brahmajyoti des
Herrn - nur teilhaft, und es besteht die Gefahr, dass sie

wieder in die materielle Welt zurückkehren. Der
Gottgeweihte jedoch gelangt nach Verlassen des
materiellen Körpers in das Reich des Herrn, indem er
einfach die transzendentale Natur des Körpers und der


Taten des Herrn versteht, und so läuft er nicht Gefahr,
wieder in die materielle Welt zurückzukehren. In der
Brahma-samhita (5.33) wird gesagt, dass der Herr zahllose
Formen und Inkarnationen hat: advaitam acyutam anadim
ananta-rôpam. Obwohl es viele transzendentale Formen
des Herrn gibt, sind sie alle ein und dieselbe Höchste
Persönlichkeit Gottes. Man muss diese Tatsache mit
Überzeugung verstehen, obwohl sie weltlichen Gelehrten
und empirischen Philosophen unbegreiflich ist. In den
Veden heißt es:

"Der eine Herr, die Höchste Persönlichkeit
Gottes, tauscht ewig in vielen, vielen transzendentalen
Formen mit Seinen
reinen Geweihten Beziehungen aus."
Diese vedische Aussage wird in dem vorliegenden Vers
der Gita vom Herrn persönlich bestätigt. Wer diese
Wahrheit aufgrund der Autorität der Veden und der
Höchsten Persönlichkeit Gottes akzeptiert und seine Zeit
nicht mit philosophischen Spekulationen verschwendet,
erreicht die am höchsten vervollkommneste Stufe der
Befreiung. Indem man diese Wahrheit einfach
vertrauensvoll akzeptiert, kann man ohne Zweifel
Befreiung erlangen. In diesem Falle läßt sich das "tat tvam
asi" der Veden wirklich anwenden. Jeder, der versteht, dass
Sri Krsna der Höchste ist, oder zum Herrn sagt "Du bist
das Höchste Brahman, die Persönlichkeit Gottes", ist gewiss
augenblicklich befreit, und folglich ist sein Eintritt in die
transzendentale Gemeinschaft des Herrn garantiert. Mit
anderen Worten: Solch ein gläubiger Geweihter des Herrn
erreicht die Vollkommenheit, und das wird durch die
folgende vedische Erklärung bestätigt:
Man kann die vollkommene Stufe der Befreiung von
Geburt und Tod erreichen, indem man einfach den Herrn,
die Höchste Persönlichkeit Gottes, kennt. Es gibt keine
andere Möglichkeit, denn jeder, der Sri Krsna nicht als die
Höchste Persönlichkeit Gottes versteht, befindet sich mit
Sicherheit in der Erscheinungsweise der Unwissenheit.
Folglich wird er keine Erlösung erlangen, wenn er nur
sozusagen von außen am Honigtopf leckt, das heißt die
Bhagavad-Gita im Licht weltlicher Gelehrsamkeit
interpretiert. Solche empirischen Philosophen mögen in der
materiellen Welt sehr wichtige Rollen spielen, doch macht
sie das noch lange nicht geeignet, befreit zu werden. Solch
blasierte weltliche Gelehrte müssen auf die grundlose
Barmherzigkeit des Gottgeweihten warten. Man sollte
daher Krsna-Bewusstsein mit Glauben und Wissen
kultivieren und auf diese Weise die Vollkommenheit erreichen.

VERS 10
Befreit von Anhaftung, Angst und Zorn, völlig in
Gedanken an Mich versunken und bei Mir Zuflucht
suchend, wurden viele, viele Menschen in der
Vergangenheit durch Wissen über Mich geläutert -
und so erlangten sie alle transzendentale Liebe zu Mir.
ERLÄUTERUNG
Wie oben beschrieben, ist es für einen Menschen, der zu
sehr an materiellen Dingen hängt, sehr schwierig, das
persönliche Wesen der Höchsten Absoluten Wahrheit zu
verstehen. Im allgemeinen sind Menschen, die an der
körperlichen Auffassung vom Leben haften, so sehr in
Materialismus versunken, dass es für sie fast unmöglich ist
zu verstehen, dass es einen transzendentalen Körper gibt,
der unvergänglich, voller Wissen und ewig glückselig ist.
Der materialistischen Auffassung zufolge ist der Körper
vergänglich, voller Unwissenheit und voller Leid. Deshalb
behalten die Menschen im allgemeinen diese gleiche
Vorstellung vom Körper bei, wenn sie über die persönliche
Gestalt des Herrn hören. Für solch materialistische
Menschen ist die Form der gigantischen materiellen
Manifestation das Höchste. Folglich halten sie das Höchste
für unpersönlich. Und weil sie zu sehr in Gedanken an
materielle Dinge versunken sind, erschreckt sie die
Vorstellung, auch nach der Befreiung von der Materie ihre
Persönlichkeit zu behalten. Wenn sie darüber informiert
werden, dass spirituelles Leben ebenfalls individuell und
persönlich ist, bekommen sie Angst, erneut Personen zu
werden, und so ziehen sie es vor, mit der unpersönlichen
Leere zu verschmelzen. Im allgemeinen vergleichen sie die
Lebewesen mit den Schaumbläschen im Ozean, die sich im
Ozean außösen. Dies ist die höchste Vollkommenheit
spiritueller Existenz, die ohne individuelle Persönlichkeit
erreicht werden kann. Es ist ein angstvoller Lebenszustand,
in dem es an vollkommenem Wissen über spirituelle
Existenz mangelt. Darüber hinaus gibt es viele Menschen,
die spirituelles Dasein überhaupt nicht verstehen können.
Verwirrt durch so viele Theorien und durch Widersprüche
verschiedener Arten philosophischer Spekulation, fühlen
sie sich abgestoßen oder werden ärgerlich und kommen
törichterweise zur Schlussfolgerung, es gebe keine höchste
Ursache und letztlich sei alles leer. Solche Menschen
befinden sich in einem krankhaften Zustand des Lebens.
Manche Menschen haften zu stark an materiellen Dingen
und schenken daher dem spirituellen Leben keine
Aufmerksamkeit; andere wollen mit der höchsten
spirituellen Ursache verschmelzen, und wieder andere
zweifeln an allem, weil sie aus Hoffnungslosigkeit über
jede spirituelle Spekulation ärgerlich sind. Letztere nehmen
bei einer bestimmten Art von Rauschmittel Zuflucht, und
ihre Gefühlshalluzinationen werden manchmal für
spirituelle Visionen gehalten. Man muss sich von diesen
drei Stufen der Anhaftung an die materielle Welt lösen:
von Gleichgültigkeit gegenüber spirituellem Leben, von
Angst vor einer spirituellen persönlichen Identität und von
der Vorstellung der "Leere", die zu Frustration im Leben
führt. Um von diesen drei Stufen der materiellen
Lebensauffassung frei zu werden, muss man unter der
Leitung eines echten spirituellen Meisters beim Herrn
vollständige Zuflucht suchen und den Vorschriften und
regulierenden Prinzipien des hingebungsvollen Dienstes
folgen. Die letzte Stufe des hingebungsvollen Lebens wird
prema (transzendentale Liebe zu Gott) genannt. Im
Bhakti-rasamçta-sindhu (1.4.15) wird die Wissenschaft
vom hingebungsvollen Dienst wie folgt erklärt:
"Am Anfang muss ein vorbereitender Wunsch nach
Selbstverwirklichung vorhanden sein. Dies wird einen auf
die Stufe führen, den Versuch zu unternehmen, mit
spirituell fortgeschrittenen Menschen zusammenzusein.
Auf der nächsten Stufe wird man von einem echten
spirituellen Meister eingeweiht, und unter seiner Leitung
beginnt der neue Gottgeweihte mit dem Vorgang des
hingebungsvollen Dienstes. Durch die Ausübung
hingebungsvollen Dienstes unter der Führung des
spirituellen Meisters wird man von aller materiellen
Anhaftung frei, erreicht Beständigkeit in der
Selbstverwirklichung und findet Geschmack daran, über
Sri Krsna, die Absolute Persönlichkeit Gottes, zu hören.
Dieser Geschmack führt einen weiter vorwärts zur
Anhaftung ans Krsna-Bewusstsein, was im gereiften
Zustand zu bhava oder der Vorstufe transzendentaler Liebe
zu Gott wird. Wirkliche Liebe zu Gott nennt man prema
oder die am höchsten vervollkommnete Stufe des Lebens."
Auf der prema-Stufe ist man ständig im transzendentalen
liebevollen Dienst des Herrn tätig. Durch den allmählichen
Vorgang des hingebungsvollen Dienstes kann man unter
der Führung eines echten spirituellen Meisters die höchste
Stufe erreichen, frei von allen materiellen Anhaftungen,
von der Angst vor einer individuellen spirituellen
Persönlichkeit und frei von den Frustrationen, die aus der
Philosophie von der Leere entstehen. Dann kann man
letztlich in das Reich des Höchsten Herrn gelangen.


VERS 11
Alle belohne Ich in dem Maße, wie sie sich Mir ergeben.
Jeder folgt Meinem Pfad in jeder Hinsicht, o Sohn
Prthas.
ERLÄUTERUNG
Jeder sucht Krsna in den verschiedenen Aspekten Seiner
Manifestationen. Krsna, die Höchste Persönlichkeit Gottes,
wird teilweise in Seiner unpersönlichen
brahmajyoti-Ausstrahlung erkannt und teilweise als die
alldurchdringende Überseele, die in allem, einschließlich
der Atome, gegenwärtig ist. Vollständig kann Krsna jedoch
nur von Seinen reinen Geweihten erkannt werden. Folglich
ist Krsna das Objekt der Erkenntnis eines jeden, und daher
ist jeder - je nach seinem Wunsch, Ihn zu haben -
zufrieden. Auch in der transzendentalen Welt tauscht
Krsna mit Seinen reinen Geweihten Beziehungen aus in
der transzendentalen Haltung, in der der Gottgeweihte sich
Ihn wünscht. Ein Gottgeweihter mag sich Krsna als
höchsten Meister wünschen, ein anderer als seinen
persönlichen Freund, wieder ein anderer als seinen Sohn
und noch ein anderer als seinen Geliebten. Krsna belohnt
alle Gottgeweihten in gleichem Maße, das heißt
entsprechend ihrer verschiedenen Intensitäten der Liebe zu
Ihm. In der materiellen Welt gibt es die gleichen
Erwiderungen von Gefühlen, und sie werden vom Herrn
mit den verschiedenen Arten von Verehrern in gleichem
Maße ausgetauscht. Die reinen Gottgeweihten sind sowohl
hier als auch im transzendentalen Reich mit Ihm persönlich
zusammen und sind fähig, dem Herrn persönlich zu
dienen; auf diese Weise erfahren sie transzendentale
Glückseligkeit in Seinem liebevollen Dienst. Was die
Unpersönlichkeitsphilosophen betrifft, die spirituellen
Selbstmord begehen wollen, indem sie die individuelle
Existenz des Lebewesens vernichten, so hilft Krsna auch
ihnen, indem Er sie in Seinen Strahlenglanz aufnimmt.
Diese Unpersönlichkeitsanhänger sind nicht bereit, die
ewige glückselige Persönlichkeit Gottes anzuerkennen;
folglich können sie die Glückseligkeit des transzendentalen
persönlichen Dienstes für den Herrn nicht kosten, da sie
ihre Individualität ausgelöscht haben. Einige von ihnen, die
nicht einmal in der unpersönlichen Existenz verankert sind,
kehren wieder zu diesem materiellen Feld zurück, um ihre
schlummernden Wünsche nach Betätigung zu erfüllen.
Ihnen wird kein Zutritt zu den spirituellen Planeten
gewährt, sondern ihnen wird erneut eine Möglichkeit gegeben,
auf den materiellen Planeten zu handeln. Den
fruchtbringenden Arbeitern gewährt der Herr die
gewünschten Ergebnisse ihrer vorgeschriebenen Pflichten
in Seiner Eigenschaft als yajnesvara, und auch den yogis,
die nach mystischen Kräften trachten, werden solche
Kräfte gewährt. Mit anderen Worten: Um erfolgreich zu
sein, ist jeder allein von Seiner Barmherzigkeit abhängig,
und alle Arten von spirituellen Vorgängen sind nichts
anderes als verschiedene Stufen des Erfolges auf dem
gleichen Weg. Solange man daher nicht zur höchsten
Vollkommenheit des Krsna-Bewusstseins gelangt, bleiben,
wie im Srimad-Bhagavatam (2.3.10) gesagt wird, alle
Versuche unvollkommen.

"Ob man keinerlei Wünsche hat [der Zustand der
Gottgeweihten] oder ob man nach fruchtbringenden
Ergebnissen trachtet oder nach Befreiung strebt - man
sollte mit seiner ganzen Kraft versuchen, die Höchste
Persönlichkeit Gottes zu verehren, um die höchste
Vollkommenheit zu erreichen, die im Krsna-Bewusstsein
gipfelt."


VERS 12
Menschen dieser Welt wünschen sich Erfolg in
fruchtbringenden Tätigkeiten, und daher verehren sie
die Halbgötter. Schon nach kurzer Zeit bekommen
solche Menschen natürlich die Ergebnisse ihrer
fruchtbringenden Arbeit in dieser Welt.
ERLÄUTERUNG
Es herrscht ein großes Mißverständnis bezüglich der
Halbgötter oder Götter dieser materiellen Welt, und
Menschen mit weniger Intelligenz, obwohl als große
Gelehrte angesehen, halten diese Halbgötter für
verschiedene Formen des Höchsten Herrn. In Wirklichkeit
sind die Halbgötter nicht verschiedene Formen Gottes,
sondern Gottes verschiedene Bestandteile. Gott ist Einer,
und die Teile sind viele. Die Veden sagen: nityo nityanam.
Gott ist Einer. Und: Der Höchste
Herrscher ist Krsna. Der Höchste Gott ist Einer - Krsna
-, und die Halbgötter sind mit verschiedenen Kräften
versehen, um die materielle Welt zu verwalten. Diese
Halbgötter sind alles Lebewesen (nityanam) mit
unterschiedlichen Graden von Macht. Sie können dem
Höchsten Gott - Narayana, Visnu oder Krsna - nicht
gleichgestellt werden. Jeder, der glaubt, Gott und die
Halbgötter befänden sich auf der gleichen Ebene, ist ein
Atheist oder pasandi. Selbst so mächtige Halbgötter wie
Brahma und Siva können nicht mit dem Höchsten Herrn
verglichen werden. Vielmehr wird der Herr von
Halbgöttern wie Brahma und Siva verehrt.
Aber seltsamerweise gibt es dennoch verblendete
Menschen, die ihre Führer aus anthropomorphischen oder
zoomorphischen Mißverständnissen verehren. Iha devataÉ
bezieht sich auf einen mächtigen Menschen oder Halbgott
der materiellen Welt. Aber Narayana, Visnu, oder Krsna,
die Höchste Persönlichkeit Gottes, gehört nicht zu dieser
Welt. Der Herr steht über oder vielmehr in transzendentaler
Stellung zu der materiellen Schöpfung. Sogar Sripada
Sankaracarya, der Führer der
Unpersönlichkeitsphilosophen, ist der Meinung, dass Sich
Narayana oder Krsna jenseits der materiellen Schöpfung
befindet. Dennoch verehren törichte Menschen (hrt-anjana)
die Halbgötter, weil sie sofortige Ergebnisse möchten.
Sie bekommen die Ergebnisse auch, wissen aber nicht, dass
die so erhaltenen Ergebnisse zeitweilig und für weniger
intelligente Menschen gedacht sind. Der intelligente
Mensch befindet sich im Krsna-Bewusstsein, und er hat es
nicht nötig, für einen sofortigen und zeitweiligen Nutzen
die armseligen Halbgötter zu verehren. Die Halbgötter der
materiellen Welt samt ihren Verehrern werden mit der
Vernichtung der materiellen Welt vergehen. Die
Segnungen der Halbgötter sind materiell und zeitweilig.
Sowohl die materiellen Welten als auch ihre Bewohner -
einschließlich der Halbgötter und ihrer Verehrer - sind
wie Blasen im kosmischen Ozean. In dieser Welt jedoch
trachtet die menschliche Gesellschaft wie von Sinnen nach
zeitweiligem Besitz wie materiellem Reichtum, Land,
Familie und anderen Annehmlichkeiten. Um solche
vergänglichen Dinge zu bekommen, verehren sie
Halbgötter oder mächtige Männer in der menschlichen
Gesellschaft. Wenn ein Mann einen Ministersessel
bekommt, da er einen politischen Führer verehrt hat, glaubt
er, etwas Großes erreicht zu haben. Daher kriechen sie alle
vor den sogenannten Führern oder "hohen Tieren", um
zeitweilige Vorteile zu erlangen, und sie bekommen
tatsächlich solche Dinge. Solch törichte Menschen haben
kein Interesse am Krsna-Bewusstsein, das eine bleibende
Lösung für die Beschwerlichkeiten des materiellen Daseins
anbietet. Sie trachten alle nach Sinnengenuß, und um
Möglichkeiten zum Sinnengenuß zu bekommen, zieht es
sie zur Verehrung ermächtigter Lebewesen, die als
Halbgötter bekannt sind. Dieser Vers deutet darauf hin, dass
Menschen nur selten am Krsna-Bewusstsein Interesse
finden. Sie sind meistens an materiellem Genuß interessiert
und verehren daher irgendein mächtiges Lebewesen.



VERS 13
In Entsprechung zu den drei Erscheinungsweisen der
materiellen Natur und der Arbeit, die ihnen zugeordnet
ist, wurden die vier Einteilungen der menschlichen
Gesellschaft von Mir geschaffen. Und obwohl Ich der
Schöpfer dieses Systems bin, solltest du wissen, dass Ich
dennoch der Nichthandelnde bin, denn Ich bin
unwandelbar.
ERLÄUTERUNG
Der Herr ist der Schöpfer alles Existierenden. Alles ist von
Ihm geboren; alles wird von Ihm erhalten, und alles ruht
nach der Vernichtung in Ihm. Folglich ist Er auch der
Schöpfer der vier Einteilungen der Gesellschaftsordnung,
angefangen mit der intelligenten Klasse von Menschen, die
man als brahmanas bezeichnet, da sie sich in der
Erscheinungsweise der Tugend befinden. Als nächstes
kommt die verwaltende Klasse, die man als ksatriyas
bezeichnet, da sie sich in der Erscheinungsweise der
Leidenschaft befinden. Die gewerbetreibenden Menschen,
vaisyas genannt, befinden sich in den gemischten
Erscheinungsweisen der Leidenschaft und Unwissenheit,
und die sudras, die Arbeiterklasse, befinden sich in der
unwissenden Erscheinungsweise der materiellen Natur.
Obwohl Sri Krsna die vier Einteilungen der menschlichen
Gesellschaft geschaffen hat, gehört Er zu keiner dieser
Einteilungen, denn Er ist nicht eine der bedingten Seelen,
von denen ein Teil die menschliche Gesellschaft bildet. Die
menschliche Gesellschaft gleicht jeder anderen Tiergesellschaft,
doch um die Menschen von der tierischen Stufe zu
erheben, sind die oben erwähnten Einteilungen zur
systematischen Entwicklung von Krsna-Bewusstsein vom
Herrn geschaffen worden. Die Neigung eines bestimmten
Menschen zu einer bestimmten Arbeit ist durch die
Erscheinungsweisen der materiellen Natur festgelegt, die er
erworben hat. Solche Lebenssymptome, in Entsprechung
zu verschiedenen Erscheinungsweisen der materieüen
Natur, werden im Achtzehnten Kapitel dieses Buches
beschrieben. Ein Mensch im Krsna-Bewusstsein jedoch
steht sogar noch über den brahmanas, da von einem
brahmana der Eigenschaft nach erwartet wird, Wissen über
das Brahman, die Höchste Absolute Wahrheit, zu besitzen.
Die meisten von ihnen wenden sich der unpersönlichen
Brahman-Manifestation Sri Krsnas zu; doch nur ein
Mensch, der das begrenzte Wesen eines brahmanas
transzendiert und Wissen über die Höchste Persönlichkeit
Gottes, Sri Krsna, erlangt, wird im Krsna-Bewusstsein
verankert oder, mit anderen Worten, ein Vaisäava.
Krsna-Bewusstsein umfaßt Wissen von allen vollständigen
Erweiterungen Krsnas wie Rama, Nrsimha und Varaha.
Jedoch so, wie Krsna zu diesem System der vier
Einteilungen der menschlichen Gesellschaft in
transzendentaler Stellung steht, so steht auch ein Mensch
im Krsna-Bewusstsein zu allen Einteilungen der
menschlichen Gesellschaft, ob auf Gemeinschaft, Nation
oder Lebensform bezogen, in transzendentaler Stellung.

VERS 14
Es gibt keine Arbeit, die Mich beeinflusst; auch strebe
Ich nicht nach den Früchten des Handelns. Wer diese
Wahrheit über Mich versteht, wird ebenfalls nicht in
die fruchttragenden Reaktionen des Tuns verstrickt.
ERLÄUTERUNG
Wie es in der materiellen Welt konstitutionelle Gesetze
gibt, die besagen, dass der König unfehlbar ist oder dass der
König nicht den Gesetzen des Staates untersteht, so wird
auch der Herr, obwohl Er der Schöpfer der materiellen
Welt ist, von den Tätigkeiten der materiellen Welt nicht
beeinflusst. Er erschafft und bleibt unberührt von der
Schöpfung, wohingegen die Lebewesen aufgrund ihrer
Neigung, über die materiellen Reichtümer zu herrschen, in
die fruchttragenden Ergebnisse materieller Tätigkeiten
verstrickt werden. Der Besitzer eines Unternehmens ist für
die richtigen und falschen Tätigkeiten der Angestellten
nicht verantwortlich, sondern die Angestellten sind selbst
verantwortlich. Die Lebewesen gehen ihren jeweiligen
Tätigkeiten für Sinnenbefriedigung nach, doch sind ihnen
diese Tätigkeiten nicht vom Herrn aufgetragen worden.
Um Fortschritte auf dem Gebiet der Sinnenbefriedigung zu
machen, gehen die Lebewesen der Arbeit dieser Welt nach
und erstreben himmlisches Glück nach dem Tod. Weil der
Herr in Sich Selbst vollkommen ist, verspürt Er keinerlei
Anziehung zu sogenanntem himmlischem Glück. Die
himmlischen Halbgötter sind nur Seine beauftragten
Diener. Der Besitzer begehrt niemals das niedrige Glück,
wie es die Arbeiter erstreben mögen. Der Herr bleibt von
den materiellen Aktionen und Reaktionen unberührt. Zum
Beispiel ist der Regen für die verschiedenen Arten der
Vegetation, die auf der Erde erscheinen, nicht
verantwortlich, obwohl es ohne Regen keine Vegetation
geben kann. Die vedische smçti bestätigt diese Tatsache
wie folgt:
"In den materiellen Schöpfungen ist der Herr nur die
höchste Ursache. Die unmittelbare Ursache ist die
materielle Natur, durch welche die kosmische Manifestation
sichtbar wird."
Die geschaffenen Wesen sind von großer Vielfalt, wie zum
Beispiel die Halbgötter, Menschen und niederen Tiere, und
sie alle sind den Reaktionen ihrer vergangenen guten oder
schlechten Tätigkeiten unterworfen. Der Herr gibt ihnen
nur die geeigneten Möglichkeiten für solche Tätigkeiten
und dazu die Regulierungen der Erscheinungsweisen der
Natur, doch Er ist niemals für ihre vergangenen und
gegenwärtigen Handlungen verantwortlich. In den
Vedanta-sutras wird bestätigt, dass der Herr niemals
irgendein Lebewesen bevorzugt oder benachteiligt. Das
Lebewesen ist für seine Handlungen selbst verantwortlich.
Der Herr gibt ihm nur mit Hilfe der materiellen Natur, der
äußeren Energie, die Möglichkeiten zum Handeln. Jemand,
der mit all den Kompliziertheiten dieses Gesetzes des
karma oder der fruchtbringenden Tätigkeiten vertraut ist,
wird von den Ergebnissen seines Tuns nicht beeinflusst.
Mit anderen Worten: Wer das transzendentale Wesen des
Herrn versteht, ist ein im Krsna-Bewusstsein erfahrener
Mensch und wird daher niemals den Gesetzen des karma
unterworfen. Wer das transzendentale Wesen des Herrn
nicht kennt und glaubt, die Werke des Herrn hätten
fruchttragende Ergebnisse zum Ziel, wie es bei den
Tätigkeiten der gewöhnlichen Lebewesen der Fall ist,
verstrickt sich mit Sicherheit in fruchttragende Reaktionen.
Jemand aber, der die Höchste Wahrheit kennt, ist eine
befreite, fest im Krsna-Bewusstsein verankerte Seele.

VERS 15
Alle befreiten Seelen in längst vergangenen Zeiten
handelten mit diesem Verständnis und erlangten so
Befreiung. Daher solltest du, wie die Alten, deine Pflicht
in diesem göttlichen Bewusstsein erfüllen.
ERLÄUTERUNG
Es gibt zwei Klassen von Menschen. Einige von ihnen
haben ihr Herz voll vergifteter materieller Dinge, und
manche sind frei von materieller Verunreinigung.
Krsna-Bewusstsein ist für beide gleichermaßen segensreich.
Diejenigen, die voll schmutziger Dinge sind, können sich
dem Krsna-Bewusstsein zuwenden, um einen allmählichen
Läuterungsvorgang zu beginnen, in dem sie den
regulierenden Prinzipien des hingebungsvollen Dienstes
folgen, und diejenigen, die bereits von allen Unreinheiten
frei sind, mögen fortfahren, im gleichen Krsna-Bewusstsein
zu handeln, so dass andere Menschen ihrem beispielhaften
Verhalten folgen und daraus ihren Nutzen ziehen. Törichte
Menschen oder Neulinge im Krsna-Bewusstsein wollen
sich oft von allen Tätigkeiten zurückziehen, ohne
Krsna-Bewusstsein zu kennen. Arjunas Wunsch, sich von
Taten auf dem Schlachtfeld zurückzuziehen, wurde vom
Herrn nicht gutgeheißen. Man muss nur wissen, wie man zu
handeln hat. Sich von den Tätigkeiten des
Krsna-Bewusstseins zurückzuziehen, abseits zu sitzen und
Krsna-Bewusstsein vorzutäuschen, ist weniger bedeutsam
als sich für Krsna tatsächlich im Bereich der Tätigkeiten zu
beschäftigen. Arjuna wird hier der Rat gegeben, im
Krsna-Bewusstsein zu handeln und den Fußspuren
vorangegangener Schüler des Herrn zu folgen, wie zum
Beispiel dem Sonnengott Vivasvan, von dem bereits zuvor
die Rede war. Der Höchste Herr kennt sowohl Seine
eigenen vergangenen Taten als auch die derjenigen, die in
der Vergangenheit im Krsna-Bewusstsein handelten. Deshalb
empfiehlt Er die Handlungsweise des Sonnengottes,
der diese Kunst vom Herrn vor einigen Millionen von
Jahren erlernte. Alle Schüler Sri Krsnas, die die Pflichten
erfüllten, die ihnen von Krsna gegeben wurden, werden
hier als befreite Seelen erwähnt.

VERS 16
Selbst die Intelligenten sind verwirrt, wenn sie
bestimmen sollen, was Handeln und was Nichthandeln
ist. Ich werde dir jetzt erklären, was Handeln ist, und
wenn du dies weißt, wirst du von allen Sünden befreit
sein.
ERLÄUTERUNG
Handeln im Krsna-Bewusstsein muss mit den Beispielen
vorangegangener echter Gottgeweihter in Einklang stehen.
Dies wird in Vers 15 empfohlen. Warum solches Handeln
nicht unabhängig sein soll, wird im Folgenden erklärt.
Um im Krsna-Bewusstsein zu handeln, muss man sich der
Führung autorisierter Personen anvertrauen, die einer
Schülernachfolge angehören, wie zu Beginn dieses
Kapitels erklärt wurde. Das System des Krsna-Bewusstseins
wurde zuerst dem Sonnengott gelehrt; der Sonnengott
erklärte es seinem Sohn Manu; Manu gab es an seinen
Sohn Iksvaku weiter, und seit dieser fernen Zeit ist dieses
System auch auf unserem Planeten bekannt. Deshalb muss
man in die Fußstapfen vorangegangener Autoritäten in der
Linie einer Schülernachfolge treten. Andernfalls werden
selbst die intelligentesten Menschen hinsichtlich der
Standard-Handlungen im Krsna-Bewusstsein verwirrt sein.
Aus diesem Grund beschloß der Herr, Arjuna unmittelbar
im Krsna-Bewusstsein zu unterweisen. Dank der
unmittelbaren Unterweisung des Herrn an Arjuna wird
jeder, der Arjunas Fußspuren folgt, mit Sicherheit nicht

verwirrt
werden. Es heißt, dass man nicht einfach durch unvollkommenes,
experimentelles Wissen bestimmen kann, was Religion ist.
Im Grunde können die Grundsätze der Religion nur vom
Herrn Selbst festgelegt werden: dharmam tu
saksat-bhagavat-pranitam (SB. 6.3.19). Niemand kann
durch unvollkommene Spekulation ein religiöses Prinzip
schaffen. Man muss den Fußspuren großer Autoritäten
folgen wie Brahma, Siva, Narada, Kumara, Kapila,
Prahlada, Bhisma, Sukadeva Gosvami, Yamaraja, Janaka
und Bali Maharaja. Durch gedankliche Spekulation kann
man nicht herausfinden, was Religion oder
Selbstverwirklichung ist. Deshalb erklärt der Herr aus
Seiner grundlosen Barmherzigkeit mit Seinen Geweihten
Arjuna direkt, was Handeln und was Nichthandeln ist. Nur
Handeln im Krsna-Bewusstsein kann einen Menschen aus
der Verstrickung des materiellen Daseins befreien.

VERS 17
Die Kompliziertheit des Handelns ist sehr schwer zu
verstehen. Deshalb sollte man genau wissen, was
Handeln, was verbotenes Handeln und was
Nichthandeln ist.
ERLÄUTERUNG
Wenn es einem mit der Befreiung aus der materiellen
Knechtschaft ernst ist, muss man die Unterschiede
zwischen Handeln, Nichthandeln und unautorisiertem
Handeln verstehen. Man muss Handeln, Reaktion und
pervertiertes Handeln eingehend analysieren, denn dies ist
ein sehr schwieriges Thema. Um Krsna-Bewusstsein und
Handeln gemäß den Erscheinungsweisen der materiellen
Natur zu verstehen, muss man seine Beziehung zum
Höchsten verstehen lernen; das heißt, jemand, der
vollkommen gelernt hat, weiß, dass jedes Lebewesen der
ewige Diener des Herrn ist und dass man folglich im
Krsna-Bewusstsein handeln muss. Die gesamte Bhagavad-Gita
ist auf diese Schlußfolgerung ausgerichtet. Alle
anderen Schlußfolgerungen, die sich gegen dieses
Bewusstsein und seine Begleiterscheinungen richten, sind
vikarma, oder verbotene Handlungen. Um all das zu
verstehen, muss man mit Autoritäten im Krsna-Bewusstsein
Gemeinschaft pßegen und von ihnen das Geheimnis
lernen; das ist so gut, wie vom Herrn direkt zu lernen.
Andernfalls wird selbst der intelligenteste Mensch verwirrt
sein.

VERS 18
Wer Nichthandeln in Handeln und Handeln in
Nichthandeln sieht, ist intelligent unter den Menschen,
und er steht in der transzendentalen Stellung, obgleich

er allen möglichen Tätigkeiten nachgehen mag.
ERLÄUTERUNG
Jemand, der im Krsna-Bewusstsein handelt, ist
natürlicherweise von den Fesseln des karma frei. Seine
Tätigkeiten werden alle für Krsna ausgeführt, und daher
genießt oder erleidet er nicht die Auswirkungen der Arbeit.
Folglich zählt er zu den Intelligenten der menschlichen
Gesellschaft, obwohl er alle möglichen Tätigkeiten für
Krsna verrichtet. Akarma bedeutet "Arbeit, auf die keine
Reaktion folgtĀ“. Der Unpersönlichkeitsphilosoph hört mit
fruchtbringenden Tätigkeiten auf, weil er befürchtet, die
entstehenden Reaktionen könnten Hindernisse auf dem
Pfad der Selbstverwirklichung sein, doch der Anhänger des
Persönlichen kennt sehr wohl seine Stellung als der ewige
Diener der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Aus diesem
Grund geht er den Tätigkeiten des Krsna-Bewusstseins
nach. Weil alles für Krsna getan wird, genießt er bei der
Ausführung dieses Dienstes nur transzendentales Glück.
Von denen, die in dieser Weise beschäftigt sind, weiß man,


dass sie keinen Wunsch nach persönlicher
Sinnenbefriedigung haben. Das Bewusstsein, der ewige
Diener Krsnas zu sein, macht einen immun gegen alle
Arten reaktionsbringender Elemente des Handelns.

VERS 19
Jemanden, der im vollem Wissen gründet, erkennt man
daran, dass jede seiner Handlungen frei ist von dem
Wunsch nach Sinnenbefriedigung. Von ihm sagen die
Weisen, er sei ein Handelnder, dessen fruchtbringendes
Tun durch das Feuer vollkommenen Wissens verbrannt
sei.
ERLÄUTERUNG

Nur ein Mensch in vollem Wissen kann die Tätigkeiten
eines Menschen im Krsna-Bewusstsein verstehen. Weil der
Mensch im Krsna-Bewusstsein frei von allen Arten
sinnenbefriedigender Neigungen ist, kann man verstehen,
dass er die Reaktionen seiner Arbeit durch vollkommenes
Wissen um seine wesensgemäße Stellung als ewiger
Diener der Höchsten Persönlichkeit Gottes verbrannt hat.
Wer diese Vollkommenheit des Wissens erlangt hat, ist
wahrhaft gelehrt. Die Entwicklung dieses Wissens, der
ewige Diener Krsnas zu sein, wird mit Feuer verglichen. Ist
ein solches Feuer einmal entzündet, kann es alle Arten von
Reaktionen verbrennen.

VERS 20
Indem er alle Anhaftung an die Ergebnisse seiner
Tätigkeiten aufgibt, immer zufrieden und unabhängig
ist, führt er keine fruchtbringende Handlung aus,
obwohl er mit allen möglichen Unternehmungen
beschäftigt ist.
ERLÄUTERUNG
Diese Freiheit von der Fessel der Handlungen ist nur im
Krsna-Bewusstsein möglich, wenn man alles für Krsna tut.
Ein Krsna-Bewusster Mensch handelt aus reiner Liebe zur
Höchsten Persönlichkeit Gottes, und daher verspürt er
keinerlei Anziehung zu den Ergebnissen des Handelns. Er
sorgt sich nicht einmal um seinen Unterhalt, denn alles ist
Krsna überlassen. Er ist auch nicht bestrebt, sich Dinge anzueignen
oder Dinge zu behüten, die bereits in seinem
Besitz sind. Er tut seine Pflicht nach besten Kräften und
überläßt alles Krsna. Solch ein unangehafteter Mensch ist
immer frei von allen guten und schlechten Reaktionen; es
ist, als handle er überhaupt nicht. Das ist das Merkmal von
akarma oder Handlungen ohne fruchttragende Reaktionen.
Jede andere Handlung, die nicht im Krsna-Bewusstsein
ausgeführt wird, bindet den Handelnden, und wie zuvor
erklärt wurde, ist das die eigentliche Bedeutung von
vikarma.

VERS 21
Ein Mensch mit einem solchem Verständnis handelt mit
vollkommen beherrschtem Geist und vollkommen
beherrschter Intelligenz, gibt jeden Anspruch auf Besitz
auf und handelt nur für die zum Leben
allernotwendigsten Dinge. Aus diesem Grunde wird er
von sündhaften Reaktionen nicht berührt.
ERLÄUTERUNG
Ein Krsna-Bewusster Mensch erwartet bei seinen
Tätigkeiten keine guten oder schlechten Ergebnisse. Sein
Geist und seine Intelligenz sind völlig beherrscht. Er weiß,
dass er ein winziger Teil des Höchsten ist und dass deshalb
die Rolle, die er als Teil des Ganzen spielt, nicht in seiner
Wahl liegt, sondern vom Höchsten für ihn gewählt wurde
und nur mit Seiner Hilfe gespielt werden kann. Wenn sich
die Hand bewegt, so bewegt sie sich nicht nach ihrem


eigenen Willen, sondern nach dem Willen des ganzen
Körpers. Ein Krsna-Bewusster Mensch steht immer in
Einklang mit dem höchsten Wunsch, denn er hat kein
Verlangen nach eigener Sinnenbefriedigung. Er bewegt
sich genau wie ein Teil einer Maschine. So wie ein
Maschinenteil geölt und gereinigt werden muss, um
funktionsfähig zu bleiben, so erhält sich ein
Krsna-Bewusster Mensch durch seine Arbeit, nur um fähig
zu bleiben, im transzendentalen liebevollen Dienst des
Herrn zu handeln. Er ist daher gegen alle Reaktionen seiner
Bemühungen gefeit. Wie ein Tier hat er nicht einmal ein
Besitzrecht auf seinen eigenen Körper. Ein grausamer
Tierhalter tötet manchmal das Tier in seinem Besitz, doch
das Tier protestiert nicht. Es hat auch keine wirkliche
Unabhängigkeit. Ein Krsna-Bewusster Mensch, der voll mit
Selbstverwirklichung beschäftigt ist, hat sehr wenig Zeit,
irgendeinen materiellen Gegenstand fälschlich zu besitzen.
Um für Körper und Seele zu sorgen, hat er es nicht nötig,
durch üble Machenschaften Geld anzuhäufen. Folglich
wird er auch nicht durch solch materielle Sünden
verunreinigt. Er ist frei von allen Reaktionen auf seine
Handlungen.

VERS 22
Wer mit Gewinn zufrieden ist, der von selbst kommt;
wer frei von Dualität ist und keinen Neid kennt und wer
sowohl bei Erfolg wie auch Misserfolg stetig ist, wird
niemals verstrickt, obwohl er handelt.
ERLÄUTERUNG
Ein Krsna-Bewusster Mensch unternimmt nicht einmal
große Anstrengungen, um seinen Körper zu erhalten. Er ist
mit Gewinnen zufrieden, die ihm von selbst zufallen. Er
bettelt und borgt nicht, sondern arbeitet ehrlich, soweit es
in seinen Kräften steht, und ist mit dem zufrieden, was er
durch seine eigene ehrliche Arbeit verdient. Er ist daher,
was seinen Lebensunterhalt betrifft, unabhängig. Er läßt es
nicht zu, dass der Dienst für jemand anders seinen Dienst
im Krsna-Bewusstsein behindert. Doch um dem Herrn zu
dienen, kann er in jeder Weise handeln, ohne dabei von der
Dualität der materiellen Welt gestört zu sein. Die Dualität
der materiellen Welt wird als Hitze und Kälte, Leid und
Glück oder ähnliche Gegensätze erfahren. Ein
Krsna-Bewusster Mensch steht über der Dualität, da er nicht
zögert, auf jede nur erdenkliche Weise für die
Zufriedenstellung Krsnas zu handeln. Deshalb ist er
sowohl bei Erfolg als auch bei Misserfolg stetig. Diese
Zeichen werden sichtbar, wenn man völlig im
transzendentalen Wissen verankert ist.

VERS 23
Die Arbeit eines Menschen, der unangehaftet gegenüber
den Erscheinungeweisen der materiellen Natur ist und
der völlig in transzendentalem Wissen verankert ist,
geht vollständig in die Transzendenz ein.
ERLÄUTERUNG
Wenn man völlig Krsna-Bewusst wird, ist man von allen
Dualitäten befreit und daher frei von den
Verunreinigungen der materiellen Erscheinungsweisen.
Man kann befreit werden, weil man seine wesensgemäße
Stellung in Beziehung zu Krsna kennt, und so kann der
Geist nicht vom Krsna-Bewusstsein abgelenkt werden. Was
immer man daher tut, tut man für Sri Krsna, den
ursprünglichen Visnu. Deshalb sind alle Werke eigentlich
Opfer, denn Opfer bedeutet, die Höchste Person, Krsna, zu
erfreuen. Die Reaktionen auf solche Werke gehen mit
Gewissheit in der Transzendenz auf, und man erleidet keine
materiellen Auswirkungen.

VERS 24
Jemand, der völlig im Krsna-Bewusstsein vertieft ist,
erreicht mit Sicherheit das spirituelle Königreich, denn
er widmet sich voll und ganz spirituellen Tätigkeiten,
bei denen die Ausführung absolut ist und das, was
dargebracht wird, von der gleichen spirituellen Natur
ist.
ERLÄUTERUNG
Hier wird beschrieben, wie Tätigkeiten im
Krsna-Bewusstsein einen Menschen letztlich zum
spirituellen Ziel führen können. Es gibt verschiedene
Tätigkeiten im Krsna-Bewusstsein, die alle in den
folgenden Versen beschrieben werden. Zunächst wird
jedoch nur das Prinzip des Krsna-Bewusstseins erklärt. Eine
bedingte Seele, die in materielle Verunreinigung verstrickt
ist, handelt mit Sicherheit in der materiellen Atmosphäre;
sie muss sich aber aus einer solchen Umgebung befreien.
Der Vorgang, durch den die bedingte Seele aus der
materiellen Atmosphäre herausgelangen kann, ist
Krsna-Bewusstsein. Ein Patient zum Beispiel, der an einer
Darmkrankheit leidet, weil er zu viele Milchprodukte zu
sich genommen hat, kann durch ein anderes Milchprodukt,
nämlich Quark, geheilt werden. Wie hier in der Gita erklärt
wird, kann die in die Materie versunkene Seele durch
Krsna-Bewusstsein geheilt werden. Dieser Vorgang ist im
allgemeinen bekannt als yajna (Opfer) oder Tätigkeiten,
die einfach für die Zufriedenstellung Visnus oder Krsnas
ausgeführt werden. Je mehr die Tätigkeiten der materiellen
Welt im Krsna-Bewusstsein oder nur für Visnu verrichtet
werden, desto mehr wird die Atmosphäre durch völlige
Versenkung spiritualisiert. Brahman bedeutet spirituell.
Der Herr ist spirituell, und die Strahlen Seines
transzendentalen Körpers werden brahmajyoti oder Seine
spirituelle Ausstrahlung genannt. Alles, was existiert,
befindet sich in diesem brahmajyoti. Aber wenn das
brahmajyoti von Illusion (maya), das heißt
Sinnenbefriedigung, bedeckt ist, wird es als materiell
bezeichnet. Dieser materielle Schleier kann durch
Krsna-Bewusstsein augenblicklich entfernt werden; das
Opfer für die Sache des Krsna-Bewusstseins, das Mittel zur
Ausführung eines solchen Opfers oder Beitrags, der
Vorgang der Ausführung, der Beitragende und das
Ergebnis - sie alle zusammengenommen sind Brahman
oder die Absolute Wahrheit. Die Absolute Wahrheit, die
von maya bedeckt ist, wird Materie genannt. Materie, die
in den Dienst der Absoluten Wahrheit gestellt wird,
gewinnt ihre spirituelle Eigenschaft zurück. Krsna--
Bewusstsein ist der Vorgang, das verblendete Bewusstsein
in Brahman, das Höchste, umzuwandeln. Wenn der Geist
völlig im Krsna-Bewusstsein verankert ist, befindet er sich
in samadhi oder Trance. Alles, was man in solch
transzendentalem Bewusstsein tut, wird als Yajna oder
Opfer für das Absolute bezeichnet. In diesem Zustand
spirituellen Bewusstseins wird der Beitragleistende, der
Beitrag, die Ausführung, der Vollzieher oder Leiter des
Opfers und das Ergebnis oder der letztliche Gewinn eins
im Absoluten, dem Höchsten Brahman. Das ist der
Vorgang des Krsna-Bewusstseins.

VERS 25
Einige yogis verehren die Halbgötter in vollendeter
Weise, indem sie ihnen verschiedene Opfer darbringen,
und manche von ihnen bringen Opfer im Feuer des
Höchsten Brahman dar.
ERLÄUTERUNG
Wie oben beschrieben wird, nennt man einen Menschen,
der seine Pflichten im Krsna-Bewusstsein erfüllt, einen
vollkommenen yogi oder erstklassigen Mystiker. Doch es
gibt auch andere, die ähnliche Opfer zur Verehrung von
Halbgöttern darbringen, und noch andere, die dem
Höchsten Brahman, dem unpersönlichen Aspekt des
Höchsten Herrn, opfern. Es gibt also verschiedene Arten
von Opfern im Sinne unterschiedlicher Kategorien. Solch
verschiedene Kategorien von Opfern seitens verschiedener
Arten von Ausführenden zeugen nur oberflächlich von
einer Vielfalt von Opfern. Wirkliches Opfer bedeutet, den
Höchsten Herrn, Visnu, der auch als Yajna bekannt ist,
zufriedenzustellen. All die verschiedenen Arten von
Opfern können in zwei Hauptkategorien unterteilt werden,
nämlich Opfer weltlicher Güter und Opfer, die ausgeführt
werden, um transzendentales Wissen zu erlangen.
Krsna-Bewusste Menschen opfern alle materiellen
Besitztümer für die Zufriedenstellung des Höchsten Herrn,
wohingegen andere, die nach zeitweiligem, materiellem
Glück streben, ihren materiellen Besitz opfern, um
Halbgötter wie Indra und den Sonnengott zu befriedigen.
Unpersönlichkeitsphilosophen opfern ihre Identität, indem
sie mit dem unpersönlichen Brahman verschmelzen. Die
Halbgötter sind mächtige Lebewesen, die vom Höchsten
Herrn beauftragt sind, für alle materiellen Funktionen wie
Beheizung, Bewässerung und Beleuchtung des Universums
zu sorgen und darüber zu wachen. Diejenigen, die an
materiellen Vorteilen interessiert sind, verehren die
Halbgötter durch verschiedene Opfer, wie sie den
vedischen Ritualen gemäß vollzogen werden. Solche
Menschen bezeichnet man als bahv-isvara-vadi (oder
solche, die an viele Götter glauben). Andere, die den
unpersönlichen Aspekt der Absoluten Wahrheit verehren
und die Formen der Halbgötter als zeitweilig betrachten,
opfern ihr individuelles Selbst im höchsten Feuer und
beenden so ihr individuelles Dasein, indem sie mit der
Existenz des Höchsten verschmelzen. Solche
Unpersönlichkeitsanhänger verbringen ihre Zeit mit
philosophischen Spekulationen, um das transzendentale
Wesen des Höchsten zu verstehen. Mit anderen Worten:
Die fruchtbringenden Arbeiter opfern ihre materiellen
Besitztümer für materiellen Genuß, wohingegen die
Unpersönlichkeitsanhänger ihre materiellen Namen und
Beziehungen opfern, mit dem Ziel, in die Existenz des
Höchsten einzugehen. Für den Unpersönlichkeitsanhänger
ist der Feueraltar des Opfers das Höchste Brahman, und als
Opfer bringen sie ihr Selbst dar, das vom Feuer des
Brahman verzehrt wird. Der Krsna-Bewusste Mensch wie
Arjuna jedoch opfert alles für die Zufriedenstellung
Krsnas, und so werden sowohl all seine materiellen Güter
als auch sein Selbst - alles - für Krsna geopfert. Damit
ist er der yogi ersten Ranges, jedoch verliert er nicht seine
individuelle Existenz.

VERS 26
Einige opfern den Vorgang des Hörens und die Sinne
im Feuer des beherrschten Geistes, und andere bringen
die Sinnesobjekte, wie zum Beispiel Klang, im Feuer des
Opfers dar.
ERLÄUTERUNG
Die vier Abschnitte des menschlichen Lebens, nämlich
brahmacari, grhastha, vanaprastha und sannyasa, sollen
den Menschen helfen, vollkommene yogis oder
Transzendentalisten zu werden. Weil das menschliche
Leben nicht dafür bestimmt ist, Sinnenbefriedigung wie die
Tiere zu genießen, sind die vier Stufen des menschlichen
Lebens so eingerichtet, dass man im spirituellen Leben die
Vollkommenheit erreichen kann.
Die brahmacaris, das heißt die Schüler unter der Obhut
eines echten spirituellen Meisters, beherrschen den Geist,
indem sie sich von Sinnenbefriedigung fernhalten. Sie
werden in diesem Vers als diejenigen erwähnt, die den
Vorgang des Hörens und die Sinne im Feuer des
beherrschten Geistes opfern. Ein brahmacari hört nur
Worte, die mit Krsna-Bewusstsein zu tun haben. Hören ist
das Grundprinzip des Verstehens, und daher beschäftigt
sich der reine brahmacarÖ voll im harer namanukirtanam
- im Chanten und Hören von der Herrlichkeit des Herrn.
Er hält sich von materiellen Klangschwingungen fern und
ist ständig damit beschäftigt, die transzendentale
Klangschwingung Hare Krsna, Hare Krsna zu hören.
In ähnlicher Weise führen die Haushälter, die eine gewisse
Erlaubnis zu Sinnenbefriedigung haben, solche
Handlungen mit großer Einschränkung aus. Sexualität,
Berauschung und das Essen von Fleisch sind allgemeine
Tendenzen der menschlichen Gesellschaft, doch ein
regulierter Haushälter gibt sich nicht einem zügellosen
Geschlechtsleben und anderen Sinnenfreuden hin. Eine
eheliche Gemeinschaft nach den Grundsätzen religiösen
Lebens ist daher in jeder zivilisierten menschlichen Gesellschaft
üblich, da dies der Weg zu gezügelter Sexualität
ist. Diese gezügelte, unangehaftete Sexualität ist auch eine
Art von Yajna, denn der regulierte Haushälter opfert seine
allgemeine Neigung zur Sinnenbefriedigung für ein
höheres, transzendentales Leben.

VERS 27
Diejenigen, die an Selbstverwirklichung durch
Meisterung von Geist und Sinnen interessiert sind,
bringen sowohl die Funktionen all ihrer Sinne wie auch
ihre Lebenskraft [Atem] als Opfergaben im Feuer des
beherrschten Geistes dar.
ERLÄUTERUNG
Hier wird auf das von Patanjali entworfene yoga-System
Bezug genommen. Im yoga-sutra des Patanjali wird die
Seele als pratyag-atma und parag-atma bezeichnet.
Solange die Seele an Sinnengenuß haftet, wird sie
parag-atma genannt. Die Seele ist den Wirkungsweisen
von zehn Luftarten ausgesetzt, die im Körper wirken und
durch den Atemvorgang erfahren werden. Das
yoga-System des Patanjali unterweist uns, wie man die
Funktionen der Körperluft auf technische Weise meistern
kann, so dass letztlich alle Funktionen der Luft im Innern
dazu benutzt werden können, die Seele von materieller
Anhaftung zu reinigen. Nach diesem yoga-System ist
pratyag-atma das endgültige Ziel. Dieses pratyag-atma
bedeutet, sich von Tätigkeiten in der Materie
zurückzuziehen. Die Sinne stehen mit den Sinnesobjekten
in einer Wechselbeziehung, das heißt, die Ohren hören, die
Augen sehen, die Nase riecht, die Zunge schmeckt, die
Hand berührt, und so sind alle Sinne mit Tätigkeiten
außerhalb des Selbst beschäftigt. Das sind Funktionen der
prana-vayu. Die apana-vayu strömt nach unten; die
vyana-vayu hat die Aufgabe, zusammenzuziehen und zu
erweitern; die samana-vayu sorgt für Ausgeglichenheit,
und die udana-vayu strömt nach oben. Wenn man
erleuchtet ist, benutzt man all diese Luftarten auf der Suche
nach Selbstverwirklichung.

VERS 28
Es gibt andere, die - erleuchtet durch das Opfer ihrer
materiellen Besitztümer in schwerer tapasya - strenge
Gelübde auf sich nehmen und den yoga der achtfachen
Mystik praktizieren, und wieder andere studieren die


Veden, um im transzendentalen Wissen Fortschritte zu
machen.
ERLÄUTERUNG
Diese Opfer können in verschiedene Gruppen eingeteilt
werden. Es gibt Menschen, die ihren Besitz in Form
verschiedener Spenden opfern. In Indien eröffnen reiche
Kaufleute oder Prinzen verschiedene
Wohlfahrtseinrichtungen wie dharmasala, anna-ksetra,
atithi-sala, anathalaya und vidyapitha. Auch in anderen
Ländern gibt es viele Krankenhäuser, Altersheime und
ähnliche gemeinnützige Stiftungen, die dafür bestimmt
sind, den Armen durch freies Essen, kostenlose, Erziehung
und freie ärztliche Behandlung zu helfen. All diese
wohltätigen Bemühungen werden dravyamaya-Yajna
genannt. Es gibt andere, die freiwillig verschiedene Arten
von tapasya wie candrayana und caturmasya auf sich


nehmen, um eine höhere Stufe im Leben zu erlangen oder
zu höheren Planeten im Universum erhoben zu werden.
Diese Vorgänge beinhalten strenge Gelübde, unter denen
man sein Leben nach bestimmten strikten Regeln führt.
Wenn sich jemand zum Beispiel das caturmasya-Gelübde
auferlegt, rasiert er sich vier Monate lang nicht (Juli -
Oktober), ißt nur einmal am Tag bestimmte Speisen und
verläßt das Haus nicht. Ein solcher Verzicht auf die
Annehmlichkeiten des Lebens wird tapomaya-Yajna
genannt. Wieder andere beschäftigen sich mit
verschiedenen Arten mystischen yogas. wie dem Patanjali-
System, um mit der Existenz des Absoluten zu
verschmelzen, oder hatha-yoga bzw. astanga-yoga, um
bestimmte Vollkommenheiten zu erlangen. Und manche
reisen zu allen heiligen Pilgerorten. All diese Praktiken
bezeichnet man als yoga-Yajna oder Opfer, um eine
bestimmte Art von Vollkommenheit in der materiellen
Welt zu erreichen. Noch andere widmen sich dem Studium
verschiedener vedischer Schriften, besonders den
Upanisaden und den Vedanta-sutras oder der sankhya-
Philosophie. All dies nennt man svadhyaya-Yajna oder
Opfer durch das Studieren der Veden. All diese yogis
beschäftigen sich gläubig mit verschiedenen Arten von
Opfern und streben nach einer höheren Stufe des Lebens.
Krsna-Bewusstsein jedoch unterscheidet sich von all diesen
Opfern, denn es ist direkter Dienst für den Höchsten Herrn.
Krsna-Bewusstsein kann man nicht durch eines der oben
erwähnten Arten von Opfern erlangen, sondern allein
durch die Barmherzigkeit des Herrn und Seines reinen
Geweihten. Daher ist Krsna-Bewusstsein transzendental.

VERS 29
Und es gibt sogar noch andere, die dazu neigen, den
Vorgang der Atembeherrschung zu praktizieren, um in
Trance zu bleiben. Sie üben sich darin, den
ausströmenden Atem im einströmenden und den
einströmenden Atem im ausströmenden anzuhalten,
und bleiben so letztlich in Trance, indem sie alles
Atmen einstellen. Einige von ihnen bringen, indem sie
das Essen einschränken, den ausströmenden Atem sich
selbst als Opfer dar.
ERLÄUTERUNG
Dieses yoga-System, durch das man die Atmung
beherrschen kann, nennt man pranayama, und es wird zu
Beginn im hatha-yoga-System durch verschiedene
Sitzstellungen geübt. All diese Vorgänge werden
empfohlen, um die Sinne zu meistern und in der
spirituellen Verwirklichung fortzuschreiten. Zu dieser
Technik gehört, dass die Luft im Körper beherrscht wird,
um ein gleichzeitiges Strömen in entgegengesetzte
Richtungen zu ermöglichen. Die apana-Luft strömt nach
unten, und die prana-Luft strömt nach oben. Der
pranayama-yogi übt solange, in entgegengesetzter
Richtung zu atmen, bis sich die beiden Luftströme
gegenseitig aufheben und puraka oder Ausgeglichenheit
herrscht. Wenn man den ausströmenden Atem im
einströmenden Atem opfert, wird das recaka genannt, und
wenn beide Luftströme völlig zur Ruhe kommen, nennt
man dies kumbhaka-yoga. Durch kumbhaka-yoga
verlängern die yogis ihre Lebensdauer um viele Jahre. Ein
Krsna-Bewusster Mensch jedoch wird dadurch, dass er
immer im transzendentalen liebevollen Dienst des Herrn
verankert ist, von selbst der Meister seiner Sinne. Da seine
Sinne immer in Krsnas Dienst tätig sind, gibt es für sie
keine Möglichkeit auf andere Weise beschäftigt zu werden.
Am Ende seines Lebens wird er natürlicherweise auf die
transzendentale Ebene Sri Krsnas versetzt; folglich
versucht er nicht, seine Lebensdauer zu verlängern. Er wird
sogleich auf die Ebene der Befreiung gehoben. Ein
Krsna-Bewusster Mensch beginnt auf der transzendentalen
Stufe, und er befindet sich ständig in diesem Bewusstsein.
Er kommt daher nicht zu Fall, und letztlich geht er ohne
Verzug in das Reich des Herrn ein. Das Verfahren, das
Essen einzuschränken, wird von selbst praktiziert, wenn
man nur Krsna-prasada ißt, das heißt Speise, die zuerst
dem Herrn geopfert wurde. Um die Sinne zu beherrschen,
ist es sehr hilfreich, das Essen einzuschränken. Und ohne
die Sinne zu beherrschen, ist es nicht möglich, sich aus der
materiellen Verstrickung zu lösen.

VERS 30
Diejenigen, die diese Opfer ausführen und deren
Bedeutung kennen, werden von sündhaften Reaktionen
gereinigt, und weil sie den Nektar der Überreste solcher
Opfer gekostet haben, gelangen sie in die höchste ewige
Sphäre.
ERLÄUTERUNG
Aus der vorangegangenen Erklärung verschiedener Arten
von Opfern (nämlich Opfer des Besitzes, Studium der
Veden oder philosophischer Lehren und Ausübung des
yoga-Systems) kann man ersehen, dass es das gemeinsame
Ziel aller ist, die Sinne zu beherrschen. Sinnenbefriedigung
ist die eigentliche Ursache des materiellen Daseins;
solange man sich daher nicht auf einer Ebene befindet, auf
der es keine Sinnenbefriedigung gibt, ist es nicht möglich,
auf die ewige Ebene allumfassenden Wissens,
vollkommener Glückseligkeit und vollkommenen Lebens
erhoben zu werden. Diese Ebene liegt in der ewigen der
Brahman-Sphäre. Alle oben erwähnten Opfer helfen einem,
von den sündhaften Reaktionen des materiellen Daseins
geläutert zu werden. Durch diesen Fortschritt wird man
nicht nur in diesem Leben glücklich und reich, sondern
geht auch letztlich in das ewige Königreich Gottes ein,
indem man entweder mit dem unpersönlichen Brahman
verschmilzt oder mit der Höchsten Persönlichkeit Gottes,
Krsna, zusammenkommt.

VERS 31
O Bester der Kuru-Dynastie,ohne Opfer kann man auf
diesem Planeten oder in diesem Leben niemals glücklich
leben - vom nächsten ganz zu schweigen.
ERLÄUTERUNG
In welcher Form des materiellen Daseins man sich auch
befinden mag, man weiß jedenfalls nichts von seiner
wirklichen Situation. Anders ausgedrückt: Das Dasein in
der materiellen Welt hat seine Ursache in den vielfachen
Reaktionen auf unser sündhaftes Leben. Unwissenheit ist
die Ursache eines sündigen Lebens, und ein sündiges
Leben ist die Ursache dafür, dass man sich weiter im
112
materiellen Dasein dahinschleppt. Die menschliche Form
des Lebens ist das einzige Schlupfloch, durch das man
dieser Verstrickung entkommen kann. Die Veden geben
uns deshalb eine Möglichkeit zur Flucht, indem sie uns die
Pfade der Religion, des wirtschaftlichen Wohlstands und
der regulierten Sinnenbefriedigung zeigen und schließlich
das Mittel, aus diesem erbärmlichen Zustand gänzlich
herauszukommen. Der Pfad der Religion, das heißt die
verschiedenen Arten von Opfer, die oben empfohlen


wurden, löst von selbst unsere wirtschaftlichen Probleme.
Wenn Yajnas oder Opfer ausgeführt werden, können wir
genug Nahrungsmittel, genug Milch usw. bekommen -
auch wenn die Bevölkerung in starkem Maße zunimmt.
Wenn der Körper mit allem versorgt wird, ist
natürlicherweise die nächste Stufe, dass man seine Sinne
befriedigt. Die Veden schreiben daher eine heilige Heirat
vor, um die Befriedigung der Sinne zu regulieren. Auf
diese Weise wird man allmählich zu der Ebene gehoben,
auf der man aus der materiellen Knechtschaft befreit ist,
und die höchste Vollkommenheit des befreiten Lebens
besteht darin, mit dem Höchsten Herrn zusammenzusein.
Diese Vollkommenheit wird durch die Darbringung von
Yajna (Opfer) erreicht, wie schon oben erklärt wurde.
Wenn nun jemand nicht geneigt ist, Yajnas nach den
Unterweisungen der Veden auszuführen, wie kann er dann ein
glückliches Leben erwarten? Es gibt verschiedene Grade
materieller Annehmlichkeiten auf verschiedenen
himmlischen Planeten, und in jedem Fall erwartet
diejenigen, die verschiedene Arten von Yajnas darbringen,
unermessliches Glück. Aber das höchste Glück, das ein
Mensch erreichen kann, besteht darin, durch das
Praktizieren von Krsna-Bewusstsein zu den spirituellen
Planeten zu gelangen. Ein Leben im Krsna-Bewusstsein ist
daher die Lösung für alle Probleme des materiellen
Daseins.

VERS 32
All diese verschiedenen Arten von Opfern werden in
den Veden gebilligt, und sie alle werden aus
verschiedenen Arten von Handlung geboren. Wenn du
sie als solche kennst, wirst du befreit werden.
ERLÄUTERUNG
In den Veden werden verschiedene Arten von Opfern
erwähnt, wie wir sie oben erörtert haben, um den
verschiedenen Arten von Handelnden gerecht zu werden.
Weil die Menschen so tief in die körperliche Auffassung
vom Leben versunken sind, sind diese Opfer so
eingerichtet, dass man entweder mit dem Körper, mit dem
Geist oder mit der Intelligenz tätig sein kann. Aber sie alle
werden empfohlen, um letztlich Befreiung vom Körper
herbeizuführen. Dies wird hier vom Herrn aus Seinem
eigenen Mund bestätigt.

VERS 33
O Bezwinger des Feindes, das Opfer in Wissen ist
größer als das Opfer materieller Besitztümer. O Sohn
Prthas, letztlich gipfelt das Opfer von Arbeit in
transzendentalem Wissen.
ERLÄUTERUNG
Der Zweck aller Opfer besteht darin, die Stufe
vollständigen Wissens zu erreichen, sodann von allen
materiellen Leiden frei zu werden und schließlich sich im
liebevollen transzendentalen Dienst des Herrn
(Krsna-Bewusstsein) zu beschäftigen. Trotzdem liegt in all
diesen verschiedenen Opferhandlungen ein Geheimnis, und
man sollte dieses Geheimnis kennen. Opfer nehmen
manchmal je nach dem Glauben des Ausführenden
unterschiedliche Formen an. Wenn der Glaube die Stufe
transzendentalen Wissens erreicht, sollte der Ausführende
von Opfern als weiter fortgeschritten betrachtet werden als
diejenigen, die nur materielle Besitztümer ohne solches
Wissen opfern; denn ohne Wissen bleiben Opfer auf der
materiellen Ebene und bringen keinen spirituellen Nutzen.
Wirkliches Wissen gipfelt in Krsna-Bewusstsein, der
höchsten Stufe transzendentalen Wissens. Ohne durch
Wissen eine höhere Ebene zu erreichen, sind Opfer nichts
weiter als materielle Tätigkeiten. Wenn sie jedoch zur
Ebene transzendentalen Wissens erhoben werden, gelangen
all diese Tätigkeiten auf die spirituelle Ebene. Je nach
Unterschieden im Bewusstsein werden Opferhandlungen
manchmal als karma-kanda (fruchtbringende Tätigkeiten)
und manchmal als jnana-kanda (Wissen auf der Suche
nach der Absoluten Wahrheit) bezeichnet. Es ist besser,
wenn Wissen das Endziel ist.

VERS 34
Versuche die Wahrheit zu erfahren, indem du dich an
einen spirituellen Meister wendest. Stelle ihm in
ergebener Haltung Fragen, und diene ihm. Die
selbstverwirklichte Seele kann dir Wissen offenbaren,
weil sie die Wahrheit gesehen hat.
ERLÄUTERUNG
Der Pfad der spirituellen Erkenntnis ist zweifellos
schwierig. Der Herr gibt uns daher den Rat, einen echten
spirituellen Meister aufzusuchen, der einer Schülernachfolge
angehört, die vom Herrn Selbst ausgeht. Niemand
kann ein echter spiritueller Meister sein, ohne sich an
diesen Grundsatz der Schülernachfolge zu halten. Der Herr
ist der ursprüngliche spirituelle Meister, und jemand in der
Schülernachfolge kann die Botschaft des Herrn, so wie sie
ist, an seinen Schüler weitergeben. Niemand kann spirituell
verwirklicht sein, indem er sich seinen eigenen Weg fabriziert,
wie es heute bei törichten Heuchlern Mode geworden
ist. Das Bhagavatam (6.3.19) sagt: dharmam tu
saksad-bhagavat-pranitam. "Der Pfad der Religion ist
direkt vom Herrn festgelegt worden." Deshalb können
einem gedankliche Spekulationen oder trockene
Argumente nicht helfen, im spirituellen Leben
fortzuschreiten. Man muss sich an einen echten spirituellen
Meister wenden, um Wissen zu empfangen. Solch ein
spiritueller Meister sollte in voller Ergebenheit akzeptiert
werden, und man sollte ihm wie ein unterwürfiger Diener,
ohne falschen Stolz, dienen. Die Zufriedenheit des
selbstverwirklichten spirituellen Meisters ist das Geheimnis
des Fortschritts im spirituellen Leben. Fragen und
Ergebenheit sind die geeignete Kombination für
spirituelles Verständnis. Wenn Ergebenheit und Dienst
nicht vorhanden sind, werden Fragen an den gelehrten
spirituellen Meister keine Wirkung haben. Man muss
imstande sein, die Prüfung des spirituellen Meisters zu
bestehen, und wenn er den aufrichtigen Wunsch des
Schülers sieht, segnet er ihn von selbst mit echtem
spirituellem Verständnis. In diesem Vers werden sowohl
blindes Folgen als auch absurdes Fragen verurteilt. Man
sollte von dem spirituellen Meister nicht nur in ergebener
Haltung hören, sondern man muss von ihm auch durch
Ergebenheit, Dienst und Fragen ein klares Verständnis
bekommen. Ein echter spiritueller Meister ist von Natur
aus zu seinem Schüler sehr gütig. Wenn der Schüler daher
ergeben ist und immer bereit zu dienen, wird der
Austausch von Wissen und Fragen vollkommen.

VERS 35
Und wenn du so die Wahrheit erfahren hast, wirst du
wissen, dass alle Lebewesen Meine Teile sind - und dass
sie in Mir ruhen und Mein eigen sind.
ERLÄUTERUNG
Empfängt man Wissen von einer selbstverwirklichten
Seele, das heißt von jemandem, der die Dinge so kennt,
wie sie sind, erfährt man, dass alle Lebewesen winzige
Bestandteile der Höchsten Persönlichkeit Gottes Sri Krsna
sind. Die Vorstellung, etwas existiere getrennt von Krsna,
wird maya genannt (ma-nicht, ya-dieses). Einige
Menschen glauben, wir hätten mit Krsna nichts zu tun;
Krsna sei nur eine bedeutende historische Persönlichkeit,
und das Absolute sei das unpersönliche Brahman. In
Wirklichkeit aber ist dieses unpersönliche Brahman, wie in
der Bhagavad-Gita bestätigt wird, Krsnas leuchtende
Ausstrahlung. Krsna, als die Höchste Persönlichkeit
Gottes, ist die Ursache allen Seins. In der Brahma-samhita
(5.1) wird unmißverständlich gesagt, dass Krsna, die
Höchste Persönlichkeit Gottes, die Ursache aller Ursachen
ist. Selbst die Millionen von Inkarnationen sind nur Seine
verschiedenen Erweiterungen. In ähnlicher Weise sind die
Lebewesen ebenfalls Erweiterungen Krsnas. Die
Mayavadi-Philosophen glauben fälschlich, Krsna verliere
in Seinen vielen Erweiterungen Sein gesondertes Dasein.
Dieser Gedanke ist dem Wesen nach materiell. In der
materiellen Welt machen wir die Erfahrung, dass ein Ding
seine ursprüngliche Identität verliert, wenn es in mehrere
Teile zerlegt wird. Doch die Mayavadi-Philosophen
können die Bedeutung von "absolut" nicht verstehen: Eins
plus eins gleich eins, und eins minus eins ebenfalls gleich
eins. Dies ist in der absoluten Welt der Fall.
Aus Mangel an ausreichendem Wissen von der absoluten
Wissenschaft sind wir im Augenblick von Illusion bedeckt
und glauben daher, wir seien von Krsna getrennt. Obwohl
gesonderte Teile Krsnas, sind wir doch niemals von Ihm
verschieden. Der körperliche Unterschied zwischen den
Lebewesen ist maya oder keine eigentliche Tatsache. Wir
sind alle dafür bestimmt, Krsna zufriedenzustellen. Nur
weil Arjuna von maya verwirrt war, dachte er, die
zeitweilige körperliche Beziehung zu seinen Verwandten
sei wichtiger als seine ewige spirituelle Beziehung zu
Krsna. Die ganze Lehre der Gita ist auf dieses eine Ziel
ausgerichtet: Ein Lebewesen kann als der ewige Diener
Krsnas niemals von Ihm getrennt sein. Die Vorstellung,
eine von Krsna getrennte Identität zu besitzen, wird maya
genannt. Die Lebewesen haben als gesonderte Bestandteile
des Höchsten eine Aufgabe zu erfüllen. Weil sie diese
Aufgabe vergessen haben, befinden sie sich seit
unvordenklichen Zeiten als Menschen, Tiere, Halbgötter
usw. in verschiedenen Körpern. Solch körperliche Unterschiede
entstehen, weil die Lebewesen den
transzendentalen Dienst des Herrn vergessen haben. Wenn
man aber durch Krsna-Bewusstsein in transzendentalem
Dienst tätig ist, wird man sogleich von dieser Illusion
befreit. Man kann solch reines Wissen nur von einem
echten spirituellen Meister erwerben und so den Irrtum
vermeiden, das Lebewesen sei Krsna ebenbürtig.
Vollkommenes Wissen bedeutet zu verstehen, dass die
Höchste Seele, Krsna, die höchste Zuflucht für alle
Lebewesen ist und dass die Lebewesen, die diesen Schutz
aufgeben, von der materiellen Energie getäuscht werden
und sich einbilden, eine getrennte Identität zu besitzen. So
vergessen sie Krsna in den verschiedenen Formen
materieller Identität. Wenn diese irregeführten Lebewesen
jedoch im Krsna-Bewusstsein verankert werden, muss man
verstehen, wie im Bhagavatam bestätigt wird, dass sie sich
auf dem Pfad der Befreiung befinden: muktir hitvanyatha

rôpaà svarôpeäa vyavasthitiÉ. Befreiung bedeutet, in seiner
wesensgemäßen Stellung als ewiger Diener Krsnas im
Krsna-Bewusstsein verankert zu sein.

VERS 36
Selbst wenn du der sündigste aller Sünder bist, wirst du
fähig sein, den Ozean der Leiden zu überqueren, wenn
du im Boot transzendentalen Wissens sitzt.
ERLÄUTERUNG
Ein richtiges Verständnis seiner wesensgemäßen Stellung
in Beziehung zu Krsna ist so schön, dass es einen sogleich
aus dem Kampf ums Dasein herausheben kann, der im
Ozean der Unwissenheit ausgefochten wird. Die materielle
Welt wird manchmal als ein Ozean der Unwissenheit und
manchmal als ein brennender Wald betrachtet. Im Ozean
ist der Kampf ums Dasein sehr hart, ganz gleich wie geübt
man als Schwimmer sein mag. Wenn jemand kommt und
den Schwimmer aus dem Ozean zieht, ist er der größte
Retter. Vollkommenes Wissen, von der Höchsten
Persönlichkeit Gottes empfangen, ist der Pfad der
Befreiung. Das Boot des Krsna-Bewusstseins ist sehr
einfach, aber zugleich sehr erhaben.

VERS 37
So wie loderndes Feuer Brennholz zu Asche verwandelt,
o Arjuna, so verbrennt das Feuer des Wissens alle
Reaktionen auf materielle Tätigkeiten.
ERLÄUTERUNG
Vollkommenes Wissen vom Selbst, vom Überselbst und
ihrer Beziehung zueinander wird hier mit Feuer verglichen.
Dieses Feuer verbrennt nicht nur alle Reaktionen auf
gottlose Tätigkeiten, sondern auch alle Reaktionen auf
fromme Werke und verwandelt sie zu Asche. Es gibt viele
Stufen von Reaktion: Reaktion, die gerade entsteht;
Reaktion, die gerade Früchte trägt; Reaktion, die bereits
eingetroffen ist, und Reaktion a priori. Doch Wissen um
die wesensgemäße Stellung des Lebewesens verbrennt
alles zu Asche. Wenn man über vollständiges Wissen
verfügt, werden alle Reaktionen -sowohl a priori als auch
a posteriori - verzehrt. In den Veden heißt es: "Man
überwindet sowohl die frommen als auch die gottlosen
Wechselwirkungen des Tuns."

VERS 38
In dieser Welt gibt es nichts, was so erhaben und rein
ist wie transzendentales Wissen. Solches Wissen ist die
reife Frucht aller Mystik, und wer es erreicht hat, wird
sehr bald das Selbst in sich genießen können.
ERLÄUTERUNG
Wenn wir von transzendentalem Wissen sprechen, so
meinen wir damit spirituelles Verständnis. Es gibt nichts,
was so erhaben und rein ist wie transzendentales Wissen.
Unwissenheit ist die Ursache unserer Knechtschaft, und
Wissen ist die Ursache unserer Befreiung. Dieses Wissen
ist die reife Frucht hingebungsvollen Dienstes, und wenn
man im transzendentalen Wissen verankert ist, braucht
man nicht woanders nach Frieden zu suchen, denn man
genießt Frieden im Innern. Mit anderen Worten: Dieses
Wissen und dieser Friede finden ihre Vollendung im
Krsna-Bewusstsein. Das ist die letztliche Schlußfolgerung
der Bhagavad-Gita.

VERS 39
Ein gläubiger Mensch, der sich in transzendentales
Wissen vertieft und seine Sinne beherrscht, erlangt sehr
schnell den höchsten spirituellen Frieden.
ERLÄUTERUNG
Solches Wissen im Krsna-Bewusstsein kann von einem
gläubigen Menschen erreicht werden, der fest an Krsna
glaubt. Jemand wird als gläubiger Mensch bezeichnet,
wenn der denkt, dass einfach dadurch, dass er im
Krsna-Bewusstsein handelt, die höchste Vollkommenheit
erreichen kann. Diesen Glauben erreicht man durch
hingebungsvollen Dienst und das Chanten von Hare
Krsna, Hare Krsna, Krsna Krsna, Hare Hare / Hare Rama,
Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare, welches das Herz
von allem materiellem Schmutz säubert. Darüber hinaus
sollte man die Sinne beherrschen. Ein Mensch, der auf
Krsna vertraut und die Sinne meistert, kann sehr leicht
unverzüglich Vollkommenheit im Wissen des Krsna-
Bewusstseins erlangen.

VERS 40
Unwissende und ungläubige Menschen aber, die an den
offenharten Schriften zweifeln, erreichen kein
Gottes-Bewusstsein. Für die zweifelnde Seele gibt es
Glück weder in dieser Welt noch in der nächsten.
ERLÄUTERUNG
Von vielen maßgeblichen und autoritativen offenbarten
Schriften ist die Bhagavad-Gita die beste. Menschen, die
fast Tieren gleichen, glauben nicht an die maßgeblichen
offenbarten Schriften oder kennen sie nicht, und obwohl
einige diese Schriften kennen und aus ihnen zitieren
können, glauben sie im Grunde nicht an diese Worte. Und
obwohl andere auf Schriften wie die Bhagavad-Gita
vertrauen mögen, glauben sie doch nicht an die
Persönlichkeit Gottes, Sri Krsna, noch verehren sie Ihn.
Solche Menschen können sich im Krsna-Bewusstsein nicht
halten. Sie kommen zu Fall. Von all den oben erwähnten
Menschen machen diejenigen, die keinen Glauben haben
und immer zweifeln, keinerlei Fortschritte. Menschen ohne
Glauben an Gott und Sein offenbartes Wort finden weder
in dieser noch in der nächsten Welt etwas Gutes. Für sie
gibt es nicht das geringste Glück. Man sollte daher den
Prinzipien der offenbarten Schriften mit Glauben folgen
und dadurch auf die Ebene von Wissen erhoben werden.
Nur dieses Wissen wird einem helfen, auf die
transzendentale Ebene spirituellen Verständnisses zu
gelangen. Anders ausgedrückt: Zweifelnde Menschen sind
von spiritueller Befreiung weit entfernt. Man sollte daher
den Fußspuren großer acaryas folgen, die der
Schülernachfolge angehören, und so erfolgreich sein.

VERS 41
Wer daher auf die Früchte seiner Handlungen
verzichtet, wessen Zweifel durch transzendentales
Wissen zerstört sind und wer fest im Selbst verankert
ist, wird von Werken nicht gebunden, o Eroberer von
Reichtümern.
ERLÄUTERUNG
Wer sich an die Unterweisung der Gita hält, wie sie vom
Herrn, der Persönlichkeit Gottes, Selbst gegeben ist, wird
durch die Gnade transzendentalen Wissens von allen
Zweifeln frei. Er ist, als winziger Bestandteil des Herrn, in
völligem Krsna-Bewusstsein bereits in Selbsterkenntnis
verankert. Folglich steht er zweifellos über der Bindung an
seine Handlung.

VERS 42
Daher sollten die Zweifel, die in deinem Herzen aus
Unwissenheit entstanden sind, mit der Waffe des
Wissens zerschlagen werden. Bewaffne dich mit yoga, o
Bharata, steh auf und kämpfe.
ERLÄUTERUNG
Das yoga-System, das in diesem Kapitel erklärt wird, heißt
sanatana-yoga oder die ewige Tätigkeit des Lebewesens.
Dieser yoga wird in zwei Arten von Opferhandlungen
unterteilt: die eine ist das Opfer materieller Besitztümer
und die andere ist Wissen vom Selbst, das heißt rein
spirituelle Tätigkeit. Wenn das Opfer materieller
Besitztümer nicht mit spiritueller Verwirklichung
verbunden ist, wird ein solches Opfer materiell. Doch wer
solche Opfer mit einem spirituellen Ziel bzw. im
hingebungsvollen Dienst ausführt, bringt ein vollkommenes
Opfer dar. Wenn wir zu spirituellen Tätigkeiten kommen,
sehen wir, dass diese ebenfalls zweifach unterteilt sind,
nämlich in das Verständnis des eigenen Selbst oder seiner
wesensgemäßen Stellung und in die Wahrheit bezüglich
der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Wer dem Pfad der
Gita, wie sie ist, folgt, kann diese beiden wichtigen
Unterteilungen spirituellen Wissens sehr leicht verstehen.
Ihm fällt es nicht schwer, vollkommenes Wissen vom
Selbst als einem winzigen Bestandteil des Herrn zu
erlangen. Und ein solches Verständnis ist nützlich für einen
solchen Menschen, der dann auch die transzendentalen
Taten und Spiele des Herrn leicht verstehen kann. Zu
Beginn dieses Kapitels wurden die transzendentalen Taten
des Herrn vom Höchsten Herrn Selbst erörtert. Wer die
Unterweisungen der Gita nicht versteht, ist ungläubig und
missbraucht die winzige Unabhängigkeit, die ihm vom Herrn
gewährt wird. Wer trotz dieser Unterweisungen die wahre
Natur Sri Krsnas als die ewige, glückselige, allwissende
Persönlichkeit Gottes nicht versteht, ist zweifellos der
größte Tor. Unwissenheit kann beseitigt werden, indem
man nach und nach die Prinzipien des Krsna-Bewusstseins
akzeptiert. Krsna-Bewusstsein wird durch verschiedene
Arten von Opfern wiedererweckt: durch Opfer zu den
Halbgöttern, zum Brahman, im Zölibat, im
Haushälterleben, bei der Beherrschung der Sinne, bei der
Ausübung mystischen yogas, bei der Auferlegung von
tapasya, beim Verzicht auf materielle Besitztümer, beim
Studium der Veden und bei der Teilnahme an der sozialen
Einrichtung des varnasrama-dharma. All diese Tätigkeiten
sind als Opfer bekannt und beruhen auf einer geregelten
Handlungsweise. Doch bei all diesen Tätigkeiten steht
Selbstverwirklichung im Vordergrund. Wer dieses Ziel
anstrebt, ist der wirkliche Schüler der Bhagavad-Gita, doch
wer an der Autorität Sri Krsnas zweifelt, fällt zurück. Es
wird daher geraten, die Bhagavad-Gita oder jede andere
Schrift unter der Führung eines spirituellen Meisters mit
Dienst und Ergebenheit zu studieren. Ein echter spiritueller
Meister gehört seit ewigen Zeiten der Schülernachfolge an
und weicht niemals von den Unterweisungen des Höchsten
Herrn ab, wie sie vor Millionen von Jahren dem
Sonnengott gegeben wurden, der die Lehren der
Bhagavad-Gita in das irdische Königreich überlieferte.
Man sollte daher dem Pfad der Bhagavad-Gita folgen, so
wie er in der Gita selbst beschrieben wird, und sich vor
selbstsüchtigen Menschen hüten, die nur nach
persönlichem Prestige streben und andere vom rechten
Pfad abbringen. Der Herr ist zweifellos die höchste Person,
und Seine Taten sind transzendental. Wer das versteht, ist
schon zu Beginn seines Studiums der Gita eine befreite
Seele.
Hiermit enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum
Vierten Kapitel der Srimad-Bhagavad-Gita mit dem Titel:
"Transzendentales Wissen".

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